Forderungsmanagement 22.03.2010, 15:34 Uhr

Die Außenstände unter Kontrolle

Viele Unternehmen im Mittelstand unterschätzen das Risiko hoher Forderungsbestände - denn unbezahlte Rechnungen der Kunden schaden der Liquidität des Unternehmens. Telecom Handel gibt Tipps und Tricks rund um das Thema Forderungsmanagement.
Eigentlich laufen die Geschäfte ganz gut, die Auftragslage ist sogar deutlich besser als noch vor einem Jahr – dennoch macht mir meine Hausbank Schwierigkeiten bei Kreditverhandlungen“, berichtet der Geschäftsführer eines Nürnberger Systemhauses. Der Vorwurf der Bank: Die Liquidität des Unternehmens ist, trotz voller Auftragsbücher und einer respektablen Kostenstruktur, schlecht. Der Grund: Die Kunden zahlen erst viel zu spät ihre Rechnungen. Ein Einzelfall? Keineswegs.
Zwar hat die Wirtschaftskrise bislang nicht zu einer dramatischen Verschlechterung des Zahlungsverhaltens geführt, doch die Rechnungen werden schleppender bezahlt als vor der Krise, zudem müssen Lieferanten häufiger als in der Vergangenheit Forderungen abschreiben, so das Resümee des ZaC-Index der Creditreform.
Nachlässigkeit hat ihren Preis
Dabei sind nicht immer nur die Kunden schuld an der Misere. Oftmals sind die Probleme auch hausgemacht: Noch immer stellen viele Unternehmen ihre Rechnung für erbrachte Dienstleistungen erst Wochen nach Abschluss der Arbeiten. Zahlt der Kunde dann nicht innerhalb der vereinbarten Frist, so zögern viele zudem, den fälligen Betrag beim Kunden anzumahnen. Wann ist die zweite Mahnung fällig, und was ist zu tun, wenn der Kunde dann immer noch nicht reagiert?
Für diese Abläufe – im Fachjargon auch Eskalationsstrategie genannt – gibt es nur selten klare Regeln in Unternehmen. Und schließlich scheuen sich viele, ihre Kunden zu verärgern, wenn sie im Mahnwesen forscher durchgreifen oder aber einen externen Inkasso-Dienstleister beauftragen, der in ihrem Auftrag ihre Forderung geltend machen soll.

Forderungsmanagement: Die Außenstände unter Kontrolle

All das sind laut Michael Bretz häufige Fehler, gerade in mittelständischen Unternehmen, die allesamt eine gemeinsame Basis haben: „Viele unterschätzen die negativen Folgen eines hohen Forderungsbestandes auf die Liquidität und damit auf die unternehmerische Handlungsfähigkeit eines Betriebes“, warnt Bretz, der Mitglied der Geschäftsleitung beim Verband der Vereine Creditreform ist.
Unternehmen, die von sich aus kein straffes Forderungsmanagement an den Tag legen, stellen sich zudem selbst ein schlechtes Zeugnis aus. „Jeder seriöse Kunde wird – schon aus eigener Erfahrung – Verständnis haben, wenn ein Gläubiger sich bei der Bedienung seiner Forderungen nicht ewig hinhalten lässt“, ergänzt Daniel Oswald, Geschäftsführer der H&P Forderungsmanagement in Dresden. Doch wie kommen Unternehmen am schnellsten an ihr Geld?
Die richtige Mischung zählt
„Der Königsweg, um Zahlungsausfälle von vornherein zu minimieren, besteht aus einer Mischung aus Vorsorge und einem straffen Forderungsmanagement“, erläutert Bretz. Vor einer neuen Kundenbeziehung, egal ob Privatperson oder Firma, sollten sich Unternehmer ein Bild von der Bonität des potenziellen Kunden machen. Informationen dazu gibt es von Wirtschaftsauskunfteien.
Fällt die Auskunft negativ aus, so muss der Unternehmer selbst entscheiden, ob er trotzdem eine Kundenbeziehung aufbauen möchte – er sollte allerdings das Riskio genau kalkulieren, das gilt vor allem bei größeren Projekten. Bleiben später trotz aller Vorsicht Rechnungen offen, so heißt die Devise: Schnell handeln.

Forderungsmanagement: Die Außenstände unter Kontrolle

Dann gilt es, Kunden durch eine Mahnung so schnell wie möglich in Verzug zu setzen – und am besten schon vorab auf der Rechnung einen konkreten Termin für den Zahlungseingang zu nennen. Fehlt dieser Termin auf der Rechnung, so gilt die gesetzliche Frist von 30 Tagen – „und die ist eindeutig die schlechteste“, mahnt Bretz.
Bei aller Härte ist allerdings auch Fingerspitzengefühl gefragt: Je wichtiger ein Kunde ist und je größer die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Aufträge, desto behutsamer sollte er auf seine Zahlungsverpflichtung aufmerksam gemacht werden. Hilft alles nicht, kann der Gläubiger entweder ein Mahnverfahren bei Gericht einleiten oder aber einen Inkasso-Unternehmer beauftragen.
Wichtig dabei ist: Nur Fremdkosten wie beispielsweise die Bearbeitungsgebühr des Inkasso-Unternehmens oder des Gerichts sind laut BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erstattungsfähig, für seinen persönlichen Einsatz hat der Gläubiger keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den Schuldner. Wer also zu viel Zeit in sein Forderungsmanagement steckt, zahlt unter Umständen sogar doppelt drauf: Er verliert wichtige Stunden, die er eigentlich seinem Kerngeschäft widmen sollte, und letzten Endes sieht er doch keinen Euro von dem säumigen Schuldner. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, über das Outsourcing des Forderungsmanagements nachzudenken.

