04.07.2009, 15:22 Uhr

Von treuen und begeisterten Kunden

Die Neukundengewinnung wird immer schwieriger und damit teurer – Mit Kundenbindungsmaßnahmen können Händler den Umsatz pro Kunde erhöhen – Empfehlungsmarketing bringt durch die Hintertür zusätzlich neue Kunden ins Haus
Neukunden zu gewinnen ist sieben bis neun Mal aufwendiger, als mit Bestandskunden neue Geschäfte zu machen – so lautet eine der wichtigsten Faustregeln im Vertrieb. Deshalb setzen viele Unternehmer darauf, Kunden langfristig an sich zu binden. Bernd Ehrenberg, Geschäftsführer der MTC GmbH in Hof, besitzt 15 Ladengeschäfte in Nordbayern – und er hat den Wert der Kundenbindung oder des Bestandskundenmanagements längst erkannt und auch erfolgreich umgesetzt: „Wir machen bereits seit vier Jahren zwei Drittel unserer Umsätze mit Bestandskunden“, erklärt er im Gespräch mit Telecom Handel (siehe Interview).
Praktische Tipps zum Thema Kundenbindung gibt wiederum Eduard Klein, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Frontline Consulting Group aus München: „Händler können ihre Kunden besonders gut durch Zusatzangebote binden, die einen hohen Nutzen für den Kunden bieten“, das klassische Cross- und Upselling. Anhand eines Beispiels verdeutlicht er diesen Ratschlag. Kauft ein Kunde ein Handy mit besonderen Funktionen, so können dem Kunden Zubehör oder auch zusätzliche Services – beispielsweise für einen Musikdownload – angeboten werden. Deshalb sollten Händler den Kunden direkt beim Kauf fragen, welche Zusatzleistungen er sich für das Gerät wünscht, dies notieren und den Kunden bei zukünftigen Maßnahmen gezielt darauf ansprechen. Ein guter Einstieg wäre beispielsweise: „Beim Kauf Ihres Gerätes haben Sie Interesse an Musikdownloads gezeigt – ab nächster Woche gibt es tolle Möglichkeiten, wie Sie besonders günstig Songs auf Ihr Handy laden können."
Auch mit Rabatt- oder Punkteprogrammen können Händler Kunden an ihr Unternehmen binden. So können beispielsweise Reseller bei Prepaidkunden mit einer „Zehnerkarte“ beim Kunden punkten. Der Händler notiert jedes Aufladen des Kunden auf der Zehnerkarte – beim elften Besuch erhält der treue Kunde dann die Summe X als Bonus oder er bekommt einen Gutschein, den er entweder im Laden oder auch beim Bäcker nebenan einlösen kann. Auf diese Weise können Ladenbesitzer sich innerhalb ihres Nachbarschaftsnetzwerkes gegenseitig stärken, und der benachbarte Bäcker wird seine Kunden in allen Belangen rund um das Thema Mobilfunk bevorzugt zu ebendiesem Händler senden – Stichwort Empfehlungsmarketing.

Von treuen und begeisterten Kunden (Teil 2)

Tipps für erfolgreiches Empfehlungsmarketing
Aktives Empfehlungsmarketing ist eines der Steckenpferde von Dirk Kreuter, einem Verkaufs- und Managementtrainer aus Witten. Der Experte in Sachen Bestandskundenpflege meint – zugegeben etwas provokant: „Wenn ein Kunde zufrieden ist, dann hat der Händler ein Problem.“ Dahinter steckt seine Philosophie, dass der Händler mehr tun muss, als gut zu beraten, um Kunden dauerhaft an sich zu binden oder auch dazu zu bringen, sein Unternehmen an Freunde und Bekannte weiterzuempfehlen.
„Der Kunde muss begeistert sein, überrascht – dann wird er einem Händler treu bleiben“, so Kreuter weiter. Auch er nennt ein Beispiel, mit dem er seine Theorie untermauert. Ein Kunde, der unsicher ist, ob er ein bestimmtes Handy oder lieber ein anderes kaufen möchte, bekommt vom Händler das Angebot, das favorisierte Handy zwei Wochen lang kostenlos zu testen. Ist er nicht zufrieden, so kann er das Gerät nach dieser Zeit zurückgeben – es entstehen ihm keine weiteren Kosten.
Den Einwurf, dieses Vorgehen sei für den Händler riskant, da er Gefahr laufe, auf einem Berg gebrauchter Handys sitzen zu bleiben, weist Kreuter zurück. „Nur wenige Kunden werden dies auch in Anspruch nehmen, doch sie werden ihren Freunden von dem außergewöhnlichen Service des Händlers erzählen.“ Ein weiterer Aspekt des Empfehlungsmarketings, quasi durch die Hintertür, ist laut Kreuter: „Ein Kunde, der einen Händler einmal empfohlen hat, wird bei diesem auch bleiben, aus moralischen Gründen.“ Denn würde er nach einigen Monaten den Händler wechseln, verlöre er dadurch das Gesicht vor seinen Freunden und Bekannten, denen er genau diesen Händler empfohlen hat.

