01.08.2009, 14:56 Uhr

Im Sog der Absatzkrise

Unternehmen klagen über restriktive Kreditvergabe der Banken – Umsätze im B2B-Segment gehen zurück – Mit alternativen Finanzierungsangeboten können Systemhäuser neue Kunden gewinnen – Leasing und Miete sind am beliebtesten
Früher schrieb man ein Angebot und konnte relativ schnell mit einer Entscheidung des Kunden rechnen. Diese war zwar auch nicht immer positiv, doch im Schnitt liefen die Geschäfte ganz gut, berichten Geschäftsführer von ITK-Systemhäusern von den ehemals guten Zeiten in vielen Gesprächen mit Telecom Handel. Früher, das war vor der Wirtschaftskrise. Heute sieht die Situation für viele Systemhäuser ganz anders aus.
„Oft bin ich im vermeintlichen Abschlussgespräch mit einem Kunden und höre dann, dass die Bank den erforderlichen Kredit für die neue Telefonanlage abgelehnt hat – und damit ist das eigentlich sicher geglaubte Projekt gestorben“, berichtet beispielsweise ein Händler aus Dresden.
In der Tat haben deutsche Unternehmen nach wie vor große Probleme, über die Banken an Kredite zu kommen. So beurteilten 42,4 Prozent aller Firmen im Juni 2009 die Kreditvergabe der Banken als „restriktiv“, belegt eine Studie des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo). Was also kann der Händler tun? „In schwierigen Zeiten ist es besonders wichtig, dass Verkäufer ihren Kunden eine ganz Palette an Möglichkeiten zur Projektfinanzierung anbieten können“, rät Rolf Popp, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Rolf Popp Pro Consult (RPPC) aus Würzburg.
Leasing, eine der beliebtesten Finanzierungsmöglichkeiten
Sehr populär im B2B-Geschäft ist das Leasing von ITK-Anlagen. Ähnlich wie beim Mieten einer Anlage zahlt der Kunde (Leasingnehmer) einen monatlichen Betrag an den Leasinggeber. Der Vorteil: Leasing schont die Liquidität, zudem sind die Leasingraten als Betriebsausgaben steuerlich voll absetzbar. Bei Geschäftskunden ist Leasing ausgesprochen beliebt, im vergangenen Jahr sei die Branche um 3,3 Prozent gewachsen, meldet der Bundesverband Deutscher Leasingunternehmer.

Im Sog der Absatzkrise (Teil 2)

Auch für Systemhäuser ist die Abwicklung eines Leasinggeschäfts in der Regel recht einfach: Die meisten Leasinggeber bieten über das Internet eine kurzfristige Abwicklung von Verträgen bis zu 50.000 Euro an. Händler geben im Online-Portal die wichtigsten Eckdaten zum Projekt sowie zum Kunden ein, die Leasinggesellschaft prüft die Bonität des Kunden, und in kurzer Zeit erhält der Händler die Information, ob und – wenn ja – zu welchen Konditionen er das Leasing der Anlage anbieten kann. Nach einem erfolgreichen Abschluss des Geschäfts erhält der Händler dann die Auftragssumme, natürlich abzüglich der Gebühren für den Leasingpartner.
Comeback der Mietgeschäfte
Eng mit dem Leasing verwandt ist das Vermieten von ITK-Anlagen – auch hier zahlt der Kunde (Mieter) monatliche Raten für die Nutzung der Anlage. Während allerdings beim Leasing der Kunde für die Wartung und Instandhaltung der Anlage ebenfalls bezahlt, muss dies beim Mietmodell der Vermieter übernehmen. Ein weiterer Unterschied: Bei Leasingmodellen hat der Leasingnehmer oft die Möglichkeit, die Anlage nach Ablauf des Vertrages zu übernehmen, bei Mietverträgen ist dies in der Regel nicht vorgesehen.
Das Vermieten von Anlagen hat in Deutschland eine lange Tradition – Hersteller wie beispielsweise Siemens und Avaya, damals noch Tenovis, haben ihre Kunden mit langfristigen Mietverträgen jahrelang an das Unternehmen gebunden. Als Folge scheuten viele Kunden in den letzten Jahren den Abschluss von Mietverträgen und wollten mit dem Kauf einer Anlage ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Hersteller sichern. Dies hat sich allerdings geändert: „Wir bemerken ein deutlich stärkeres Interesse am Mietmodell“, erklärt Robert Schmitz, Leiter der Channel Group von Avaya in Deutschland.
Die Frankfurter haben vor diesem Hintergrund ihr Unternehmen neu aufgestellt und eine neue Geschäftseinheit geschaffen, die ab Oktober für das Mietgeschäft verantwortlich zeichnen wird. Avaya-Partner erhalten bei Mietgeschäften eine Provision für den Abschluss, denn „nur wenige Partner sind organisatorisch in der Lage, ein Mietgeschäft selbst zu stemmen“, erklärt Schmitz.

