B-Ware 13.03.2012, 16:50 Uhr

Schnäppchen mit Stolperfallen

Nur wenige Händler wagen sich bislang an den Verkauf von Produkten, die von Anfang an kleine Fehler aufweisen. Dabei sind durchaus gute Geschäfte möglich, wenn einige Punkte beachtet werden.
(Quelle: ecco - Fotolia.com)
Das Angebot klang verlockend. 55 Motorola-Handys für gerade einmal die Hälfte des regulären Einkaufspreises hatte Fachhändler Dieter Somorowsky von einem Distributor gekauft – als sogenannte B-Ware.
Das vermeintliche Schnäppchen entpuppte sich jedoch als böse Überraschung: Insgesamt 20 verärgerte Kunden standen kurze Zeit nach dem Verkauf im Laden des Händlers und beschwerten sich, dass ihr Mobiltelefon nicht mehr funktionierte. Das Problem waren die Netzteile: Wie sich herausstellte, wurden einige von ihnen durch einen früheren Wasserschaden lahmgelegt.
„Nie wieder!“, sagt Dieter Somorowsky heute. Dieses Beispiel ist sicher ein extremer Fall und nicht unbedingt alltäglich. Aber er verdeutlicht, dass der Handel mit B-Ware neben der Chance auf einen deutlich niedrigeren Einkaufspreis auch Risiken birgt, über die sich jeder Fachhändler im Klaren sein sollte, bevor er solche Artikel in sein Sortiment aufnimmt.
B-Ware kann vieles bedeuten
Eine eindeutige Definition, was genau unter „B-Ware“ überhaupt zu verstehen ist, existiert nicht. Die von Telecom Handel befragten Distributoren verstehen unter dem Begriff eine breite Palette an Produkten. 
„Die Herkunft der B-Ware ist unterschiedlich und reicht von Neuware, bei der lediglich die Verpackung beschädigt ist, bis zu Gebrauchtware wie beispielsweise Rückläufern oder Vorführgeräten“, sagt Christian Schneider, Director SBM Channel & Marketing Communication bei Ingram Micro. Alle Artikel, die in Frage kommen, prüft der Dornacher Distributor nach eigener Aussage sorgfältig, bevor sie in den Verkauf gehen.
Dass B-Ware auch Gebrauchsspuren aufweisen kann, darauf macht Helmuth Stegemann, Vertriebsleiter bei Michael Telecom, aufmerksam. Und weiter: „Sollten Anleitungen oder Zubehörteile fehlen, so wird hierauf gesondert hingewiesen oder das fehlende Zubehör wieder nachgefüllt.“ Neben Ingram Micro und Michael Telecom bieten beispielsweise auch Also Actebis, einsAmobile und Komsa sowohl neue als auch gebrauchte Produkte unter der Bezeichnung „B-Ware“ an. 

Genau hinschauen

Dabei macht das Bestellvolumen mit den nicht ganz perfekten Waren kaum mehr als ein Prozent aus. „Nur wenige Händler sind offen dafür“, so Hakan Erdem, Marketing Director bei einsAmobile. Die wenigen, die es seien, hätten aber durchaus gute Erfahrungen damit gemacht.
Das bestätigt auch Michael Lieven, Geschäftsführer der Elektro-EDV-Lieven GmbH in Neuss: „Die B-Ware ist eine gute Ergänzung meines Geschäfts. Sie richtet sich an Kunden, die für einen Preisabschlag gewisse Einschränkungen in Kauf nehmen.“ Außerdem ergebe sich dadurch bei so manchem Käufer die Chance auf Cross-Selling-Geschäfte mit Serviceleistungen, berichtet der Händler.
Vorher genau informieren
Um erfolgreich mit B-Ware zu handeln, gibt es jedoch ein paar Punkte zu beachten. Zunächst ist es ratsam, bei der Artikelbeschreibung genau hinzuschauen. Die Distributoren untergliedern B-Ware zum Teil in diverse Kategorien, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob es sich um Neuware mit Schönheitsfehlern oder Gebrauchtware handelt.
Bei Neuware muss dem Kunden die gesetzlich festgelegte Gewährleistungszeit von 24 Monaten eingeräumt werden, handelt es sich um Gebrauchtware, erlaubt das Gesetz eine Verkürzung auf zwölf Monate. Unabhängig von der Gewährleistung ist die Herstellergarantie, die eine freiwillige Leistung darstellt und nicht gesetzlich geregelt ist. Die Garantiebedingungen der Hersteller sind nicht einheitlich, sondern müssen im Einzelfall geprüft werden. Ebenfalls sollten Händler genau hinschauen, welche Bedingungen beim Distributor gelten – diese unterschieden sich zum Teil stark je nach Ware und Distributor, beispielsweise schließen manche Großhändler die Rücknahme von B-Ware generell aus.
Preislich liegen diese Artikel in der Regel 10 bis 20 Prozent unter dem Einkaufspreis von A-Ware, im Einzelfall sind wesentlich größere Preisnachlässe möglich. Somit können Händler mit diesen Produkten vor allem preisbewusste Kunden ansprechen. Auf keinen Fall dürfen sie B-Ware zum vollen Preis anbieten, ohne auf eventuelle Mängel hinzuweisen. Nach umfassender Aufklärung ist die Chance groß, dass der Deal für beide Seiten von Vorteil ist: Der Händler erschließt neue Käufergruppen, und der Schnäppcheninstinkt der Kunden wird befriedigt. 
Welche Erfahrungen haben Sie bislang mit B-Ware gemacht? Hier abstimmen! 

Bezugsquellen

  • Also Actebis: Telefonverkauf, Händler-Online-Shop
  • einsAmobile: Sonderaktionen, Anfrage beim Vertrieb
  • Ingram Micro: reguläre Bestellplattform IM.order, separater B-Ware-Markt, Sonderaktionen
  • Komsa: in reguläre Bestellplattform Karlo integriert
  • Michael Telecom: separater Schnäppchenmarkt im Fachhandelsportal




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