02.07.2009, 13:58 Uhr

Der gute Ton

Aktives Zuhören und positive Formulierungen erzeugen eine angenehme Gesprächsatmosphäre – Anrufbeantworter nur im Notfall einsetzen
Meist kommt alles gleichzeitig. Die Kunden drängen sich zahlreich im Laden –und dann klingelt zu allem Überfluss auch noch ständig das Telefon. Nicht nur im Weihnachtsgeschäft keine Seltenheit, denn Spitzen können besonders im Handel nur schwer berechnet werden. Mitten im Verkaufsgespräch das Telefon ans Ohr zu nehmen und in genervtem Ton zu telefonieren, ist aber ein Fehler, der sowohl den wartenden Kunden im Geschäft als auch den Anrufer verärgern kann. Hier muss der Händler einen schmalen Grat beschreiten.
„Der Kunde im Laden hat selbstverständlich Priorität – hört jedoch auch er das Telefon klingeln, so ist es durchaus legitim, um Verständnis zu bitten und das Telefonat entgegenzunehmen“, rät Brigitte Simon, Geschäftsführerin von Brigitte Simon Seminare in Berlin. Allerdings gilt es dann, sich am Telefon kurz zu fassen und mit dem Anrufer lediglich einen Rückruftermin zu vereinbaren, um sich schnellstmöglich wieder dem persönlich anwesenden Kunden zu widmen. Falls jedoch häufige Anrufe im Laden an der Tagesordnung sind, ist es unter Umständen sinnvoll, einen Mitarbeiter speziell zur Beantwortung des Telefons einzuteilen.
Ein Anrufbeantworter dagegen ist keineswegs eine optimale Lösung. Er sollte nur im Notfall Verwendung finden, um extreme Spitzen abzufangen. Viele Anrufer hinterlassen keine Nachricht oder nur unvollständige Kontaktdaten; so können Umsätze verloren gehen, denn jeder Anrufer ist ein potenzieller Kunde. „Ein positiv formulierter Anrufbeantworterspruch gibt dem Kunden das Gefühl, dass er willkommen ist, und lädt ihn dazu ein, eine Nachricht zu hinterlassen“, so Simon.
Ein nachhaltig guter Eindruck beim Kunden – und Umsatz – entsteht aber nur, wenn die Nachrichten zeitnah und zuverlässig abgearbeitet werden. Auch für vereinbarte Rückrufe gilt, dass sie unbedingt einzuhalten sind. Hier sollte man darauf achten, den Rückruftermin nicht zu kurzfristig zu wählen, sondern gezielt auf einen Zeitpunkt zu legen, an dem man den Rücken frei hat und sich Zeit für den Kunden nehmen kann.

Der gute Ton (Teil 2)

Akustische Visitenkarte
Doch es ist nicht nur schwer, den Spagat zwischen Ladenkunden und nervendem Telefon zu meistern – professionelles Telefonieren ist auch an sich schon schwierig genug. Viele halten sich für durchaus kompetent am Telefon – oft ein Irrtum, der im schlimmsten Fall Umsatzeinbußen zur Folge hat. Denn der richtige Ton am Telefon kann tatsächlich den Erfolg eines Unternehmens beeinflussen.
„Unprofessionalität am Telefon ist ein häufiger Grund, warum Kunden abwandern“, warnt Peter Sturtz, Telefon-Trainer und Geschäftsführer von Nexus21. Er empfiehlt, besonders der Meldeformel große Aufmerksamkeit zu widmen. „Sie kommt einer akustischen Visitenkarte gleich und vermittelt dem Anrufer einen ersten Eindruck – für den es bekanntlich keine zweite Chance gibt“, sagt Sturtz. Die Meldeformel sollte kurz und prägnant sein und aus den Elementen Name des Unternehmens, eigener Name sowie dem Tagesgruß bestehen. Für diese Bausteine sollte man eine klare Reihenfolge festlegen. Hier ist es hilfreich, Kollegen um Feedback zu bitten oder die Meldeformel aufzuzeichnen und selber anzuhören.
Nicht nur bei einsilbigen Nachnamen empfiehlt es sich, auch seinen Vornamen zu nennen. Das verringert die Distanz zum Anrufer und ermöglicht ihm, sich ein besseres Bild von seinem Gegenüber zu machen. „Neben dem Inhalt der Meldeformel ist auch die Stimmung ausschlaggebend, in der sie vorgetragen wird“, sagt Brigitte Simon. „Der Anrufer soll sich willkommen fühlen und merken, dass man sich über seinen Anruf freut“, so Simon weiter. Um sich selbst in eine positive Stimmung zu versetzen, könne man beispielsweise einfach lächeln. Ob man beim Reden lächele oder nicht, könne der Gesprächspartner tatsächlich hören.
Das wichtigste Werkzeug am Telefon ist natürlich die Stimme, denn der Anrufer verbindet mit der Stimme seines Gesprächspartners bestimmte Eigenschaften. So wirken dunkle Stimmen kompetenter als helle. Es ist ratsam, nicht zu schnell zu sprechen, denn so hat der Gesprächspartner Zeit, die gebotenen Informationen zu verarbeiten. Auch Pausen erwecken beim Gegenüber den Eindruck von Kompetenz und Souveränität, sie sollten also bewusst eingelegt werden.

