Krankengeld 04.11.2009, 10:28 Uhr

Eine Sorge weniger

Mit der richtigen Absicherung müssen Selbstständige auch bei längerer Krankheit nicht um ihre Existenz fürchten -Verschiedene Modelle zur Vorsorge - Große Unterschiede bei den einzelnen Tarifen und Leistungen.
Ein Beinbruch – beispielsweise im Skiurlaub – ist schmerzhaft und lästig. Für Selbstständige, Freiberufler und Kurzzeitbeschäftigte kann er allerdings auch schnell zum existenziellen Problem werden: Ein Händler zum Beispiel kann mit einem Gipsbein unmöglich den ganzen Tag am PoS stehen und Kunden beraten. Die Folgen: Umsatzeinbußen, weil er den Laden schließen muss, oder Mehrkosten für eine Vertretung. Indes: Selbstständige können sich für den Fall einer ernsten Krankheit absichern. Und ihnen stehen dabei mehrere Möglichkeiten zur Verfügung.
Einmal hü, einmal hott
In den vergangenen Monaten kam es zu einigen Veränderungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Im Zuge der Gesundheitsreform war zunächst zum 1. Januar 2009 der Anspruch auf Krankengeld für Selbstständige, die freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, entfallen – stattdessen empfahl die Bundesregierung dieser Gruppe den Abschluss eines Krankengeld-Wahltarifs. Die Folge: Selbstständige mussten für ihre Absicherung deutlich mehr zahlen als noch 2008, oder sie konnten ganz auf diesen Schutz verzichten.
„Allerdings hatte sich herausgestellt, dass gerade für ältere Versicherte oder chronisch Kranke die privaten Zusatzabsicherungen oft sehr teuer sind und viele gesetzliche Kassen keinen passenden Tarif anbieten“, erklärt Beate Ngee von der Beratungsgesellschaft Fairvendo in Hamburg. Als Folge protestierten die Verbraucherschützer, die Regierung lenkte ein und so gilt seit August eine neue Regelung: Die seit Jahresbeginn abgeschlossenen Wahltarife sind ausgelaufen und Selbstständige können wieder ein gesetzliches Krankengeld beziehen, wenn sie den sogenannten „allgemeinen“ Beitragssatz in Höhe von 14,9 Prozent an ihre Krankenkasse bezahlen.
Allerdings greift diese Absicherung nur ab dem 43. Krankentag; erst nach sechs Wochen bekommen Selbstständige also das gesetzliche Krankengeld. Wer im Krankheitsfall schon früher auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, kann eine Zusatzversicherung – beispielsweise den Wahltarif Krankengeld oder eine private Krankentagegeld-Versicherung bei einer privaten Krankenversicherung (PKV) abschließen.

