Retourenmanagement 22.06.2012, 11:39 Uhr

So vermeiden Sie die häufigsten Probleme

Die Rücksendung von Ware geht nicht immer reibungslos vonstatten. Online-Tools der Distributoren vereinfachen die Abwicklung von Retouren am PoS.
(Quelle: Paulus Nugroho, Fotolia)
Wo vor nicht allzu langer Zeit noch ein Rücksendeschein per Telefon oder Fax angefordert werden musste, stellen heute die meisten Distributoren ihren Fachhandelspartnern ein Online-Tool für die Abwicklung von Retouren zur Verfügung.
Dieses generiert nach Eingabe der Eckdaten automatisch eine Return Merchandise/Material Authorization Nummer (RMA). Der Rücksendeschein steht wenig später zum Download bereit oder kommt per Mail. Beim Distributor eingegangen, wird die Rücksendung überprüft und der Vorgang in der Regel innerhalb von 24 bis 72 Stunden abgewickelt.
Jeder Händler kennt das Prozedere, doch nicht jeder macht immer alles richtig – was in der Praxis zu Verzögerungen führen kann. Telecom Handel hat bei den Distributoren nachgefragt, wie Sie Probleme vermeiden können. „Zur schnellen Bearbeitung ist eine Kennzeichnung mit der RMA-Nummer nötig“, sagt Lutz Krause, Leiter Logistik bei Eno Telecom. Zudem ist es wichtig, möglichst viele Informationen zum Retourenfall anzugeben. Dazu gehören die Kunden- und Rechnungsnummer. Auch korrekte Angaben zu Art und Anzahl der Artikel sowie eine genaue Fehlerbeschreibung und Begründung der Rückgabe sind Pflicht.
„Wird die Ware komplett eingeschickt, steht der zügigen Abwicklung einer Retoure nichts im Weg“, so Krause. Wie wichtig es ist, die Ware in genau dem Zustand einzuschicken, der vorab angemeldet wurde, bekräftigt auch Herbert Hufsky, Executive Director Operations EMEA bei Ingram Micro: „Verzögerungen bei der Bearbeitung können durch unvollständig zurückgesendete Waren, zum Beispiel wenn das Zubehör fehlt, entstehen.“

Neuwaren- oder Defektgeräteretoure

Fehlendes Zubehör und beim Transport beschädigte oder bereits geöffnete Verpackungen sind insbesondere bei Neuwarenretouren problematisch: Die Abwicklung dauert länger und der Händler muss zudem mit saftigen Abschlägen beim Erstattungsbetrag rechnen, wenn die vermeintliche Neuware nur noch als B-Ware weiterverkauft werden kann.
Beim fränkischen Distributor Brodos, der seinen Handelspartnern viele Geräte auf Kommission zur Verfügung stellt, können fehlerhafte Neuwarenretouren sogar einen Ausschluss aus dem Kommissionswaren­konzept zur Folge haben, berichtet Stefan Vitzithum, COO von Brodos im Gespräch mit Telecom Handel. Außerdem spielt der Zeitraum, innerhalb dessen die Ware wieder an den Distributor zurückgegeben wird, bei Neuwarenretouren eine Rolle. In der Regel räumen die Großhändler eine Rückgabefrist ein, wird diese überschritten, so ist ein Abschlag fällig.
Doch stationäre Fachhändler und Distributoren sind nicht nur mit Neuwarenretouren konfrontiert, wie bei einer Falschlieferung oder nach versehentlicher Bestellung einer zu großen Artikelmenge. Am PoS kommen auch ­Defektwarenretouren wie „Dead on Arrival“ (DOA), Garantie- und Gewährleistungsfälle an. Dabei ist es entscheidend, dem Großhändler so eindeutig wie möglich mitzuteilen, um welche Form von Retoure es sich handelt. Liegt der Fehler beim Distributor, der versehentlich den falschen Artikel oder die verkehrte Anzahl ausgeliefert hat, so übernimmt der Grossist die Kosten für die Rücksendung.
Handelt es sich um Reparaturen oder Gewährleistungen, so kann die Bearbeitung komplizierter sein: Immer mehr Hersteller wickeln diese Retouren über eigene Service- und Repair-Center ab oder haben entsprechende Verträge mit Dienstleistern. In diesem Fall muss die Ware häufig direkt an den Hersteller – oder Serviceprovider – eingeschickt werden. Einige Distributoren verfügen wiederum über eigene Reparaturzentren oder schicken defekte Artikel ihrerseits an Reparaturdienstleister weiter.
Auch hier erleichtern die webbasierten RMA-Tools das Retournieren: „Das System von Also Actebis prüft automatisch die Retourenmodalitäten und informiert den Händler darüber, ob ein Defekt über den Distributor oder den Hersteller abgewickelt werden muss“, berichtet Frank Risken, der bei Also Actebis den Bereich Customer Service leitet. Neben Preis, Verfügbarkeit und Lieferfähigkeit sei mittlerweile die Kulanz bei der Abwicklung von Retouren ein Kriterium bei der Auswahl eines Distributors, so Risken.

Retouren: Chance oder Fluch?

Zwar erleichtern Online-Tools heute die Bearbeitung von Rücksendungen erheblich – doch es fallen immer mehr Retouren an. Grund dafür sind nicht zuletzt die stetig steigenden Absatzzahlen über den Online-Kanal – und die im Fernabsatzgesetz festgelegten Rückgabe- und Widerrufsfristen für die Endkunden. Dies wiederum kann zum ­Problem für den Händler werden, da durch jede Warenrückgabe auch Kapital gebunden und im schlimmsten Fall die Liquidität gefährdet wird.
Björn Asdecker, der an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg die Forschergruppe Retourenmanagement leitet, sieht dennoch in jeder Rückgabe auch eine Chance: „Retouren stellen sowohl im stationären, als auch im Online-Handel immer einen Kundenkontakt her.“ Dies gebe dem Fachhändler die Möglichkeit, sich kundenfreundlich und serviceorientiert zu präsentieren. Verfolgt der Reseller eine Multi­channel-Strategie, so empfiehlt Asdecker, kanalübergreifend die gleichen Regelungen einzuführen und diese – wenn möglich – an die eigene Marktsituation und Verkaufsstrategie anzupassen. Wichtig sei, dass die Rückgaberichtlinien für alle Kunden klar ersichtlich gemacht würden. Dies könne allen Beteiligten im Retourenfall viel Aufwand und Ärger ersparen.
Ein weiterer Tipp des Forschers: „Sammeln Sie alle Informationen, die Sie aus einer Retoure gewinnen können. Erfassen Sie beispielsweise die Gründe, aus denen Waren zurückgegeben werden. Diese Informationen sind bares Geld wert.“ Denn nur so können „schwarze Schafe“ – sowohl auf der Kunden-, als auch auf der Herstellerseite – identifiziert werden.
Alle Händler, die eine Multichannelstrategie verfolgen und schon negative Erfahrungen mit betrügerischen Retouren gemacht haben, können an der aktuellen Online-Umfrage der Forschergruppe Retourenmanagement zum Thema "Missbrauch des Widerrufsrechts im Versandhandel" teilnehmen.



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