NT plus/Actebis Peacock 16.03.2011, 10:57 Uhr

"Wir sind rundum erneuert und fit"

Vom Top-Distributor im TK-Segment zum integrierten Geschäftsbereich von Actebis Peacock: NT plus hat in den vergangenen Jahren einen rasanten Wandel durchlebt. Telecom Handel sprach darüber mit NT-plus-Chef Volker Flemming.
Turbulente Zeiten hat NT plus hinter sich: den Kauf durch das Beteiligungsunternehmen Arques, die Eingliederung in die Actebis-Gruppe, die Übernahme durch Droege, Entlassungswellen, die Integration in Actebis Peacock, die Schließung des Servicecenters. Zeit, bei Volker Flemming, seit Juli 2010 verantwortlich für NT plus, nachzufragen, was gut funktioniert und was schiefgelaufen ist – und wo er NT plus in Zukunft sieht.
Telecom Handel: Vor wenigen Jahren war NT plus einer der Marktführer in der deutschen TK-Distribution. Heute signalisieren uns Ihre Wettbewerber, dass sie sich die Hände reiben, weil viele Ex-NT-plus-Kunden bei ihnen eine neue Heimat gefunden haben. Wie viele aktive Fachhandelspartner aus dem TK-Segment haben Sie denn heute überhaupt noch?
Volker Flemming: Zu genauen Zahlen nehmen wir keine Stellung, aber lassen Sie es mich so sagen: Wir sind mit der Fachhandelsentwicklung durchaus zufrieden. Wir haben für das Jahr 2011 genau die Partner an Bord, die wir auch an Bord haben wollen. Das sind vor allem diejenigen, die unseren Mehrwert-Gedanken schätzen, also nicht nur unsere Produkte, sondern auch unsere Kompetenz. Als Distributor verschieben wir nicht nur Produkte, sondern auch Wissen. Ich weiß, dass es da ein paar Unkenrufe gab: Mensch, ihr macht so viele Veränderungen durch, wer weiß, ob die Partner da zu euch halten. Aber es ist alles ganz anders gekommen – und zwar sehr positiv. Viele Partner wissen die Mehrwerte durch uns zu schätzen.

"Klare Marschrichtung"

Telecom Handel: Unkenrufe klingt vielleicht untertrieben, wenn man sich die Kommentare vieler unserer Leser auf unserem Online-Portal ansieht. Da ist beispielsweise die Rede von ‚schlechtem Service, der anscheinend nur noch von Azubis abgewickelt wird‘, ‚demotivierten und genervten Mitarbeitern‘ und ‚mangelhafter Warenverfügbarkeit‘. Das klingt ja alles andere als positiv …
Flemming: Aber wer hat denn das geschrieben? Das sind ja anonyme Kommentare, die auch von einem Wettbewerber kommen könnten. Wenn ich nicht Ross und Reiter kenne und mit geschlossenem Visier gearbeitet wird, dann möchte ich dazu gar nicht erst Stellung beziehen.
Telecom Handel: Erst Arques, dann Droege, dann die Integration von NT plus in Actebis. Sie wollen doch nicht behaupten, dass da alles nach Plan gelaufen ist?
Flemming: Da reden wir jetzt aber von einer Situation, die schon Jahre zurückliegt. Der frühere Gesellschafter wusste nicht so recht, was er mit dem Unternehmen machen soll. Das hat dazu geführt, dass zu dieser Zeit wichtige Entscheidungen, die man damals noch eher hätte treffen können als heute, auf der Gesellschafterseite nicht richtig durchgesetzt werden konnten. Spätestens seitdem die Droege-Gruppe das Unternehmen gekauft hat, hat sich das drastisch verändert. Seitdem gibt es eine ganz klare Marschrichtung, einen ganz klaren Fokus und ein ganz klares Ziel, wo wir hinwollen.
Telecom Handel: Die Kritik der Fachhändler bezieht sich aber häufig auch auf die letzten Monate, beispielsweise auf den Service …
Flemming: Strategisch ist das alles sehr schlüssig, was wir da tun. Operativ gab es sicherlich aufgrund der großen Veränderungen im Unternehmen ein, zwei Monate lang Probleme im letzten Sommer, auch im Service mit der Umstellung auf unseren Kooperationspartner Arvato. Klar, viele Partner wollen keine Veränderung, haben ein Interesse an Stabilität. Aber wenn ich heute sehe, wie gut wir mit Arvato zusammenarbeiten, dann haben wir genau das Richtige gemacht. Was ich bedauere, ist, dass wir im Zuge des Unternehmensumbaus und der Integration ein paar Monate nicht genügend Zeit hatten, uns so um unsere Kunden zu kümmern, wie wir selbst uns das wünschen und wie es unser Anspruch ist. Aber diese Zeit liegt hinter uns, und wir sind mit voller Kraft wieder da.

"Vermittlungsprobleme ausräumen"

