Das neue iPad im Test 02.04.2012, 12:14 Uhr

Ein sichtbarer Fortschritt

Mit einem neuen extrem hochauflösenden Display mit 2.048 x 1.536 Bildpunkten geht die nächste Generation des Apple-Tablets an den Start. Die sonstigen Änderungen halten sich aber in Grenzen.
Manche Hersteller basteln noch an ihren ersten Tablets, da schickt Apple bereits die dritte Generation seines iPad ins Rennen. Sie trägt statt iPad 3 oder iPad 2S schlicht und einfach wieder den Namen „iPad“, was bei Uneingeweihten für Verwirrung sorgen dürfte, da das nun ältere Modell iPad 2 zu etwas günstigeren Preisen weiter verkauft wird.
Doch Apple-Fans wissen natürlich, dass es ein neues iPad gibt, wie die ersten Verkaufszahlen belegen: Nach eigenen Angaben verkaufte Apple über das erste Wochenende drei Millionen Stück und damit mehr als zum Start der bisherigen Modelle. Und das, obwohl es zunächst nur in zehn Ländern verfügbar war und online Lieferzeiten von ein bis zwei Wochen auftreten. Auch der deutsche Apple-Spezialist Gravis berichtet von Bestellungen und Käufen in Höhe von fünf Millionen Euro innerhalb der ersten 72 Stunden in seinen Filialen und online.
Gute Voraussetzungen also, dass Apple die Marktführerschaft bei den Tablets behält. Im Moment stammen rund zwei Drittel der verkauften Geräte vom kalifornischen Konzern. Doch wie immer stellt sich die Frage, was das neue Modell eigentlich besser kann und ob sich ein Umstieg lohnt.
Die Hülle ändert sich nicht
Was das Äußere betrifft, ist alles beim Alten geblieben. Apple hat am bewährten Gehäuse nichts verändert, auch das neue Modell kommt in Schwarz oder Weiß mit silberner Rückseite. Während mancher den fehlenden optischen Fortschritt bemängeln mag, hat er doch einen Vorteil beim Zubehör wie dem Smart Cover, das auch vom alten Modell noch passt.
Seinen Standardstecker, den „Dock Connector“ an der Unterseite, hat Apple nämlich auch nicht verändert. Das neue iPad ist 0,6 Millimeter dicker als der Vorgänger, aber immer noch dünner als das erste Modell. Die Tiefe des Geräts von 9,4 Millimetern bewegt sich im Rahmen der Konkurrenten der 10-Zoll-Klasse. Mit seinen 662 Gramm hat das kleine Schwergewicht gegenüber dem Vorgänger rund 50 Gramm zugelegt.

Scharf, schärfer, Retina

Die Überraschung bleibt also zunächst aus, doch das ändert sich nach dem Einschalten. Denn das neue Display ist ein echter Fortschritt: Musste sich schon der Vorgänger mit dem sogenannten Retina-Display mit 1.024 x 768 Pixel nicht verstecken, legt Apple beim Neuling nach und bietet mit 2.048 x 1.536 Pixeln die derzeit höchste Auflösung eines Tablets überhaupt und ein Drittel mehr als bei einem HD-Fernseher.
Die Größe der Anzeige von 9,7 Zoll hat sich dabei nicht verändert.
Bei genauer Betrachtung ist die Qualität des Displays einfach exzellent: Das Auge kann keine einzelnen Pixel mehr wahrnehmen und man erkennt plötzlich Details im Bildhintergrund. Besonders deutlich fällt die Qualität bei elektronischen Büchern auf, die wie gedruckt wirken. Auch die Farben werden sehr leuchtend und realistisch wiedergegeben. Einziges Manko sind leider die Spiegelungen, die auch Apple nicht eliminieren konnte.
Den durch die optische Opulenz gestiegenen Strombedarf fängt der Hersteller durch einen fast doppelt so üppig dimensionierten Akku mit 42,5 Wattstunden auf, sodass sich an der Wiedergabezeit von zehn Stunden bei der Mediennutzung nichts geändert haben soll. Das Laden über USB dauert allerdings Stunden. Im Test hatten wir zudem den Eindruck, dass die Laufzeit geringer als zehn Stunden ist, trotzdem hält das iPad immer noch länger durch als viele Konkurrenten.
Ganz schön schnell
Die Prozessorleistung hat Apple nach eigenen Angaben weiter gesteigert, die genauen Taktraten des neuen A5X-Dualcore-ChipSets gibt der Hersteller aber nicht an. Vier Kerne sollen allein den Grafikchip beschleunigen, der 3,1 Millionen Pixel verarbeiten muss. Das bereitet offenbar kein Problem, auch wenn die Unterschiede zum ohenhin nicht langsamen iPad 2 kaum erkennbar sind. Wenn die Programmierer verstärkt spezielle Apps, die das Potenzial des neuen Modells ausnutzen, entwickeln, wird sich das aber wohl ändern. Spiele wie Asphalt 6 sehen jedenfalls schon richtig gut und schnell aus.
Verbessert hat Apple auch die fotografischen Fähigkeiten seines Tablets. So hat die rückwärtige Kamera jetzt fünf Megapixel statt nur bescheidene 0,7 wie beim Vorgänger. Laut Apple entspricht sie in etwa der Kamera des iPhone 4. Außerdem sind bei den Funktionen ein Autofokus und eine Gesichtserkennung dazugekommen, einen Blitz gibt es aber immer noch nicht. Die sehr hohe Qualität des iPhone 4S erreichen die Schnappschüsse nicht, auf dem Display wirken sie etwas grobpixelig. Zudem ist ein 662-Gramm-Tablet kaum das handlichste Gerät für Möchtegern-Paparazzi. Die Frontkamera zur Videotelefonie mit Face Time über dem Display hat weiterhin nur die bescheidene VGA-Auflösung und lässt Gesprächspartner sehr grobpixelig erscheinen.
Videos dreht das iPad nun hochauflösend mit 1.080p. Da auch noch eine Funktion zum Stabilisieren beim Filmen dazugekommen ist, erscheint die Qualität hier deutlich besser als früher.  Richtig gut sehen vor allem importierte Media-Inhalte auf dem neuen iPad aus: Während der Vorgänger Bilder noch auf seine Display-Auflösung von 1.024 x 768 Pixel heruntergerechnet hat, zeigt das neue iPad Fotos mit bis zu 18 Megapixel Auflösung und erlaubt auch, diese etwa mit der neuen App iPhoto auf dem Tablet zu bearbeiten.