Forderungsmanagement: Die Außenstände unter Kontrolle

Alternative Outsourcing
Dies ist auch sinnvoll, wenn die Höhe der Außenstände die unternehmerische Handlungsfähigkeit einschränkt, sei es, weil die Liquidität für erforderliche Investitionen fehlt oder weil die Hausbank aufgrund der Forderungshöhe im Jahresabschluss Kreditzusagen ablehnt. Die kritische Marke liegt bei Forderungsverlusten von mehr als einem Prozent vom Umsatz des Unternehmens, so eine weitere Faustregel.
Anders formuliert: Entscheidend ist nicht so sehr der Umsatz eines Unternehmens als vielmehr die Relation zwischen Umsatz und offenen Forderungen. Das Outsourcing bietet sich laut Daniel Oswald aber auch immer dann an, wenn entweder die personellen Ressourcen fehlen, der dahinter stehende Kostenapparat sehr groß ist oder das bisherige eigene Forderungsmanagement nicht effektiv genug arbeitet. „Forderungsmanagement ist für viele Unternehmer ein zwar notwendiger, aber ungeliebter Bereich des Geschäfts“, so Oswald weiter.
Die Kosten für diese Dienstleistungen setzen sich in der Regel aus einer Bearbeitungsgebühr, internen Auslagen, beispielsweise für Telefonate und Schreiben, sowie externen Auslagen wie Adressermittlung und Gerichtskosten zusammen. Wichtig dabei ist: Diese Bestandteile gehören zum Verzugsschaden und sind vom Schuldner zu erstatten. Die Provisionshöhe wiederum richtet sich nach Art, Anzahl und Höhe der Forderungen. Manche Dienstleister wie etwa H&P Forderungsmanagement bieten das Outsourcing auch als Inhouse-Lösung an, der Kunde bemerkt dabei nicht, dass ein Dienstleister zwischengeschaltet ist.
Eine Alternative zum Outsourcing ist das Factoring, bei dem die Forderungen regelmäßig an einen Dienstleister, den Factor, verkauft werden – auch das erhöht die Liquidität. Sicher ist, es gibt viele Möglichkeiten, das Forderungsmanagement zu verbessern, man muss sie nur nutzen.

Checkliste: So kommen Reseller schneller an ihr Geld

  • Bonität des Kunden prüfen: Unternehmen sollten regelmäßig die Zahlungsfähigkeit ihres Kunden prüfen, Auskunft geben Wirtschaftsauskunfteien wie Schufa, Creditreform etc.
  • Rechnungen zügig schreiben: Obwohl es für viele eine leidige Pflicht ist, sollten Rechnungen sofort nach Fertigstellung des Auftrags oder der Lieferung geschrieben werden. Wichtig ist der Hinweis auf einen konkreten Zahlungstermin – fehlt dieser, so gilt die gesetzliche Frist von 30 Tagen.
  • Skonto: Kunden zahlen oft schneller, wenn sie dafür belohnt werden. Es rechnet sich, ihnen diesen Anreiz – beispielsweise zwei Prozent Skonto bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen – zu bieten.
  • Zahlungseingang prüfen: Mit einem Ordnungssystem – als einfachste Version dient ein Rechnungsbuch – können Unternehmer leicht prüfen, wann welche Rechnungen fällig sind. Diese Daten müssen regelmäßig mit dem Kontostand abgeglichen werden.
  • Zahlungserinnerung: Nach Ablauf der vereinbarten Zahlungsfristen sollten Unternehmer sofort handeln und ein freundliches Erinnerungsschreiben an den Kunden schicken.
  • Mahnungen: Bleibt die Zahlungserinnerung ohne Erfolg, folgt eine weitere Mahnung im höflichen Ton – effektiver ist es oft, den Kunden anzurufen, ihn höflich, aber bestimmt, an die offene Rechnung zu erinnern und eine klare Vereinbarung mit dem Schuldner zu treffen. Wichtig ist, diese Absprache schriftlich zu bestätigen. Bleibt auch diese Erinnerung erfolglos, so folgt eine zweite Mahnung, die im Stil ernster und dringender gehalten ist. Auch sie muss eine zweite Frist (üblich sind zehn Werktage) enthalten. Weiteren Druck macht die Ankündigung von Konsequenzen, beispielsweise ein gerichtliches Mahnverfahren.
  • Noch immer kein Geld? Dann können Unternehmen ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten oder ein Inkasso-Unternehmen mit dem Eintreiben der Forderung beauftragen. Nur in Ausnahmefällen kann es sinnvoll sein, mit dem Kunden eine Ratenzahlung zu vereinbaren.
  • Alternative Outsourcing: Manche Unternehmen gehen dazu über, das komplette Forderungsmanagement oder nur Teile an Dritte zu übertragen. Eine weitere Möglichkeit ist das Factoring, der Verkauf von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen.