Systemhaus Comtel 17.06.2016, 12:46 Uhr

Ende von ISDN richtig nutzen: Vermarktungstipps für All-IP

Die All-IP-Umstellung läuft im Geschäftskundenbereich langsam, aber sicher an – damit verschärft sich auch der Wettbewerb. Holger Bachert berichtet, wie sein Systemhaus das Aus von ISDN für das Geschäft nutzt:
(Quelle: Maksim Kabakou, shutterstock)
Noch immer gibt es eine große Anzahl von Systemhäusern, die die All-IP-Umstellung am liebsten rückgängig machen würden. Holger Bachert kann das nicht verstehen, der Comtel-Systemhaus-Chef sieht im Aus für ISDN eine große Chance auf höhere Umsätze – sowohl bei Bestandskunden als auch bei Neukunden. Im Interview mit Telecom Handel berichtet er, wie sein Sales-Team bei der Akquise vorgeht, welche Marketingprojekte gut funktionieren und von welchen Maßnahmen er heute lieber die Finger lässt.

Herr Bachert, die All-IP-Umstellung ist das beherrschende Thema in unserer Branche. Doch wie steht es mit Ihren Kunden, ist die ISDN-Abschaltung dort eigentlich schon angekommen?
Holger Bachert: Die meisten Kunden haben davon gehört, doch nur wenige sprechen uns aktiv darauf an. Und bislang liegt die Zahl unserer Kunden, die bereits mi­griert sind, im niedrigen einstelligen Prozentbereich.

Eigentlich eine Riesenchance für Sie als Systemhaus-Chef …
Bachert: Das stimmt, da ist noch viel Potenzial für uns. Obwohl einige Netzbetreiber ja damit werben, ISDN bis 2022 zu unterstützen, das sorgt bei manchen Kunden für Verunsicherung. Doch für uns ist die All-IP-Umstellung – neben der Cloud – das wichtigste Akquise-Thema.

Und wie ist dabei Ihre Strategie?
Bachert: Unser Akquise-Team ruft schon seit dem vergangenen Jahr systematisch alle Bestandskunden an, um mit den Kunden über dieses Thema zu sprechen. Ziel ist natürlich, einen Termin zu vereinbaren. Klappt es beim ersten Versuch nicht, wird nach einigen Monaten noch einmal nachgehakt – bis schließlich das Gespräch zustande kommt.
Wird das den Kunden nicht lästig?
Bachert: Nein, in der Regel nicht. Unser Grundgedanke ist: Wir wollen bei unseren Kunden als Dienstleister und Servicepartner, als Kümmerer in Erinnerung bleiben. Im besten Fall haben wir vorab einen Termin – oder der Kunde ruft uns dann an, wenn er Post von der Telekom bekommen hat. Ein weiterer Nebeneffekt ist: Die Kunden sind uns wohl gesonnen, andere Systemhäuser oder Netzbetreiber tun sich dann schwer, sie abzuwerben. Und natürlich ist die ISDN-Abschaltung auch bei Neukunden ein echter Türöffner.

Wie gehen Sie hier genau vor?
Bachert: Wir starten regionale Telefonaktionen, zum Teil haben wir aber auch branchenspezifische Kampagnen, und unser Team ruft beispielsweise Kunden aus dem Healthcare-Bereich an. Das Vorgehen unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der ‚normalen‘ Akquisition abseits von der All-IP-Migration. Doch wir haben unsere Vertriebsaktivitäten in den vergangenen Monaten deutlich ausgebaut. Derzeit arbeiten zusammengerechnet 4,5 Vollzeitkräfte im Akquise-Team und wir bauen es beständig weiter aus. Natürlich wurden und werden alle Mitarbeiter geschult. In regelmäßigen Team-Meetings besprechen wir zudem die laufenden Aktionen, analysieren die Gespräche und bessern nach, wo es nötig ist.