Telecom Handel: Wann wird die Restrukturierung denn komplett abgeschlossen sein?
Flemming: Hinsichtlich Actebis und NT plus ist der Veränderungsprozess inzwischen abgeschlossen. Wir sehen uns jetzt als rundum erneuert und fit an, wir stehen auf ganz sicheren prozessualen und unternehmerischen Beinen. Jetzt sind wir in der Lage, ITK aus einer Hand zu verkaufen. Das heißt, wir können ein Paket packen, in dem ein Router und ein Telefon liegen, wenn der Kunde das verlangt. Und das verlangen immer mehr Kunden. Da sind wir der einzige Distributor, der mit einem so guten und großen Angebot darauf reagieren kann.
Telecom Handel: Es sieht aber so aus, als sei dieser Vorteil noch nicht bei all Ihren Telekommunikations-Fachhandelskunden registriert worden. Da scheint es also doch zumindest ein Vermittlungsproblem zu geben …
Flemming: Das kann ich nur unterstreichen, und genau das ist jetzt unsere Aufgabe. Nicht alle aus unserer Fachhändlerschaft haben heute schon begriffen, wie schnell sich die Welt dreht. Insofern gibt es ganz klar eine Vermittlungsaufgabe, die wir übernehmen müssen. Wir müssen unseren Partnern ganz genau erklären, wie wir gemeinsam Geschäft machen können. Beim klassischen Mobilfunk-Händler ist das sicherlich noch schwieriger als bei einem Händler, der bei uns TK-Anlagen, TK-Systeme kauft und den Nutzen schneller erkennt.
Telecom Handel: Wie könnte das aussehen?
Flemming: Nehmen Sie zum Beispiel das CE-Portfolio. Mit der Fusion mit Also sind wir einen deutlichen Schritt nach vorne gekommen. Zukünftig kann ein Händler, der Entertain vermarktet, auch die passenden Fernseher bei uns ordern. Oder nehmen Sie das Beispiel Web-Tablets. Wenn sich ein klassischer Mobilfunk-Händler diesem Markt verschließt, wird er es schwer haben. Das ist ein Produkt, das heute von den IT-Anbietern kommt. Und die haben wir alle im Haus, mit denen haben wir alle Verträge.
Telecom Handel: Was machen Sie denn ganz konkret, um den Fachhandel für sich (zurück) zu gewinnen?
Flemming: Wir werden zum Fachhandel gehen, um mit ihm zu diskutieren, wohin es gemeinsam geht. Wir wollen vertrieblich stark wachsen und haben dafür einen neuen Außendienstleiter benannt, dessen Team wir in der nächsten Zeit weiter ausbauen. Ein anderes Thema ist die Art der Provisionsauszahlung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Provisionen zu jeder Zeit pünktlich ausgezahlt werden, und wir arbeiten auch daran, dass die Abwicklung transparenter wird.

"Teleprofi-Konzept war nicht zukunftsträchtig"

Telecom Handel: Speziell auf den Fachhandel ausgerichtet war ja auch das Teleprofi-Konzept. Dennoch war es eine Ihrer ersten Maßnahmen als NT-plus-Chef, dies zu beenden …
Flemming: Ja, weil ich Teleprofi in der Form, wie es aufgesetzt wurde, nicht für zukunftsträchtig gehalten habe. Rackjobbing für Partner, das ist etwas, was es seit Jahren in unserer Branche gibt. Wenn wir dieses Geschäftsmodell durchgeführt hätten, dann wären wir lediglich anderen hinterhergelaufen, und das ist nicht unser Anspruch.
Telecom Handel: Was wird nun aus Teleprofi? Die Marke ist ja immer noch sehr bekannt …
Flemming: Ja, der Name hat sicherlich einen Wert an sich, aber das alleine reicht nicht. Was wir hingegen weiter ausbauen möchten, ist das Warenwirtschaftssystem NT prof. Die elektronische Vernetzung der Bestellprozesse ist ein absolutes Zukunftsthema in Distribution und Handel. Das entspricht ja auch den Anforderungen und Erwartungen, die die Reseller an ihren Distributor stellen. Kernerwartung ist neben der Warenverfügbarkeit, der zuverlässigen Lieferung, also der originären Kernleistung eines Distributors, auch der Hinweis auf zukünftige Geschäftsfelder und Ideen sowie – und hier sind wir bei NT prof – die Optimierung von Prozessen. Wer kennt schon, gerade als kleinerer Händler, seine Prozesskosten? Wer weiß, was es kostet, eine Rechnung zu schreiben, wer hat ein Gefühl für die Kosten für die Reinigung seines Ladens oder dafür, wie viel die Ladenmiete kostet? Ein Warenwirtschaftssystem hilft dabei, Ordnung zu schaffen und den Laden effizient zu managen.
Telecom Handel: Seit einigen Monaten ist NT plus nur noch ein Geschäftsbereich innerhalb von Actebis Peacock. Ist es nun nicht an der Zeit, die Marke NT plus komplett aufzugeben, auch wenn diese nun bereits seit 20 Jahren besteht?
Flemming: Genau deshalb bietet die Marke für unseren Fachhandel einen wichtigen Ankerpunkt, so dass wir an ihr langfristig festhalten werden. NT plus ist ein Sammelbegriff für unsere TK-Kompetenz, und deswegen wollen wir die Marke NT plus auch behalten.
Telecom Handel: Und wie sieht es mit den Standorten Osnabrück und Staufenberg aus?
Flemming: Wir schließen in Osnabrück gerade einen langfristigen Mietvertrag ab. Und außerdem verkaufen wir nicht nur Videokonferenzsysteme, wir nutzen diese sogar selbst (lacht). Wir werden keinen Standort aufgeben, sondern wir sind da, wo unsere Mitarbeiter sind. Wir haben Know-how-Träger an den jeweiligen Standorten, und die sind nicht immer bereit, an einen anderen Standort zu wechseln. Wir haben gelernt, dass eine klare Ausrichtung des Unternehmens viel wichtiger ist als die Standortfrage. Und die Zukunft gehört ganz klar der Konvergenz.
Telecom Handel: Wollen Sie damit sagen, dass der reine Telekommunikations-Broadliner mittlerweile tatsächlich ausgedient hat?
Flemming: Es ist in meinen Augen nicht mehr zukunftsfähig, ein TK-Broadliner zu sein. Entweder man ist TK-Nischenanbieter oder man ist ITK-Broadliner. TK-Broadline – dieses Konzept gibt es nicht mehr.




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