Marktreport Ökostrom 29.07.2010, 11:25 Uhr

Grüner Strom für alle

Bis 2050 soll der gesamte Strom für Deutschland aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden. Fast jeder Anbieter hat zumindest dem Namen nach „Ökostrom“ im Portfolio - umweltfreundlich ist dieser allerdings nicht immer.
Wir schreiben das Jahr 2050. Ganz Deutschland bezieht seinen Strom aus erneuerbaren Energien. Ganz Deutschland? Ganz Deutschland! So lautet zumindest die Prognose des Umweltbundesamtes in einer jüngst vorgelegten Studie. Ein ehrgeiziges Ziel, das man sich da gesteckt hat, denn die Realität im Jahr 2010 sieht bislang wenig rosig aus: Von den im vergangenen Jahr in Deutschland erzeugten 597 Milliarden Kilowattstunden kamen gerade einmal 16 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Biomasse, Wasser oder Solar.
Den Löwenanteil an der Energiegewinnung machen hierzulande immer noch die Braunkohlekraftwerke aus, gefolgt von Atom- und Steinkohlekraftwerken. Die erfreuliche Nachricht: Seit einigen Jahren nimmt der Anteil des Ökostroms stetig zu. Doch auch wenn immer mehr Energie aus erneuerbaren Quellen kommt, so wissen die meisten Verbraucher doch nicht, um was es sich bei dem „grünen Strom“ eigentlich handelt.
Wind, Biomasse, Wasser und Sonne
Der mit Abstand größte Energielieferant in diesem Bereich sind die Windparks, die 2009 insgesamt sieben Prozent des deutschen Bedarfs deckten. Durch die Verbrennung von Biomasse wurden vier Prozent des Stromverbrauchs abgedeckt, Wasserkraftwerke steuerten drei Prozent bei. Einen eher geringen Anteil haben Solarstrom aus Photovoltaikanlagen und die Müllverbrennung mit jeweils einem Prozent.

Öko ist nicht gleich öko

Zu den Anbietern von ökologischem Strom zählen unter anderem die Naturstrom AG, Greenpeace Energy und LichtBlick. Doch auch viele der großen Energiekonzerne sowie einige Stadtwerke bieten ihren Kunden „Ökostrom“ an. Aber wie können diese Anbieter auch ohne entsprechende Kraftwerke grünen Strom verkaufen? Oft tun sie das gar nicht, der Kunde zahlt für Strom aus konventionellen Quellen einfach ein paar Cent mehr, und die Anbieter unterstützen mit diesen Einnahmen die Entwicklung und den Ausbau von erneuerbaren Energien.
Eine andere, von Umweltorganisationen stark kritisierte Methode ist der Kauf von Labels für ökologischen Strom. So können Unternehmen seit 2001 ihren konventionellen Strom mit einem Öko-Label versehen, wenn gleichzeitig ein Öko-Anbieter – unter Umständen sogar aus einem anderen Land – dieselbe Menge seines grünen Stroms als Standard-Strom deklariert und seinen Ökostrom-Anteil inklusive Label quasi „verkauft“. Die Kritik der Umweltorganisationen: De facto wird so der Ökostrom-Anteil in Deutschland nicht erhöht, die Anbieter gaukeln dem Kunden den ökologischen Hintergrund nur vor.
Für den Kunden ändert sich rein physikalisch nichts, ganz egal ob er ökologischen Strom bezieht oder den Standard-Stromtarif nutzt. Denn sämtlicher Strom kommt aus dem sogenannten Stromsee. Bildlich gesprochen fließt in diesen See der Strom von allen Kraftwerken. Die Energiemenge, die Industrie und Privatpersonen verbrauchen, müssen die Anbieter eins zu eins wieder einspeisen, um den Wasserpegel des Sees stets auf demselben Niveau zu halten.

Speicherplatz gesucht

Speicherplatz gesucht
Und das ist gerade mit Ökostrom nicht immer einfach. Tritt in einem Gebiet mit vielen Windkrafträdern beispielsweise ein unerwartet lange anhaltender starker Wind auf, so produzieren diese überdurchschnittlich viel Energie. Nicht immer gibt es dafür aber auch den Bedarf, und so muss der Anbieter an der Strombörse in Leipzig möglichst schnell einen Abnehmer finden. Der Preis pro Kilowattstunde fällt dadurch natürlich, eine zeitweise Abschaltung der Anlage käme den Windparkbetreiber jedoch weitaus teurer. Je mehr Energie also aus den teils schlecht kalkulierbaren Quellen wie Wind oder Sonne gewonnen wird, desto wichtiger sind Möglichkeiten, eventuell überschüssige Energie für einen gewissen Zeitraum speichern zu können, um ihn den Verbrauchern später zur Verfügung stellen zu können.
Bislang werden dafür fast ausschließlich Pumpspeicherkraftwerke genutzt. Dabei wird Wasser mithilfe des überschüssigen Stroms in höher gelegene Speichertanks gepumpt, und bei Bedarf fällt dieses Wasser wieder nach unten und treibt dabei Turbinen an, die wiederum Strom erzeugen. Für die Zukunft würde die Kapazität dieser Speicherkraftwerke aber nicht ausreichen, deshalb wird seit einiger Zeit an anderen Lösungen gearbeitet.
Noch ist der Anteil an Energie aus erneuerbaren Quellen jedoch eher gering, das Anliegen der Ökostromanbieter und auch des Umweltbundesamtes ist es, diesen stetig zu erhöhen. Erklärtes Ziel ist es laut dem Präsidenten des Umweltbundesamtes Jochen Flasbarth, den CO2-Ausstoß der Energiekraftwerke von derzeit 40 Prozent des Gesamtausstoßes in Deutschland auf praktisch null zu reduzieren.



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