Besser verkaufen 19.10.2010, 14:07 Uhr

Zufriedene Kunden kommen wieder

Regelmäßige Kundenbefragungen helfen, den Service im Shop zu verbessern und die Kundenbindung zu stärken.
Die Beratung ist abgeschlossen, der Vertrag unterschrieben und der Kunde verlässt den Laden. Die Frage, die sich jeder Händler zu diesem Zeitpunkt stellen sollte, ist: „Ist der Kunde jetzt zufrieden?“ – um abschließend noch einmal nachzuhaken: „Kommt er wieder, wenn er ein neues Handy braucht?“ Die meisten Händler beantworten diese beiden Fragen mit einem überzeugten „Ja“ – denn allein die Tatsache, dass der Kunde in ihrem Shop den Vertrag abgeschlossen hat, werten sie als ein Indiz für seine Zufriedenheit.
„Das kann aber ein Trugschluss sein“, warnt Gunter Ehe von der BBE Handelsberatung in München. Er beschäftigt sich seit 20 Jahren mit dem Thema Kundenzufriedenheit und weiß, dass es viele Gründe gibt, warum Kunden einen Shop aufsuchen: Oft gehen sie beispielsweise in einen bestimmten Laden, weil dieser auf dem Weg zur Arbeit liegt oder weil sie gerade spontan daran vorbeikommen. Manchmal liegt es auch daran, dass es in der näheren Umgebung keinen direkten Wettbewerber gibt. „Nur weil ein Kunde in einem Shop einkauft, heißt das noch lange nicht, dass er auch zufrieden, geschweige denn begeistert ist“, gibt Ehe zu bedenken.
Verschenktes Potenzial
So mancher Händler könnte jetzt versucht sein, zu antworten, das sei ihm schlussendlich egal, Hauptsache, der Kunde kauft weiterhin bei ihm ein. „Ein Fehler“, warnt Oliver Bössow; er ist Leiter Research & Implementation beim Marktforschungsinstitut Vocatus AG in Gröbenzell bei München. Denn was passiert, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern, zum Beispiel ein neuer Shop in der Nähe aufgemacht wird? Und last but not least wissen Händler nicht, ob der Kunde sie auch Freunden und Bekannten als kompetenten Berater weiterempfiehlt – und verpassen damit womöglich potenzielles Neugeschäft.

Wer wissen will, muss fragen

Um sicher zu wissen, ob ein Kunde auch zufrieden ist, muss dieser befragt werden – und das auf keinen Fall direkt am PoS, gleich nach dem Einkauf. „Kaum ein Kunde wird den Verkäufer direkt kritisieren, auch wenn er sich schlecht beraten fühlt“, merkt BBE-Mann Ehe an. Besser sei es, die Befragung zwar zeitnah durchzuführen, damit das Kauferlebnis noch frisch im Gedächtnis ist, aber doch mit etwas Abstand. Der Kunde hat so auch schon eine gewisse Distanz gewonnen und kann objektiver antworten. Am einfachsten geschieht dies durch einen Fragebogen, der dann entweder per Brief, Mail oder via Internet zur Verfügung gestellt wird. Eine weitere Möglichkeit ist natürlich ein Telefoninterview, wie es häufig von Marktforschern durchgeführt wird.
„Der Aufwand für diese Befragungen ist allerdings beträchtlich“, meint Bössow, „und deshalb vor allem für kleinere Unternehmen kaum zu schaffen.“ Und er warnt vor einem weiteren Fehler: „Für Laien ist es schwierig zu entscheiden, welche Fragen relevant sind und wie die Antworten letztendlich zu bewerten sind.“ Auch einen weiteren Aspekt sollten Händler berücksichtigen: Sie können keinen Vergleich zum Wettbewerber ziehen – Stichwort Benchmarking. Denn es kann sein, dass ein Kunde zwar mit der Beratung im eigenen Shop ganz zufrieden ist, den Service beim Wettbewerber aber besser findet und beim nächsten Mal dorthin geht, um sich ein neues Handy zu besorgen.
Net Promoter Score liegt im Trend
Sehr beliebt ist deshalb in vielen Unternehmen die Befragung nach der Methode des Net Promoter Score. Der NPS ist ein Index zur Messung der Wahrscheinlichkeit, mit der der Kunde ein Unternehmen weiterempfiehlt. Die Berechnung erscheint auf den ersten Blick ganz einfach: Einer repräsentativen Gruppe von Kunden wird eine einzige Frage gestellt: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie den Shop X einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen werden?“ Die Kunden können dabei auf einer elfstufigen Skala von 0 bis 10 antworten. Kunden, die mit 9 oder 10 antworten, gelten dann als Promotoren, als „passiv Zufriedene“ werden die Kunden eingeordnet, die mit 7 oder 8 antworten – diese Gruppe wird für die Berechnung des NPS nicht herangezogen. Alle Kunden, die einen Wert von 6 oder niedriger angeben, werden als „Kritiker“ bezeichnet. Der Net Promoter Score ergibt sich schließlich, indem von der Zahl der Promotoren die Zahl der Kritiker abgezogen wird. Ein Beispiel: Zeigt eine Befragung 45 Prozent Promotoren und 30 Prozent Kritiker, so beträgt der NPS 15 Prozent. In der Theorie kann der NPS somit zwischen maximal plus 100 und minus 100 schwanken.
Die Methode wirkt auf den ersten Blick bestechend, zeigt sie doch anhand einer sehr einfachen Befragung, wie zufrieden Kunden sind. Auch The Phone House setzt den NPS zur Kundenzufriedenheitsanalyse ein. Bössow allerdings hält die NPS-Methode trotz ihrer Beliebtheit für „überbewertet“, denn „ein Index sagt nicht wirklich etwas über die Zufriedenheit des Kunden aus“. Nicht völlig verteufeln möchte hingegen Ehe den NPS. „Die Berechnung der Kundenzufriedenheit mittels NPS ist ein wichtiger und aufschlussreicher Schnellindikator, reicht allein aber noch nicht aus.“ 