Im Sog der Absatzkrise (Teil 3)

Vermietung in Eigenregie
Es gibt allerdings Ausnahmen: Diethelm Huth, Geschäftsführer des gleichnamigen Systemhauses in Halberstadt, macht seine Umsätze überwiegend mit der Vermietung von Anlagen. „Wir versuchen sogar viele Kunden, die eigentlich eine Anlage kaufen möchten, vom Mietmodell zu überzeugen“, erklärt er im Gespräch mit Telecom Handel. Und er zählt die Vorteile des Mietmodells für Händler auf. Beim Mietgeschäft erhält der Reseller jeden Monat die vertraglich vereinbarte Miete auf sein Konto und sichert damit langfristig seine Liquidität.
So fließen immer Umsätze, sogar wenn in einem Monat keine oder nur wenige Anlagen verkauft wurden. Außerdem schätzt Huth die Tatsache, dass der Kunde die Anlage nach Ablauf des Vertrages nicht zum Restwert übernehmen kann, denn er bleibt der Eigentümer. Huth: „So sichere ich mir die Chance auf künftige Neuverträge .“ Auch das Steuermodell in Deutschland spreche mit 20 Prozent Abschreibung über 60 Monate dafür.
Voraussetzung für das Vermieten von ITK-Anlagen ist allerdings ausreichendes Eigenkapital. Der Vermieter der Anlage geht in die Vorleistung, investiert in Hard- und Software und natürlich auch in die Implementierung der Lösung. Außerdem trägt der Reseller das alleinige Risiko, zahlt der Kunde seine Raten nicht, bleibt der Verkäufer auf den vorab geleisteten Investitionen sitzen. „Über die Jahre hinweg habe ich mir eine Basis geschaffen, mit der ich auch den ein oder anderen Ausfall verkraften kann, der ohne Frage eintritt“, erklärt Huth auf die Frage, wie er mit diesem Risiko umgehe. Für ihn überwiegen unterm Strich eindeutig die Vorteile des Mietmodells: „Auf lange Sicht bin ich viel flexibler als mit dem Verkauf einer Anlage.“
Fragen lohnt sich immer
Doch was tun, wenn ein Kunde eine Anlage weder mieten noch leasen möchte und ihm die liquiden Mittel für den Kauf fehlen? „Dann bietet sich immer noch die Möglichkeit, über die Hausbank einen Kreditvertrag zu vermitteln“, rät Rolf Popp. „Allerdings ziehen Banken nicht bei jedem Projekt mit“, beugt der Berater möglichen Einwänden vor. Mindestens zwei Voraussetzungen muss ein Projekt erfüllen, damit ein Händler bei seiner Bank Gehör findet. „Das Konzept muss passen, und der Kunde muss ein gutes Rating vorweisen“, so Popp. Entscheidend sei, betont er noch einmal, dem Kunden möglichst viele alternative und clevere Finanzierungsmöglichkeiten anbieten zu können, „das demonstriert dem Kunden Know-how, Flexibilität und bringt dem Händler das Geschäft und die Liquidität“