Rechtsformen 09.03.2010, 14:02 Uhr

Kein Bund für die Ewigkeit

Fachhändler sollten prüfen, ob die aktuelle Rechtsform noch zu ihrem Unternehmen passt. Die Auswahl hängt von vielen Faktoren ab und bleibt eine Einzelfallentscheidung. Wichtige Aspekte sind die Haftung, die steuerlichen Auswirkungen sowie die Kreditwürdigkeit.
Vor allem die beschränkte Haftung ist in meinen Augen ein Argument für die GmbH“, meint Oliver H., Inhaber und Geschäftsführer eines Handy-Shops. „Als Einzelunternehmer hafte ich auch mit meinem Privatvermögen. Da hätte ich schon gerne eine Deckelung.“ Der Mobilfunkspezialist hatte 1997 den Familienbetrieb, der als Einzelunternehmen geführt wurde, übernommen – und die Rechtsform bislang beibehalten. Nun denkt der Unternehmer über einen Wechsel der Rechtsform nach.
Das kann durchaus sinnvoll sein, denn ein Einzelunternehmer haftet nicht nur mit dem Gesellschaftsvermögen, sondern auch mit seinem gesamten Privatvermögen. Sollte das Unternehmen in Insolvenz gehen, droht dem Einzelunternehmer in der Folge auch der Verlust seines Privatvermögens und im schlimmsten Fall auch die private Insolvenz. Ebenso verhält es sich mit der Haftung bei den Personengesellschaften. Eine beschränkte Haftung, die auf das Stammkapital beziehungsweise das Geschäftsvermögen begrenzt ist, gibt es hingegen bei den Kapitalgesellschaften.
Die häufigste Rechtsform
Trotz der vollen Haftung ist das Einzelunternehmen bei weitem die beliebteste Rechtsform. So zählte das Statistische Bundesamt von Januar bis November 2009 nahezu 550.000 Neugründungen von Einzelunternehmen in Deutschland – ein stolzer Anteil von über 80 Prozent an den Gesamtgründungen. Eine Umfrage unter Netzbetreibern, Service-Providern und TK-Einkaufskooperationen zeichnet ein ähnliches Bild.
Bei den meisten hat sich die Mehrzahl der angeschlossenen Handelspartner für ein Einzelunternehmen entschieden. Dabei haben die Shopbetreiber in der Regel Wahlfreiheit bezüglich der Rechtsform ihres TK-Shops. So erläutert Hubert Kluske, Geschäftsführer der Mobilcom-Debitel Shop GmbH: „Der Franchise-Partner-Vertrag schreibt keine Rechtsform vor. Wir prüfen aber vor Vertragsabschluss die Bonität, die hinter der Rechtsform steht.“

Rechtsformen: Kein Bund für die Ewigkeit

Welcher Schuh passt?
Nicht nur für Gründer stellt sich die Frage, welche Rechtsform für ihr Unternehmen geeignet ist. Auch Fachhändler, die bereits ein Geschäft führen, sollten immer wieder kritisch überprüfen, ob die aktuelle Rechtsform für ihr Unternehmen noch passend ist. Dabei gibt es kein Pauschalrezept, nach welchen Kriterien man die optimale Rechtsform auswählt – weder für Neugründungen noch für bestehende Unternehmen.
„Letztendlich ist es immer eine Einzelfallentscheidung“, sagt Annika Böhm, Rechtsanwältin und Referatsleiterin Gesellschafts- und Bilanzrecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). „Der Existenzgründer muss entsprechend seinen Plänen überlegen, welche Rechtsform oder Art der Unternehmsführung die richtige ist“, so Böhm weiter. Dabei sollte er jedoch nicht nur die Haftung im Blick haben.
Essenziell sind vor allem auch die Art des Geschäfts, die Anzahl der Gesellschafter sowie die Rolle, die diese im Unternehmen übernehmen wollen. Für einen Gründer, der alleiniger Geschäftsleiter sein will, kommen beispielsweise ein Einzelunternehmen, eine KG, eine GmbH oder eine AG in Betracht. Mehrere Gesellschafter könnten sich dagegen zwischen GbR, OHG oder GmbH entscheiden.
Unbedingt im Vorfeld zu klären ist zudem, wie viel Kapital in das Unternehmen eingebracht werden kann oder soll. So erfordern Personengesellschaften kein Mindestkapital; bei einer GmbH ist dagegen ein Mindestkapital von 25.000 Euro Pflicht. Viele Shopbetreiber bedenken außerdem nicht, dass Image und Kreditwürdigkeit eines Unternehmens ebenfalls eng mit der Rechtsform verbunden sind. Eine GmbH wirkt beispielsweise besonders seriös, ist allerdings aufgrund der beschränkten Haftung weniger kreditwürdig als zum Beispiel ein Einzelunternehmen.

Rechtsformen: Kein Bund für die Ewigkeit

Steuerliche Aspekte spielen bei der Wahl der Rechtsform ebenfalls eine keineswegs zu vernachlässigende Rolle, da die verschiedenen Rechtsformen unterschiedlich besteuert werden. Jens Gewinnus, Rechtsanwalt und Referatsleiter Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer, Einkommensteuer beim DIHK, erklärt dazu: „Haben die Existenzgründer zum Beispiel hohe übrige Einkünfte und erwarten sie aus der Anlaufphase Verluste, so bietet sich eine Personengesellschaft an. So können die Anfangsverluste mit den übrigen Einkünften verrechnet werden.“ Um die steuerlich günstigste Rechtsform zu ermitteln, kann ein Steuerbelastungsvergleich sinnvoll sein. Dabei wird die zu erwartende steuerliche Belastung der verschiedenen Rechtsformen im konkreten Fall miteinander verglichen.
Ein weiterer Punkt, den man nicht außer Acht lassen sollte: Die Rechtsformen sind unterschiedlich stark mit Formalitäten behaftet. Während zum Beispiel Einzelunternehmen relativ geringen Aufwand versprechen, sind hingegen andere Rechtsformen wie die AG eher verwaltungsintensiv.
Beratung ist sinnvoll
Damit die Entscheidung für eine Rechtsform nicht nur leichter fällt, sondern auch Hand und Fuß hat, ist es sowohl für Gründer als auch Unternehmer sinnvoll, beim Steuerberater, einem Rechtsanwalt oder einer Unternehmensberatung Hilfe zu suchen. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) bieten Beratungsgespräche für Existenzgründer und veranstalten Existenzgründer-Seminare. Im Internet gibt es zudem unter www.ihk.de Erstinformationen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) stellt unter www.existenzgruender.de ebenfalls Informationen zu Rechtsformen und Existenzgründung zur Verfügung.
Bei der Rechtsformwahl auf fachkundige Beratung zu verzichten, kann indes negative Folgen haben – auch wenn eine Rechtsformänderung durchaus möglich ist. So warnt Helmut Habig, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Helmut Habig & Partner: „Man sollte auch die Kosten, die mit einem Wechsel der Rechtsform verbunden sind, nicht außer Acht lassen.“