Hartes Geschäftsumfeld 14.02.2019, 15:51 Uhr

Expert: In turbulenten Zeiten

Der neue Expert-Vorstand muss in einem schwierigen Marktumfeld Umsatzeinbußen verzeichnen. Im TK-Bereich soll nun mit mehr Service gegengesteuert werden.
Quintett von Expert (v.l.): Oliver Rebock (Abteilungsleiter IT-Betrieb intern), Frank Harder (Vorstand Vertrieb, Marketing, E-Commerce), Gerd-Christian Hesse (Vorstand Finanzen, Personal, Versicherungen), Stefan Müller (Vorstandsvorsitzender) und Sebastian Wolf (Projektmanager)
(Quelle: Expert)
Lange Jahre war die Frühjahrstagung der Verbundgruppe Expert eine eher berechenbare Veranstaltung: Der Vorstand Volker Müller stellte ordentliche Zahlen vor und verkündete moderates Wachstum, bei den Gesellschaftern gab es selten Unmut. Doch vor zwei Jahren kündigte Müller seinen Abschied an, seitdem ist es mit der Ruhe vorbei. Denn sein Nachfolger Jochen Ludwig wurde zwar mit einem halbjährigen Übergang eingearbeitet, doch im Dezember vergangenen Jahres überraschte die Nachricht, dass Ludwig nach nur acht Monaten im neuen Amt das Unternehmen schon wieder auf eigenen Wunsch verlassen wird.
Nun leitete der neue Vorstandsvorsitzende Stefan Müller, der bereits seit 17 Jahren bei Expert ist, die Frühjahrstagung 2019 in Hannover. Er wolle nach vorne blicken und sich nicht weiter zu den Gründen für Ludwigs Demission äußern, erklärte er im Pressegespräch. Doch alleine der Satz „Es hätte klappen können, hat es aber nicht“ zeigt, dass es keine einfache Trennung war. Eine Rolle haben dabei wohl auch die Zahlen gespielt, die nicht allzu gut sind: In einem Gesamtmarkt, der von Januar bis November 2018 um 0,9 Prozent wuchs, ging der Umsatz von Expert um 1,6 Prozent zurück. Der Innenumsatz blieb von April bis Dezember knapp fünf Prozent unter Plan. „Die Geschäfte haben sich nicht so entwickelt, wie wir es erwartet haben. Das ist aber auch ein Abbild der Branche,“ räumte Müller ein.
Dafür sind, zumindest im wichtigen TV-Bereich, auch der Schönwettersommer und das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Fußball-WM verantwortlich. Bei Brauner Ware war der Rückgang bei Expert zumindest geringer als im Gesamtmarkt, bei Weißer Ware legte man sogar gegen den Markttrend deutlich zu. Doch ausgerechnet bei IT- und TK-Produkten gab es einen Einbruch: Der Umsatz im Bereich Telekommunikation ging um 1,1 Prozent zurück – in einem Markt, der um 12,7 Prozent zulegte. Der neue Vertriebs- und Marketingvorstand Frank Harder führt dies auch auf einen harten Preiskampf zurück, den man nicht immer mitmachen wollte. Er räumt aber ebenso Fehler der Zentrale ein: „Wir haben nicht immer das richtige Portfolio so schnell bereitgestellt, wie das die Gesellschafter einforderten.“
Gerade im TK-Bereich soll nun mit Service wieder mehr Frequenz auch jüngerer Zielgruppen in die Expert-Märkte kommen. Dazu führt man ein umfassendes Konzept ein, das eine Reparatur vor Ort, das Aufbringen von Display-Schutz, die Sicherung sowie Übertragung von Daten und einen Ankauf gebrauchter Smart­phones sowie Tablets umfasst. Diese Services werden in Kooperation mit Partnern erbracht, zum Beispiel Phone Service Center bei der Reparatur oder MySwooop beim Ankauf. Das sei nichts grundlegend Neues am Markt, räumt Harder ein, hier müsse man jetzt erst aufholen und dann sehen, welche weiteren Services man im nächsten Schritt entwickeln könne.

Vernetzung zeigen

Auch das Thema Smart Home soll weiter forciert werden. „Wer, wenn nicht wir, kann das denn so gut in seinen Märkten zeigen?“, fragt Frank Harder. Das Konzept „Expert Connect“ soll langfristig die Vernetzung über verschiedene Produktgruppen in jedem Fachmarkt präsentieren. Begleitet wird dies mit entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen für die Verkäufer.
Die Gesamtzahl der Expert-Märkte soll bis Ende des Geschäftsjahres 2019/20 im Vergleich zum Vorjahr nur leicht um zwei auf 277 steigen. Davon werden weiterhin 62 Märkte von der Zentrale betrieben, die Gespräche zur Übernahme solcher Regiebetriebe durch Gesellschafter würden zwar weiter laufen, doch noch habe sich wenig Konkretes getan, räumte Stefan Müller ein.
Ein schwieriges Feld bleiben die Online-Aktivitäten, die Jochen Ludwig eigentlich stark ausbauen wollte, nachdem das Thema jahrelang sehr zögerlich angegangen wurde. Mit rund sechs Prozent am Gesamtumsatz ist der Online-Anteil von Expert weiter gering, auch wenn er kontinuierlich wächst. Am Ziel, hier „signifikante Steigerungen“ zu erzielen, hält auch die neue Führung fest.
Dazu steht nun seit Oktober der zentrale Online-Shop mit Preisen und Verfügbarkeiten der Ware bereit, über den der Kunde zum Versand oder zur Abholung im Laden bundesweit bestellen kann. Neben dem Zentralshop unter expert.de sollen aber weiter vor allem die Aktivitäten in den Regionen mit einer Präsenz der Gesellschafter in den sogenannten Expert-Parzellen gefördert werden. Dort, wo diese physische Präsenz nicht gegeben ist, soll der Zentralshop die „weißen Parzellen“ füllen und auf diese Weise eine Konkurrenz der Zentrale zu Gesellschaftern vermieden werden. Das dezentrale Online-Konzept wird also im Prinzip weitergeführt, wohl auch um viele Gesellschafter nicht zu verunsichern. Die deutlich schärfere Online-Strategie von Jochen Ludwig, die nicht zuletzt den Anspruch haben sollte, über zentrale Aktionsware direkt mit den preisaggressiven Online-Anbietern konkurrieren zu können, wird offenbar wieder ad acta gelegt.




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