Routerzwang 04.06.2013, 13:57 Uhr

Netzbetreiber lassen Kunden und Handel keine Wahl

Einige TK-Anbieter zwingen ihre Kunden, einen bestimmten Router zu benutzen – mit fatalen Folgen für den Handel und die Hersteller. Diese laufen dagegen bei der Bundesnetzagentur Sturm, doch die Behörde wiegelt ab.
(Quelle: Fotolia, Shutterstock / Montage: Telecom Handel)
Sie sind eigentlich Konkurrenten ? doch nun kämpfen 17 Routerhersteller gemeinsam gegen einige Breitbandanbieter, die ihren Kunden vorschreiben, welchen Router sie einsetzen dürfen. Diese Netzbetreiber argumentieren, sie könnten Einrichtung und Support nur mit der von ihnen ausgesuchten Hardware leisten. Das wollen AVM, D-Link, Lancom, Teldatund dreizehn weitere Hersteller nicht hinnehmen. Sie haben daher Ende April einen Brief an die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium verfasst. Ihre Forderung: Schluss mit dem Routerzwang!
Denn ausgesperrt werden durch diese Praxis auch Geräte aus dem Fachhandel. So werden Händler ihrer Möglichkeit beraubt, alternative Router mit mehr Funktionen anzubieten − ein ganzes Segment könnte manchem Reseller im schlimmsten Fall wegbrechen. Durchsetzen können die Netzbetreiber die Zwangsnutzung dadurch, dass sie die für die Einwahl nötigen Zugangsdaten nicht preisgeben. ?Routerzwang und Nichtherausgabe von Kennwörtern stellen eine wesentliche Änderung gegenüber der langjährigen erfolgreichen Praxis im Markt dar?, beklagt der Berliner Netzwerkhersteller AVM, der an vorderster Front gegen die Router- Monokultur kämpft.

Schwarze Schafe

Vor allem zwei Breitbandanbieter werden in der aktuell aufkochenden Diskussion mit dem Routerzwang in Verbindung gebracht: Vodafone und Telefónica Deutschland. Tatsächlich liefert Vodafone eine vorkonfigurierte ?Easybox?. Bis vor circa einem Jahr hat der Netzbetreiber es offenbar abgelehnt, die Zugangsdaten zumindest auf Nachfrage mitzuteilen. Von dieser harten Linie ist man in Düsseldorf wieder abgerückt. ?Wenn der Kunde explizit nach den Zugangsdaten fragt, bekommt er sie auch?, versichert Unternehmenssprecher Thorsten Höpken gegenüber Telecom Handel.
Der Wettbewerber Telefónica Deutschland hingegen gibt auch auf Nachfrage die VoIP-Daten nicht heraus. ?Aus Sicherheitsgründen?, heißt es aus dem Unternehmen. Das bedeutet: Wer mit seiner gewohnten Nummer telefonieren will, ist an das mitgelieferte Gerät gebunden ? und im Falle eines Defekts kann sich der Kunde keinen Ersatz im Fachhandel beschaffen.
Keine Wahl haben auch die Kunden der Kabelnetzbetreiber. Diese berufen sich auf die spezielle technische Beschaffenheit des Kabelnetzes, die eine freie Routerwahl unmöglich mache. Zu den Anbietern, die ihren Kunden dagegen uneingeschränkt die Wahl lassen, welchen Router sie einsetzen, zählen etwa die Deutsche Telekom, ihre Discount- Tochter Congstar sowie 1&1.

Für und Wider

Die Netzbetreiber mit Routerzwang beharren auf ihrem Standpunkt, dass die von ihnen ausgesuchte Hardware notwendig sei, um Support leisten zu können. Die Routerhersteller werfen ihnen hingegen vor, den Markt für Endgeräte einseitig auf sich zu übertragen. ?Dies erinnert an das Endgerätemonopol vor der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes?, heißt es in dem Protestbrief, der Telecom Handel vorliegt.
Für AVM, D-Link und Co. ist die Sache klar: Die Anbieter verstoßen gegen das Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTGE). Darin heißt es (verkürzt): ?Betreiber öffentlicher TK-Netze dürfen den Anschluss von TK-Endeinrichtungen an die Schnittstelle nicht verweigern.? Was der Gesetzgeber unter einer Schnittstelle versteht, erläutert er in § 2: ?ein Netzabschlusspunkt, das heißt der physische Anschlusspunkt, über den der Benutzer Zugang zu öffentlichen TK-Netzen erhält?. Die Definition bleibt schwammig, und genau das nutzen die Anbieter aus. Sie erklären kurzerhand, die Netzwerkbuchsen ihrer Geräte seien der Netzabschlusspunkt und nicht etwa die TAE-Dose an der Wand.
Weil das Gesetz nicht klar die Telefondose nennt, kann die Bundesnetzagentur dem Treiben bislang nur hilflos zuschauen. ?Die Bundesnetzagentur ist zum Ergebnis gekommen, dass sie keine rechtliche Handhabe gegen die Kopplung ?Vertrag nur mit bestimmtem Router? hat?, so die Behörde in einer Stellungnahme. Diese Äußerung brachte das Fass zum Überlaufen und war der Auslöser für den Protestbrief. Die Bundesnetzagentur hat indes angekündigt, Hersteller und Netzbetreiber demnächst an einen Tisch zu bringen, um das Problem zu lösen. Das letzte Wort in der Sache ist also noch nicht gesprochen.




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