Webcasts mit guter Resonanz

Flankierend zur Telefonakquise veranstalten Sie auch Webcasts …
Bachert: Wir haben bislang drei Webcasts zur All-IP-Umstellung gemacht und setzen diese Serie jetzt fort. Die Resonanz ist gut, anders als bei Hausmessen. Diese hatten wir im vergangenen Jahr getestet, sie kamen bei den Kunden allerdings nicht so gut an, die Resonanz war gering. Da lohnt sich der Aufwand nicht; doch einen Versuch war es auf jeden Fall wert.

Können Sie schon eine Tendenz ausmachen? Präferieren die Kunden die einfache Form der Migration und setzen beispielsweise ein Gateway vor ihre alte Anlage? Oder nutzen Kunden die Chance, ihre Systeme komplett aufzurüsten?

Bachert: Viele Kunden bevorzugen einfache Lösungen, das hängt aber auch von der Branche ab. Ein Betreiber von einem Se­niorenheim oder einem Krankenhaus hat oft nicht die Ressourcen, um neue Notrufsysteme auf IP-Basis anzuschaffen. Hier setzen wir meist Gateways – wir nennen sie Blackboxes – ein, die die beiden Welten zusammenführen. Wir haben auch Entwickler im Team, die maßgeschneiderte Lösungen, etwa für Fax, EC-Cash oder Türschließanlagen, anbieten können. Voraussetzung dafür ist, dass wir bei jedem Kunden die vorhandene Infrastruktur genau analysieren können, damit der Übergang reibungslos funktioniert.

Ein großer Aufwand ... Stellen Sie diese Analyse in Rechnung?
Bachert: Nein, und ich denke auch, dass kaum ein Kunde dies bezahlen würde. Wir sehen das vielmehr als große Chance, denn in der Regel bleibt uns der Kunde dann auch erhalten …

… und Sie können auf diesem Weg auch Möglichkeiten für Zusatzgeschäfte ausmachen.
Bachert: Auf jeden Fall, wir haben damit einen viel tieferen Ansatz in der Beratung. Der Kunde möchte ja in der Regel nichts Neues kaufen, aber er will Mehrwerte bekommen. Und die können wir ihm nur nach einer genauen Analyse seiner Prozesse und auch der Infrastruktur vorschlagen. Und dann investiert so mancher Kunde, der eigentlich nur ein Gateway für seine alte Anlage im Plan hatte, doch in ein neues System.

Druck der Wettbewerber ist größer geworden

Spüren Sie denn auch den Druck der Wettbewerber? Schließlich springen fast alle auf den All-IP-Zug auf und versuchen damit, ihre Umsätze zu steigern ...
Bachert: Der Wettbewerb ist schärfer geworden, keine Frage. Es herrscht Goldgräberstimmung am Markt. Vor allem Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern spielen unserer Erfahrung nach häufig mit dem Gedanken, ihre Kommunikation in die Public Cloud auszulagern. Einerseits um flexibler zu sein, andererseits aber auch um Kosten zu sparen.

Bieten Sie denn auch selbst eine IP-Centrex-Lösung an?

Bachert: Wir sind seit März als IP-Centrex-Anbieter aktiv und nutzen dafür eine White-Label-Lösung der Deutschen Telefon Standard. Uns war es wichtig, für alle Bedürfnisse und Kundenwünsche ein Angebot in petto zu haben, gleichgültig ob in der Private oder der Public Cloud.

Wie unterstützen die Hersteller diese Marketingaktivitäten? Sie arbeiten primär mit Avaya und Mitel zusammen ...
Bachert: Das ist unterschiedlich, manche stellen Broschüren, Flyer oder generell Infomaterial zur Verfügung oder haben spezielle Sales-Teams für dieses Thema gegründet. Andere sind hier nicht ganz so gut aufgestellt.

Manche Hersteller bieten zur All-IP-Umstellung Sonder-WKZ. Ihre Partner auch?
Bachert: Nein, hier haben wir noch keine Angebote bekommen.




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