Aufwendige Befragungen

BBE zum Beispiel hat unter anderem für Euronics eine Kundenzufriedenheitsanalyse durchgeführt und kam zu teilweise erstaunlichen Ergebnissen, die eine reine NPS-Befragung nicht bieten kann: „Die meisten Händler denken, dass der Preis kaufentscheidend für den Kunden ist, doch meist sind es die weichen Faktoren, die für den Kunden eine Rolle spielen“, erklärt Ehe. Um diese zu ermitteln, legt BBE bei Kundenbefragungen vor allem auf die sogenannten „Softfaktoren“ großen Wert – neben den „Hygienefaktoren“, bei denen die Produktvielfalt und -qualität oder die Shopgestaltung abgefragt werden.
„Neben der Gesamtzufriedenheit fragen wir meist 30 bis 40 Einzelpunkte ab und natürlich auch, wie wichtig den Kunden die einzelnen Aspekte sind“, so Ehe. Erst dann sei es möglich, aus den vielen einzelnen Antworten ein Gesamtbild über die Kundenzufriedenheit zu erstellen – und natürlich auch Vorschläge für das weitere Vorgehen zu erarbeiten.
Doch die Messung der Kundenzufriedenheit hat ihren Preis: Wie viele Fragen sollen gestellt werden, wie viele Kunden befragt werden? Welche weiteren Services soll der Marktforscher erbringen? Aus all diesen Faktoren ermittelt der Dienstleister ein Angebot, das sich schnell auf mehrere tausend Euro belaufen kann. „Einzelanalysen kosten bei uns zwischen 2.000 und 6.000 Euro – beraten wir Shops von Verbundgruppen, so kann über Standardisierungen und Mengeneffekte der Preis auch deutlich günstiger werden. Pro Shop ist dabei mit Kosten zwischen 1.200 und 1.500 Euro zu rechnen“, rechnet BBE-Experte Ehe vor. Für viele Händler eine Summe, die sie nicht aufbringen wollen – oder auch nicht können.