Der Speicher ist begrenzt

Bei der Frage, was dem neuen iPad fehlt, kommt wie bei Vorgängern vor allem der fehlende Slot für eine Speicherkarte als Antwort. Käufer der 64-GB-Version werden die Erweiterungsmöglichkeit eher nicht vermissen, doch speziell beim Basismodell mit 16 GB könnte es beim intensiven Konsum und Speichern multimedialer Dateien knapp werden – zumal mit der Auflösung auch die Datenmenge zunehmen wird. Apple verweist hier auf die kostenlose Nutzung der iCloud als potenzielles Datenlager, aber das will ja nicht jeder nutzen, zumal die Wolke im Ausland ein teurer Spaß werden kann.
Mit Abwesenheit auf dem neuen iPad muss leider auch Siri glänzen: Die innovative, aber manchmal bockige Sprachsteuerung hat Apple dem Tablet erspart. Und auch telefonieren kann man selbst mit den mit Mobilfunk ausgelieferten Varianten nicht direkt.
Und schließlich gibt es noch das leidige Thema der Datenübertragung: Auch wenn die deutschen Geräte mit LTE ausgeliefert werden, funktionieren sie doch in den hiesigen Netzen nicht mit dem Datenturbo. Denn die US-Frequenzen 700 und 2.100 MHz, die das iPad unterstützt, sind hierzulande nicht vergeben, stattdessen wären die Bänder um 800 MHz und 2.600 MHZ nötig. Mit HSPA+ erreicht das Tablet immerhin theoretisch bis zu 21 MBit/s im Downlink, bei DC-HSDPA sind es 42 MBit/s.
Das reicht allemal zum schnellen Surfen, zumal der Safari-Browser beim Seitenaufbau zügig zu Werke geht. Doch viele Käufer werden wohl aus Kostengründen auf die reine WLAN-Version zurückgreifen, die es mit 16 GB Speicher ab 479 Euro gibt, und sich die 120 Euro mehr für das Mobilfunkmodul sparen. Das 64-GB-Topmodell mit 4G schlägt immerhin mit 799 Euro zu Buche. Als Alternative bietet Apple auch noch das iPad 2 für 399 Euro an – allerdings nur mit 16 GB.
Ein US-Import kann sich vor allem beim kleinen Modell mit 16 GB lohnen, das dort mit WLAN 499 Dollar (rund 380 Euro) kostet, da hier noch nicht die Verzollungsgrenze von 430 Euro zum Tragen kommt. Das Spitzenmodell kostet 829 Dollar (rund 625 Euro), hier fallen allerdings noch 19 Prozent Steuer bei der Einfuhr an.
Das ist in jedem Fall viel Geld und ein Upgrade vom Vorgänger nicht unbedingt wert, auch wenn das neue Display ein echter Hingucker ist. Wer dagegen jetzt angesichts günstigerer Preise für das iPad 2 erstmals in Versuchung gerät, ein Apple-Tablet zu kaufen, der sollte lieber gleich das neue Modell nehmen, denn ein Aufpreis von 80 Euro scheint durchaus vertretbar. Den Tablet-Maßstab setzt Apple mit dem neuen iPad auf jeden Fall wieder – es bleibt abzuwarten, ob die neuen Quadcore- und HD-Konkurrenten mit Android den König im Laufe des Jahres entthronen können. 




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