Jahresendgeschäft in Augsburg 14.12.2009, 16:22 Uhr

Stille Nacht...

In der Augsburger Innenstadt läuft das Geschäft für die Mobilfunkhändler vor Weihnachten eher schleppend – Viele erwarten den großen
Ansturm erst nach den Feiertagen – In den Einkaufszentren sind die Läden hingegen auch in der Adventszeit schon voll.
Eine Reportage von Dana Huber
Augsburg eilt der Ruf eines kleinen Einkaufsparadieses voraus. Nicht nur aus dem riesigen Einzugsgebiet des Umlandes zieht es die Menschen hierher, auch die Münchner schauen gerne mal in der alten Fuggerstadt zum Shoppen vorbei: Weil es hier alles gibt, was das Herz begehrt, weil alle Geschäfte so schön nahe beieinander liegen und weil Bekannte schon oft tolle Schnäppchen und ausgefallene Raritäten ergattert haben.
Was liegt da näher, als sich selbst auf den Weg zu machen, um sich 60 Kilometer weiter zu Weihnachtsgeschenken für die Familie inspirieren zu lassen? Telecom Handel-Reporterin Dana Huber machte den Test und fuhr am ersten Adventswochenende nach Augsburg. Ihr Fazit: In der Innenstadt ist es hübsch, im Kauffieber ist hier aber niemand. Erst in der City Galerie zeigt die Stadt ihr Käufer-Eldorado.
Advents-Shopping, und keiner geht hin
Der Anfang ist enttäuschend: Am ersten Samstagnachmittag im Advent sieht es in der Fußgängerzone eher nach einem Wochenmarkt aus, der eben zu Ende geht: Verhältnismäßig wenig los hier! Das spüren auch die Handy-Shops, die sich in der Einkaufsmeile rund um Annastraße, Königsplatz und Rathausplatz dicht aneinanderreihen – wenn man durch die Fenster mit den roten, blauen, grünen und magenta-farbenen Schaufensterdekorationen blickt, sieht man die Berater von einem Fuß auf den anderen tänzeln. An einem Handy ist wohl gerade niemand interessiert. Vorweihnachtsstress herrscht hier nicht: Im Vodafone-Laden kann die Beraterin in aller Seelenruhe und ganz bedächtig mit ihrer Kundin das Vertragsformular ausfüllen, während der Rest des Verkaufspersonals vielleicht über die eigenen Weihnachtswünsche sinniert – es nimmt ihnen keiner übel, ist ja sonst keiner da!
Ein bisschen lebhafter ist es da bei Mobilcom-Debitel. Ein älteres Paar in dicken, grauen Anoraks ist auf der Suche nach einem schicken neuen Gerät – nein, nicht so ein Gerät mit großen Tasten und nur zum Telefonieren; ein schönes Touchgerät mit vielen Funktionen soll es sein. „GPS ist mit dabei, oder? Und verkaufen Sie diese Touchscreen-Handys auch ab und zu an ältere Menschen? Wie ist das mit der Bedienung, sind die wirklich komfortabel?“ Der Verkäufer versichert den Herrschaften, dass Touchscreen-Geräte ja auch „große Tasten“ haben: „Sehen Sie, genauso groß, wie Sie die Zahlen jetzt im Display sehen“, sagt er und zeigt ihnen geduldig alle Modelle – auch die mit weniger Funktionen. Kommt denen aber gar nicht in die Tüte.
Auch muss er mit seiner Aufmerksamkeit zwischen mehreren Interessenten jonglieren. Freundlich lässt er das Paar weiterstöbern, während er einem Herrn im Vorbeilaufen ein hochwertiges Lederetui für sein Smartphone verkauft und die Bestellung eines anderen Kunden verfolgt. Links schlüpft ein Vater mit seinen beiden Teenie-Kindern in den Shop, die Tochter sieht sich ganz verzaubert um, ihr Bruder steht mit fachmännischem Rat zur Seite – aber nach nur wenigen Minuten komplimentiert der Vater seine beiden Zöglinge wieder nach draußen, im Gehen hört man ihn noch zum Sohnemann sagen: „Du hast schon ein Handy!“

Jahresendgeschäft in Augsburg: Stille Nacht...