Von treuen und begeisterten Kunden (Teil 3)

Auch im Empfehlungsmarketing ist es – wie beim Bestandskundenmarketing – sinnvoll, Coupons einzusetzen. In der Regel sind dies ebenfalls Warengutscheine für den Kauf von Produkten im eigenen Laden. Das Prozedere kann sein: Kunde 1 empfiehlt einen Händler einem Freund – beispielsweise indem er einen Coupon weitergibt. Dieser schließt daraufhin beim Händler einen Mobilfunkvertrag ab. Kunde 1 erhält vom Händler nun einen Gutschein, mit dem er bei diesem Produkte einkaufen kann. Dirk Kreuter warnt allerdings davor, diese Coupons automatisch an Kunden weiterzugeben. „Diese landen in den meisten Fällen im nächsten Papierkorb.“
Sein Tipp für den PoS: „Fragen Sie den Kunden direkt, ob er Freunde und Bekannte hat, die auch an diesem Produkt interessiert sein könnten.“ Das Ziel: Der Kunde soll ihm Namen und eventuell Telefonnummern seiner Bekannten nennen, damit der Händler diese anrufen kann. Mit dieser Strategie könne der Händler gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn erstens seien diese Empfehlungen weitaus wertvoller als das sonst oft übliche Weitergeben von Coupons, „und der Händler kann dabei auch überprüfen, ob er seinen Kunden begeistert hat“, so Kreuter weiter.
„Ist der Kunde nicht bereit, den Händler zu empfehlen, so hat dieser am PoS einen Fehler gemacht – denn er hat den Kunden nicht begeistert“, kommt Kreuter auf seine Philosophie zurück. Und dieser Kunde ist vielleicht ein zufriedener Kunde, vielleicht sogar loyal – aber ob er auch ein dauerhafter Kunde ist, das ist laut Kreuter fraglich. Dafür müsse der Händler mehr leisten. „Wer Treue und Loyalität erwartet, soll sich einen Hund kaufen, von einem Kunden darf er sich das nicht erwarten.“

Interview mit Bernd Ehrenberg

Bernd Ehrenberg betreibt 15 Ladengeschäfte in Nordbayern.
Telecom Handel: Herr Ehrenberg, welchen Stellenwert hat das Bestandskundenmanagement in Ihrem Unternehmen?
Bernd Ehrenberg: Wir machen bereits seit vier Jahren zwei Drittel unserer Umsätze mit Bestandskunden und ein Drittel mit Neukunden. Kundenbindung ist für uns unverzichtbar.
Telecom Handel: Mit welchen Mitteln halten Sie Ihre Kunden bei der Stange?
Ehrenberg: Wir schreiben unsere Bestandskunden an, sobald eine Vertragsverlängerung ansteht. Leider ist das Geschäft mit den VVL deutlich schwieriger geworden, da wir einerseits nur mehr bedingt Zugriff auf die Datenbanken haben und somit die Kunden nicht mehr zum richtigen Zeitpunkt anschreiben können. Andererseits machen die Netzbetreiber leider immer noch zu viel selbst, mit Hotline und Internet.
Telecom Handel: Können Sie das ausgleichen?
Ehrenberg: Wir haben verschiedene Maßnahmen entwickelt, um Kunden enger an uns zu binden. So erhalten Kunden beispielsweise einen Ordner, in dem sie alle Unterlagen über ihre Handys und Rechnungen ablegen können. Versicherungen machen das ja schon lange ähnlich. Wir haben jetzt festgestellt, dass immer mehr Kunden mit ihren Ordnern zu uns in den Laden kommen – es funktioniert also.
Telecom Handel: Viele Verkaufstrainer raten zum sogenannten Empfehlungsmarketing, setzen Sie das auch ein?
Ehrenberg: Das machen wir natürlich auch, allerdings ist auch das deutlich schwieriger geworden. Vor elf Jahren kamen noch 70 Prozent unserer Kunden aufgrund einer Empfehlung zu uns, heute ist diese Zahl deutlich zurückgegangen – der Kunde hat heute zu viele Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen. Wir haben schon seit einigen Jahren ein KwK-Programm, bei dem Kunden Gutscheine erhalten, wenn sie uns neue Kunden bringen. Wir kalkulieren dabei mit 25 Euro pro Kunde und können auch hier mit den Aktionen der Netzbetreiber nicht wirklich mithalten. Einige Netzbetreiberaktionen sind aber auch für den Fachhandel nutzbar, da macht eine Kombination natürlich Sinn.
Telecom Handel: Wie wird sich das Geschäft dann weiter entwickeln?
Ehrenberg: Wir sehen die Zukunft nicht so schwarz wie viele Kollegen, allerdings sind wir bisher betriebswirtschaftlich gut aufgestellt und haben unsere Zahlen gut im Griff. Fachliche Kompetenz, Verkäufer, die nicht ständig wechseln, ein loyales Verhältnis zum Kunden, wie auch zum Netzbetreiber, zur Distribution und zum Hersteller wird für den echten Fachhändler die Voraussetzung zum Überleben sein. Ich denke, wer seine Hausaufgaben macht und gleichzeitig kreativ und aufgeschlossen für Aktionen und auch neue Wege ist, wird durchaus weiter eine gute Chance haben.




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