TelePart 14.11.2012, 15:26 Uhr

"Die Goldgräber-Zeiten sind vorbei"

Hans-Jürgen Kenntner, Geschäftsführer von TelePart, spricht im Interview mit ­Telecom Handel über Discount-Strategien in der TK-Distribution und erläutert, wie sich der Fachhandel trotz Margenverfall und Online-Konkurrenz am Markt behaupten kann.
Telecom Handel: Sie verzichten bewusst auf Services, um die Preise niedrig halten zu können. Viele Mitbewerber fahren jedoch die umgekehrte Strategie und wollen gerade mit Services punkten. Hat Ihre Discount-Strategie überhaupt eine Zukunft?
Hans-Jürgen Kenntner: Value Add ist schön und gut, aber es muss auch immer jemand bereit sein, für diese Services Geld zu bezahlen, sei es direkt oder indirekt. Ich glaube, manche Distributoren haben ein Problem zu sagen: ‚Meine Kernkompetenz sind Verfügbarkeit, Preis und eine hohe logistische Leistung.‘ Darauf konzentrieren wir uns.
Telecom Handel: Die Argumentation der Value-Add-Distributoren ist aber, dass die Preise und Margen immer geringer werden – und zwar sowohl für die Distribution als auch für den Handel. Dieser soll also, um überleben zu können, Lösungen verkaufen…
Kenntner: Das hat sicherlich seine Daseinsberechtigung, aber das ist nicht unser Weg. Ich denke jedoch, dass die beiden Modelle gut nebeneinander existieren können.
Telecom Handel: Wie könnte das in der Praxis aussehen?
Kenntner: Man darf sich nicht einbilden, dass es zwischen Händler und Distributor eine monogame Beziehung gibt. Der Reseller soll ja auch mit drei oder vier Großhändlern zusammen arbeiten. Es ist wichtig, dass der Reseller sein Portfolio an Lieferanten vernünftig zusammenstellt und die Vorteile der einzelnen Anbieter kombiniert. Da kann dann ein Value-Add-Distributor dabei sein, aber auch ein Discounter, wie wir das sind.

"Der Handel muss Mehrwert bieten"

Telecom Handel: Was bedeutet das für TelePart?
Kenntner: Wir sind oft der B-Lieferant, zum Beispiel für kooperierte Händler. Diese beziehen den Löwenanteil der Ware über ihren Verbund. Aber wenn der nicht lieferfähig ist oder mit dem Preis daneben liegt, holen sie sich die Produkte bei uns.
Telecom Handel: Die Branche leidet seit Jahren unter einem starken Preis- und Margenverfall. Was raten Sie Ihren Händlern?
Kenntner: Viele Händler hängen noch den Goldgräber-Zeiten nach, in denen die Nachfrage noch eine ganz andere war und der Netzausbau bei 70 Prozent lag. Heute ist das ein knallharter Verdrängungsmarkt, und da müssen die Händler versuchen, ihre eigene Position zu finden. Der Handel muss in der Lage sein, seinen Kunden einen sachlichen, aber sicher auch subjektiven oder gar emotionalen Mehrwert zu bieten…
Telecom Handel: …den Sie als Discount-Distributor Ihren Handelspartnern jedoch nicht liefern.
Kenntner: Wir generieren durch unsere Strategie für den Reseller einen Preis- und Verfügbarkeitsvorteil. Diesen sollte der Fachhändler am PoS mit seiner Beratungskompetenz, der Vorortpräsenz und nicht zuletzt der vertrieblichen Kompetenz ergänzen.
Telecom Handel: Auch die Online-Konkurrenz macht dem stationären Fachhandel zu schaffen. Wie kann sich der Händler dagegen behaupten?
Kenntner: Gut aufgestellt ist, wer selbst zusätzlich auf Online setzt. Daran wird in Zukunft kein Händler vorbeikommen. Ich glaube, dass das Kombimodell Point of Sale und Online Zukunft haben wird. So kann der stationäre Handel überleben, auch wenn es jeden Tag aufs Neue ein harter Kampf ist. Viele unserer Kunden verkaufen schon erfolgreich auf Plattformen wie ­Amazon.

"Wir verzichten bewusst auf direkte Herstellerverträge"

Telecom Handel: Umgekehrt kaufen heute auch schon viele Händler selbst bei den E-Tailern ein. Entsteht dadurch für Sie als Discount-Distributor eine ganz neue Wettbewerbssituation?
Kenntner: Das ist der Wandel der Zeit. Dieses Thema ist nicht mobilfunkspezifisch, das gibt es in anderen Branchen auch. Die Schwierigkeit ist vielmehr, dass es hier leichtfertige Händler gibt, die nur kurzfristig denken und sprichwörtlich den Umsatz mit dem Gewinn gleichsetzen. Diese Anbieter verschwinden zwar schnell wieder vom Markt, verderben aber zunächst einmal die Preise. Hier hat glücklicherweise bereits eine erste Bereinigung eingesetzt.
Telecom Handel: Wie schaffen Sie es, Ihre Preise trotzdem wettbewerbsfähig zu halten?
Kenntner: Eine Discount-Strategie können Sie sich nur dann leisten, wenn Sie die Ware schnell bewegen und größere Mengen bündeln. Außerdem muss man darauf achten, dass die Kostenstruktur schlank und die Prozesse effizient sind. Das können wir dadurch gewährleisten, dass wir beispielsweise auf einen Außendienst, Schulungen, Seminare oder Incentives verzichten. Darüber hinaus haben wir keine Direktverträge mit Herstellern. Wir kaufen unsere Ware am Open Market und können diese Preisvorteile „realtime“ weitergeben – bei uns im Vertrieb kann es schon mal zugehen wie an der Börse.
Telecom Handel: Warum haben Sie keine Herstellerverträge? Wollen Sie nicht, oder wollen die Hersteller nicht direkt mit Ihnen zusammenarbeiten?
Kenntner: Sicherlich sind wir bei den Herstellern bekannt, aber wir wollen bewusst keine direkten Herstellerverträge, da diese mit vielen Regularien verbunden sind. Damit würde unser Geschäftsmodell schlicht nicht funktionieren. Denn wir leben letztlich ein Stück weit von den Unzulänglichkeiten, die sich aus den Direktvertrags-Konstellationen ergeben.




Das könnte Sie auch interessieren