„Unser Weihnachtsgeschäft ist im Januar“
Filialleiter Darius Daniel wundert sich über die Nachfrage, dass ja gar nicht so viel los sei, überhaupt nicht: „Ganz ehrlich: Vom Weihnachtsgeschäft merken wir Handy-Läden nicht so viel. Ich beobachte das seit vier Jahren – ist bisher immer so gewesen. Im Endeffekt läuft es im Advent wie sonst auch, vielleicht gehen ein paar Prepaid-Handys mehr über den Ladentisch, aber richtig Stress haben wir dann Anfang Januar.“
Aha, Mobilfunk-Geschenke funktionieren also anders als Pullover, CDs und schmucke Deko-Gegenstände für die Wohnung. Man spart sich hier einfach die Umtauscherei! Clever eigentlich: Zu Weihnachten vertröstet man die Kinder mit einem Gutschein für ein tolles Handy – und das fällt dann auch toll aus. Daddy ist ja wegen des Weihnachtsgeldes ein wenig spendabler! „Eltern informieren sich nur ein wenig über die Tarife, die Handys suchen sie dann mit den Kindern gemeinsam erst nach Weihnachten aus“, so Daniel. Ein schwacher Trost für das Trio von vorhin: Die Kids hätten ihr neues Handy am liebsten gleich mit nach Hause genommen! Aber vielleicht ist der Papa nach Weihnachten ja wirklich etwas großzügiger.
Tagesaktionen ziehen
Für etwas Ältere scheint sich der vorweihnachtliche Bummel aber zu lohnen. Vor dem O2-Shop am Königsplatz telefoniert ein Jugendlicher aufgeregt mit seinem Freund. Angezogen vom handgeschriebenen Aktionsplakat, das ein Freiminuten- und Frei-SMS-Angebot für Schüler und Studenten bewirbt, kreist er um den Laden: „Hey, ich dachte, du kennst dich mit Handy-Verträgen aus, jetzt sag mal!“ Kurz darauf steht er an der Ladentheke an – mal sehen, ob es ein neuer Festvertrag wird.
Groß angepriesen wird natürlich das Palm Pre – aber hoppla: Die Testgeräte sind nicht mehr da, wo sie sein sollten. Trotzdem ist Raum für wilde Spekulationen, wie das mit den Apps für Smartphones denn nun so funktioniert: „Ja, die Programme kannst du dir dann aus dem Internet runterladen, die haben da so ’ne Seite“, erklärt ein noch Smartphoneloser mit Batman-Kappe seinem Freund. Über Langeweile kann man sich im Shop nicht beschweren, hier ist zumindest etwas los. Die Sonderaktion zieht Kaufwillige an – aber das hat gar nichts mit Weihnachten zu tun.

Jahresendgeschäft in Augsburg: Stille Nacht...

Überfüllte Einkaufszentren
Wo ist denn nun der Einkaufshimmel? Das Geheimnis der Augsburger Weihnachts-Shopper lichtet sich, wenn man sich in eines der Einkaufszentren der Stadt wagt. Auf den Straßen zur City Galerie staut es sich in alle Richtungen. Einen Platz im Parkhaus ergattern nur Geduldige, die Warteschlange ist schier endlos. Diejenigen, die nach mehr oder weniger erfolgreichem Einkauf Platz machen wollen, haben es genauso schwer, denn der Weg raus aus dem Verkehrschaos ist ebenso mühsam und langwierig. Vor dem Eingang beim Cinemaxx stehen Horden von Schwerbepackten, alle mit großen und kleinen Einkaufstaschen in der Hand. In der Galerie wuselt es wie in einem Ameisenhaufen, hier ist Geschäftigkeit angesagt.
Zwischen den Regalreihen mit den Mobiltelefonen im Saturn ist es überfüllt, hektisch rennt eine Kundin von rechts nach links: „Sie haben das Modell nicht mehr in rosa – egal, weiß ist noch da, find ich eh besser.“ Hauptsache sie kann das Handy gleich mitnehmen, so lautet der Tenor ihrer willkürlichen Farbwahl. Auch die Augen der beiden Damen in bunten Pullovern drücken ein forderndes „Will haben!“ aus; es wäre ein Wunder, würden sie den Laden ohne neues Handy verlassen. Das Personal des Elektro-Riesen ist ganz und gar nicht gelangweilt – sie haben ordentlich zu tun. Ähnlich geht es den Handy-Geschäften um die Ecke. Wo in der Fußgängerzone noch gähnende Leere war, tritt sich hier die Kundschaft auf die Zehen: Der Vodafone-Shop im Obergeschoss ist proppenvoll, und bei O2 tummeln sich Kaufwillige, die nicht wegen der verlockenden Tagesangebote hier sind, sondern weil sie sich einfach etwas gönnen wollen zum nahenden Weihnachtsfest.
Praktisch schlägt malerisch
In Augsburg, wo die Tourismus-Center mit „Shopping-Erlebnis vor historischer Kulisse“ werben, ist Schaufensterbummeln zur Weihnachtszeit offenbar nicht sehr gefragt. Es ist nun wirklich nicht zu kalt, um die Innenstadt zu erkunden, und das bisschen Nieselregen gegen Abend hat auch noch niemandem einen Schnupfen beschert. Trotz der traumhaften Bedingungen in der schönen Altstadt zieht es die Augsburger in die Mega-Malls, wo sie nach Herzenslust zuschlagen – auch das Geschäft mit den Han-dys läuft hier, die Händler in der Fußgängerzone können davon dann über Weihnachten träumen. n