Der gute Ton (Teil 3)

Im Verlauf des Telefongesprächs ist es wichtig, den Kunden ausreden zu lassen und aktiv zuzuhören, also zwischendurch Kommentare wie „Ja“, „Aha“ oder „Verstehe“ einzustreuen. Der Kunde merkt so, dass er ernst genommen wird. Auch der bewusste Einsatz von positiven Formulierungen hilft, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu erzeugen. So ruft der Satz „Ich informiere mich für Sie“ beim Gegenüber andere Emotionen hervor als ein schlichtes „Das weiß ich nicht“. „Zahlende und potenzielle Kunden haben echte Wertschätzung und volle Aufmerksamkeit verdient.
Das ist nicht schleimig und kostet nichts“, erläutert Peter Sturtz. Wichtig ist aber, immer authentisch und natürlich zu bleiben. Denn eingeübte Formulierungen, hinter denen man nicht steht, wirken unehrlich. Um Telefongespräche effizienter zu gestalten, ist es zudem sinnvoll, sich mit verschiedenen Fragetechniken vertraut zu machen. „Wer fragt, der führt und ist somit in der besseren Position“, so Sturtz. Beispielsweise laden offene Fragen den Anrufer zu einer längeren Antwort ein. Geschlossene Fragen dagegen lassen nur Bejahen oder Verneinen zu. Alternativfragen können eingesetzt werden, wenn man dem Anrufer mehrere Möglichkeiten zur Wahl stellen möchte. Bemerkenswert ist hier, dass sich die meisten Menschen immer für die letztgenannte Wahlmöglichkeit entscheiden. So kann man den Anrufer zu einer bestimmten Entscheidung hinführen.
Beschwerde als Chance
Besonders unbeliebt sind Beschwerdeanrufe – dabei bieten sie die Möglichkeit zur Verbesserung. Unzufriedene Kunden, die sich nicht beschweren, wandern früher oder später ab. „Ein Kunde, der reklamiert hat und gut behandelt worden ist, ist hinterher unter Umständen zufriedener als ein Kunde, der keine Reklamation hatte“, erläutert Peter Sturtz. Wahrscheinlich werde er seine positiven Erfahrungen sogar anderen mitteilen.
Der Beschwerdeanruf ist also kein Störfaktor, sondern sowohl Kundenbindungs- als auch Marketinginstrument. „Beschwerden gehören genauso zum täglichen Geschäft des Handels wie der Kauf selbst. Daher ist es wichtig, die Beschwerde auch genauso zu behandeln“, meint Brigitte Simon. Die Abwicklung einer Beschwerde vollzieht sich in drei Schritten. Zunächst sollte man den Kunden erst einmal ausreden lassen – auch wenn er schreit und tobt – und Verständnis für das Problem zeigen, so dass der Anrufer sich ernst genommen fühlt. Hat der Kunde Dampf abgelassen, kann man sich durch gezieltes Nachfragen ein genaueres Bild von der Situation machen, um schließlich eine Lösung zu finden.
Unbedingt sinnvoll ist es auch, die Dauer von Telefongesprächen zu kontrollieren. Effizienz und Konzentration sind nur bei kurzen Gesprächen zwischen fünf und sieben Minuten gewährleistet. „Danach klärt man ohnehin nichts mehr und sollte lieber einen Rückruf vereinbaren“, rät Sturtz.