Feedback-System als Alternative

Vocatus-Marktforscher Bössow schlägt deshalb vor, anstelle einer reinen Kundenzufriedenheitsanalyse in einem ersten Schritt eher ein Feedback-System einzuführen, beispielsweise den Kunden per Mail einige Fragen zu stellen, mit der Bitte, diese zu beantworten. Nach einer Eingangsfrage zur Bewertung des Shopbesuchs sei es dabei besonders wichtig, dass Händler offene Fragen stellen, bei denen die Kunden die Antwort selbst formulieren müssen und nicht einfach Ja oder Nein ankreuzen können. Und er nennt einige Beispiele: „Was haben wir besonders gut gemacht?“, „Wo haben wir Sie enttäuscht oder was können wir besser machen“, „Können wir noch etwas für Sie tun?“
Die meisten Kunden kennen diese Feedback-Systeme aus anderen Branchen wie zum Beispiel Autohäusern oder Hotels, und viele sind auch gerne bereit, sie zu beantworten – und gleichermaßen Lob wie auch Kritik zu äußern. „Wenn ein Kunde allerdings extreme Unzufriedenheit äußert, muss der Händler auch reagieren“, warnt Büssow. Deshalb sei es wichtig, den „möglichen Ressourceneinsatz nicht zu unterschätzen“ – oder anders formuliert: Er rät, lieber „im Kleinen“ anzufangen und dann sukzessive das Feedback-System auszubauen. Denn nichts sei für den Kunden enttäuschender, als Kritik zu äußern und dann keine Antwort zu bekommen.
Doch lohnt sich der ganze Aufwand dann überhaupt? „Auf jeden Fall“, betont Ehe. Denn allein aus dem Bauch heraus zu entscheiden, ob der Kunde zufrieden ist, sei riskant: „Die Gefahr ist groß, dass Händler einen schleichenden Kundenverlust hinnehmen müssen.“

Interview mit Michael Felsmann, Leiter CRM bei The Phone House

Telecom Handel: Herr Felsmann, Sie haben vor einigen Wochen eine neue Methode zur Kundenzufriedenheitsanalyse eingeführt und setzen dabei auf den Net Promoter Score (NPS). Warum?
Michael Felsmann: Unsere Mutter Best Buy in den USA hat die Befragung via NPS vor etwa zwei Jahren eingeführt, um das Image im Mobilfunkhandel – das in den USA nicht besonders gut ist – zu verbessern. Darauf folgten Carphone Warehouse in England und die Einführung in den weiteren europäischen TPH-Ländergesellschaften. Wir beschäftigen uns intensiv seit dem Frühjahr mit der Einführung des NPS.
Telecom Handel: Wie ermitteln Sie den NPS-Wert konkret?
Felsmann: Unsere Kunden erhalten in der aktuellen Testphase 48 Stunden, nachdem sie bei uns im Shop waren, eine Mail, die sie auf eine Internet-Seite leitet, auf der sie wiederum die Frage beantworten können, ob sie uns weiterempfehlen. Des Weiteren fragen wir den NPS-Wert noch über unsere Online-Plattform und über unsere Callcenter-Aktivitäten ab.
Telecom Handel: Wie hoch ist denn die Rücklaufquote?
Felsmann: Die liegt derzeit zwischen 20 und 30 Prozent, wir sind allerdings erst am Anfang der Produktivphase, aber dennoch sehr zufrieden mit den ersten Rückläufen.
Telecom Handel: Beschränken Sie sich dabei auf eine einzige Frage, zum Beispiel ob der Kunde Sie weiterempfehlen würde?
Felsmann: Nein, wir haben noch die Möglichkeit eingebaut, dass der Kunde über eine sogenannte ‚Freitextantwort‘ Hinweise dafür geben kann, was wir verbessern können. Das Erstaunliche ist, dass die Kritik häufig in die gleiche Richtung geht und wir dann wertvolle Hinweise darauf bekommen, was wir ändern können, um die Kunden stärker an uns zu binden.
Telecom Handel: Und wenn ein Kunde beispielsweise den Service in einem bestimmten Shop kritisiert, was passiert dann?
Felsmann: Jeder Shop erhält seine eigene Auswertung der Befragung und kann im Detail sehen, was gut oder was schlecht ist. Bei schlechten Ergebnissen ist er natürlich angehalten, zu handeln.
Telecom Handel: Welche Ergebnisse brachten die ersten Kundenbefragungen?
Felsmann: Wir haben mit der NPS-Ermittlung in den Shops erst Anfang Oktober begonnen, daher ist es noch zu früh, über erste Ergebnisse zu sprechen. Doch die ersten Werte waren sehr positiv.
Telecom Handel: Ab welchem Wert sind Sie zufrieden?
Felsmann: Ein guter NPS-Wert ist alles, was signifikant über der Messlatte Null liegt. Wir streben hier in Deutschland einen Index zwischen 40 und 50 Punkten an.
Telecom Handel: Lohnt sich der Aufwand für Sie?
Felsmann: Unser Ziel ist es, den Kunden über mehrere Vertragszyklen an uns zu binden – wir sehen den NPS als gute Chance, unseren Service zu verbessern.