Krankengeld: Eine Sorge weniger

Chronisch Kranke im Nachteil
Doch welche der drei Möglichkeiten passt am besten? Günther Knobloch, Versicherungsmakler und Geschäftsführer der Nürnberger Econsult Wirtschaftsberatung GmbH, rät zu einem sehr genauen Vergleich. „Private Krankenversicherungen führen immer eine Risikoprüfung durch, chronisch Kranke wie beispielsweise Diabetiker haben bei ihnen keine Chance oder müssen erheblich höhere Beträge zahlen“, erklärt er im Gespräch mit Telecom Handel. Anders formuliert: Ohne Gesundheitsprüfung gibt es in der PKV keine bezahlbare Versicherung. Ergeben sich im Check bestimmte langwierige Leiden oder gar schwere chronische Erkrankungen, so führt dies entweder zu Beitragszuschlägen oder sogar zum Ausschluss.
Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Ist der Antragsteller gesund, kann sich der Abschluss einer privaten Krankentagegeld-Versicherung durchaus lohnen. Dies gilt vor allem für jüngere Selbstständige: Sie zahlen bei privaten Anbietern zwar etwas mehr als bei der Krankenkasse, sorgen damit aber auch schon für stabile Beiträge im Alter vor. Schummeln rechnet sich beim Gesundheits-Check im Übrigen nicht: „Wer die Fragen bei der Risikoprüfung falsch beantwortet hat, dem drohen Vertragskündigung oder nachträgliche Prämienerhöhungen“, warnt Knobloch. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungen ist eine solche Risikoprüfung nicht erlaubt.
Je höher das Krankengeld, desto höher die Beiträge
Eine weitere – vielleicht die entscheidende – Frage ist: Wie hoch soll das Krankengeld sein und ab welchem Tag bin ich auf diese Mittel angewiesen? Wer ausreichend Rücklagen hat, dem reicht vielleicht ein Anspruchsbeginn nach sechs Wochen und damit der Abschluss bei einer gesetzlichen Krankenkasse. Allerdings ist die Höhe des Krankengeldes dort begrenzt: Gesetzliche Krankenkassen zahlen – abhängig vom Einkommen – maximal 85,75 Euro pro Tag. Damit kann beispielsweise eine Vertretung im Laden nicht finanziert werden.

Krankengeld: Eine Sorge weniger

Beim Wahltarif sowie beim Abschluss einer privaten Krankentagegeld-Versicherung kann die Höhe des Krankengeldes individuell – je nach Tarif – festgelegt werden, wobei es auch hier eine Grenze gibt: „Der Versicherte bekommt nur so viel, wie er als Gesunder auch verdienen würde“, erklärt Knobloch. Hier greift das sogenannte „Bereicherungsverbot“. Je höher das Krankengeld sein soll, desto höher sind auch die monatlichen Beiträge. Bei den PKVen werden zur Ermittlung der Beiträge verschiedene Kriterien herangezogen.
Neben dem bereits beschriebenen Gesundheits- oder Risiko-Check sind dies Alter und Geschlecht, „jüngere Frauen zahlen meist mehr als gleichaltrige Männer, ab 50 dreht sich dann der Spieß um“, so Knobloch. Aber auch der ausgeübte Beruf spielt eine entscheidende Rolle, ein Versicherter im Innendienst zahlt weniger als jemand, der im Außendienst unterwegs ist oder als Monteur auf Baustellen arbeitet. Bei gesetzlichen Krankenkassen ist diese Staffelung nach Alter, Geschlecht oder Risiko im Übrigen nicht zulässig.
Weitere Unterschiede gibt es in der Anspruchsdauer: Das gesetzliche Krankengeld wird maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren bezahlt, beim Wahltarif Krankengeld und auch bei einer PKV hängt die Dauer, in der man Krankengeld bekommt, wiederum vom gewählten Tarif ab. Wer sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, der ist außerdem drei Jahre an den Vertrag gebunden – bei den privaten Versicherungen können die Verträge meist schon nach einem Jahr gekündigt werden. Versicherungsmakler Knobloch gibt noch ein Beispiel mit auf den Weg: Ein gesunder 40-Jähriger muss, um nach sechs Wochen 100 Euro Krankentagegeld pro Tag zu erhalten, bei einer privaten Krankenkasse monatliche Beiträge zwischen 30 und 50 Euro bezahlen.
Verbraucherschützer warnen zudem, dass sich die Beitragsunterschiede der einzelnen Kassen und PKVen bei gleicher Leistung teilweise erheblich unterscheiden. Wer genau vergleicht, kann deshalb viel Geld sparen und ist trotzdem gut versichert. Doch wer hat schon die Zeit – und auch die Muße – sich in diesem Tarifdschungel zurechtzufinden? Unterstützung bieten einerseits Verbraucherschutzverbände an, aber auch die Stiftung Warentest oder Ökotest führen regelmäßig Untersuchungen zu den verschiedenen Angeboten durch. Eine Alternative sind Versicherungsagenten oder unabhängige Makler.