Krankheitsbedingte Fehlzeiten 22.08.2012, 16:05 Uhr

Eine bittere Pille

Krankheitsbedingte Fehlzeiten sind ein heikles Thema: Telecom Handel erklärt die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.  
(Quelle: Sstockshoppe - Fotoliacom)
Asthma, Rückenschmerzen oder schlicht eine Grippe, die Liste der Krankheiten ist lang – und vor allem teuer. Denn der deutschen Wirtschaft entstehen durch kranke Arbeitnehmer Kosten in Höhe von 38 bis 75 Milliarden Euro im Jahr, das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Bertelsmann Stiftung und der Strategieberatung Booz & Company.
Arbeitsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, aber auch Fehlleistungen kranker Arbeitnehmer sorgen für Produktivitätsverluste und verursachen dabei die oben genannten Kosten. Vor allem für kleinere Handyshops oder Systemhäuser ist es ein Problem, wenn Mitarbeiter ausfallen – denn dort ist die Personaldecke dünn. So kann es dann schon vorkommen, dass der Inhaber den ganzen Tag am PoS stehen muss, obwohl er eigentlich Termine bei Kunden vereinbart hatte.
„Es ist nur menschlich, einmal krank zu sein, jeden erwischt es mal“, denkt sich da sicherlich der ein oder andere. Aber auch: „Es gibt immer wieder Mitarbeiter, bei denen man sich fragt, ob sie wirklich krank sind.“ Was viele Unternehmer nicht wissen: Sie stehen diesen Fällen nicht hilflos gegenüber, es gibt Mittel und Wege, wie sie zu ihrem Recht kommen.

Regeln für Arbeitgeber und -nehmer

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihrem Arbeitgeber am ersten Tag der Erkrankung bis Arbeitsbeginn telefonisch, per Fax oder E-Mail die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Nur so erhält der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Ausfall abzufangen. Dauert die Krankheit länger als drei Tage, ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Form eines ärztlichen Attests vorzulegen.
Zieht sich die Krankheit wiederum länger hin als im Attest vorgegeben, so ist eine neue Bescheinigung erforderlich. Bei mehrmaligem Verletzen dieser Anzeigepflicht oder wenn der Arbeitnehmer die Krankmeldung öfter verspätet abgibt, kann ihn der Arbeitgeber abmahnen und anschließend auch kündigen.
Arbeitgeber sind verpflichtet, während einer Dauer von sechs Wochen Lohn oder Gehalt an den Arbeitnehmer weiterzubezahlen; die Fortzahlung beträgt 100 Prozent des Arbeitsentgelts, wobei etwa bezahlte Überstunden von der Regelung ausgenommen sind. Erkrankt der Arbeitnehmer mehrmals, entsteht der Anspruch jeweils neu.
Beruht die erneute Arbeitsunfähigkeit allerdings auf demselben Grundleiden, wie beispielsweise einer chronischen Erkrankung, ist der Anspruch erst wieder gegeben, wenn der Arbeitnehmer seit seiner letzten Erkrankung sechs Monate ununterbrochen gearbeitet hat – oder wenn zum Zeitpunkt der neuen Erkrankung bereits ein Jahr seit dem letzten Fall der Entgeltfortzahlung vergangen ist.

Krank oder blau gemacht?

Hat der Arbeitgeber übrigens Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, so ist er berechtigt, über die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Die Zweifel müssen allerdings begründet sein. Dies kann beispielsweise dann gelten, wenn ein Mitarbeiter regelmäßig montags nicht arbeiten kann. Da liegt dann der Verdacht nahe, dass er das Wochenende künstlich verlängert.
Wenn es konkrete Anhaltspunkte gibt, dass der Arbeitnehmer „blau macht“, darf der Arbeitgeber zudem einen Detektiv zur Überwachung beauftragen. Ein Anzeichen dafür kann sein, wenn der Erkrankte trotz verschriebener Bettruhe mehrfach nicht zu Hause erreichbar ist. Überführt der Detektiv den Angestellten, kann dieser sogar verpflichtet werden, die Kosten für den Einsatz zu übernehmen.
Aber Achtung: Wird der Mitarbeiter grundlos überwacht, ist dies ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht; der Geschädigte kann dagegen klagen und Schadensersatz fordern.
Kündigung trotz Krankheit
Ein weit verbreiteter Irrtum ist der Glaube, man könne kranken Mitarbeitern nicht kündigen. Ein Attest vom Arzt schützt keineswegs vor Entlassungen. Unter bestimmten Umständen ist es sogar möglich, einem Arbeitnehmer auch wegen seiner Krankheit zu kündigen. Hier sind zwei Konstellationen denkbar – häufige Kurzerkrankungen und dauernde Krankheit.
Denn ist ein Mitarbeiter oft arbeitsunfähig, so kann dies zu einer unzumutbaren Belastung für den Chef werden; allerdings gibt es keine festgelegte Fehlquote als Grundlage für krankheitsbedingte Kündigungen. Bei lang anhaltender Krankheit kann eine Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn die Arbeitsunfähigkeit dauerhaft ist oder eine nicht absehbare Zeit andauern wird. Grundsätzlich aber gilt: Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur unter sehr erschwerten Bedingungen möglich.

Darauf müssen Arbeitgeber achten

  • Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgeber rechtzeitig bis Arbeitsbeginn über ihr Fernbleiben informieren. Nach drei Tagen müssen sie ein Attest vorweisen. Mehrmaliges Verletzen dieser Anzeigefrist ist ein Grund für Abmahnungen.
  • Hat der Arbeitgeber begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, so kann er bei der Krankenkasse eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einholen. Dies ist zum Beispiel dann möglich, wenn der Arbeitnehmer häufig an einem bestimmten Wochentag fehlt.
     
  • Arbeitgeber können eine Kündigung auch trotz Krankschreibung aussprechen. Schwieriger ist es, wegen einer Krankheit zu kündigen. Dies ist beispielsweise nur möglich, wenn eine Erkrankung sehr lange dauern würde.