bvdtf 20.09.2010, 12:35 Uhr

"Wir wollen nicht Robin Hood sein"

Der „Bundesverband der Telekommunikationsfachhändler“ (bvdtf) sieht sich sowohl als Interessenvertretung als auch als beratende Instanz. Telecom Handel sprach mit dem Vorstands-Trio René Görke, Adam Preuß und Carsten Diercks über die bisherigen Erfolge sowie die Ziele.
Vor einigen Wochen wurde mit dem „bvdtf“ ein eigener Verband für den TK-Handel gegründet. Telecom Handel sprach mit dem Vorstands-Trio René Görke, Adam Preuß und Carsten Diercks über die bisherigen Erfolge sowie die Ziele.
Telecom Handel: Wie haben die Netzbetreiber auf die Gründung des bvdtf reagiert?
René Görke: Es ist uns gelungen, dass wir ernst genommen werden. Mit drei Mobilfunk-Netzbetreibern haben wir inzwischen Gespräche terminiert. Auf der IFA haben wir uns mit Kabel Deutschland getroffen. Darüber hinaus haben wir immens hohen Zuspruch seitens neuer Mitglieder und künftiger Leistungspartner erhalten, was uns sehr erfreut hat. Natürlich müssen wir davon ausgehen, dass sich die Begeisterung hier und da möglicherweise eher in Grenzen hält. Eine gewisse Skepsis erfahren wir auch bei den Distributoren in Deutschland.
Telecom Handel: Warum das denn?
Görke: Zugegangen sind wir auf alle Größeren. Befindlichkeiten herrschen dort immer dann vor, wenn man uns das Potenzial einräumt, Dienstleistungen zu erbringen, die die Distributoren auf einer anderen Ebene genauso gut anbieten. Das ist im Augenblick aber überhaupt nicht unser Interesse.
Telecom Handel: Welche Ziele verfolgen Sie dann?
Görke: Wir sehen uns auf zwei Ebenen aktiv. Zum einen im politischen Umfeld, also als klassische Interessenvertretung. Dadurch, dass wir eine völlig andere Blickweise auf den Markt haben als sie beispielsweise ein Topmanager eines Netzbetreibers hat, können wir dialogisch einen Konsens bei strittigen Fragestellungen herbeiführen. Dabei wollen wir nicht der Robin Hood der Branche sein, sondern durchaus ein Stück weit die Hand zum Dialog reichen.
Telecom Handel: Welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich an die Netzbetreiber?
Görke: Ich denke, dass es allen Beteiligten klar ist, dass das Einkaufserlebnis des Endkunden die Daseinsberechtigung für den stationären Handel ist. Einige Händler leben in der Sorge um ihre unternehmerische Zukunft. Natürlich ist die Frage erlaubt, ob es im heutigen Marktumfeld sinnvoll ist, dass es nahezu 20.000 PoS gibt, und ob jeder jedes Produkt vermarkten sollte. Aber ich frage mich, ob in einem immer komplexer werdenden Marktumfeld nicht das erforderliche Know-how auf der Strecke bleibt.
Adam Preuß: Für uns ist der Fokus des Endkunden sehr wichtig, denn von ihm kommt letztlich das Geld, und dafür erwartet er eine hohe Qualität und auch das eben erwähnte Einkaufserlebnis, das in der heutigen TK-Welt leider nicht mehr an allen Kaufstandorten gegeben ist. Hier wollen wir mit gezielten Fragen, aber auch mit eigenen Vorschlägen und Ideen mit den Netzbetreibern in Dialog treten.

Gütesiegel für qualifizierte Händler geplant

Telecom Handel: Welche Ideen haben Sie in diesem Bereich?
Görke: Wir haben etwa die Idee eines Gütesiegels, das wir im Schulterschluss mit den Netzbetreibern und einem Prüfunternehmen planen. Das könnte ein möglicher Weg sein.
Telecom Handel: Und auf welcher zweiten Ebene wollen Sie – neben der Interessenvertretung gegenüber den Netzbetreibern – aktiv werden?
Carsten Diercks: Bei all dem, was einen Händler als Unternehmer interessiert. Dabei denken wir beispielsweise an rechtliche Themen, bei denen wir eine kostenlose Erstberatung anbieten können. Wir wollen hierfür ein Beraternetzwerk aufbauen, mit Hilfe dessen man sehr einfach und schnell einen Experten bekommt. Doch wir denken auch an andere Bereiche der Unternehmensführung – etwa bei den Themen Recruiting, Ausbildung und People-Management.
Telecom Handel: Die Gründung des Verbandes hat ja ein durchaus ambivalentes Echo hervorgerufen, gerade auch im Fachhandel. Kritisiert wurde auch der relativ hohe Beitrag von 50 Euro im Monat …
Görke: Das Mitgliedsentgelt ist nicht die größte Barriere. Jeder Händler weiß, wie viel Zeit er allein damit verbringt, seine Provisionsabrechnung zu überprüfen. Wenn wir ihm dort die entsprechenden Antworten liefern können, dann ist das allemal abgegolten. Und es gibt weitere Dienstleistungen, die wir aktuell vorbereiten und die einen so großen Mehrwert bieten, dass wir über Entgelte künftig nicht mehr zu reden brauchen.

Zahl der Mitglieder bleibt (noch) geheim

Telecom Handel: Es kam sogar der Verdacht auf, dass Sie die Beiträge als Aufwandsentschädigung für sich verwenden könnten …
Görke: Keiner der drei Beteiligten im Vorstand muss davon leben. Wir arbeiten heute ehrenamtlich für den bvdtf, und insofern kann das nicht die Hauptmotivation gewesen sein.  
Telecom Handel: Wie viele Mitglieder hat der Verband bis jetzt?
Görke: Das werden wir nicht kommunizieren. Wir behalten uns vor zu sagen, wenn eine kritische Masse erreicht ist, bei der der Verband als etabliert gilt.
Telecom Handel: Wann sehen Sie dies als erreicht an?
Görke: 500 Mitglieder würden uns helfen, einige Dienstleistungen anzuschieben, die einen gewissen Invest benötigen. Und bei 1.000 Mitgliedern wäre eine Masse erreicht, bei der die Interessenvertretung als etwas völlig Normales funktionieren würde. Ich könnte mir vorstellen, dann auch die Anonymität der Mitglieder aus der Satzung zu streichen.
Telecom Handel: Alle drei Mitglieder des Vorstands sind nie selbst hinter dem Tresen eines TK-Shops gestanden. Inwiefern glauben Sie, dass Sie dennoch die Interessen der Händler vertreten können?
Görke: Die Frage ist mehr als berechtigt. Vielleicht ist es für alle Beteiligten jedoch sogar ein Riesenvorteil, dass wir nicht unmittelbar aus dem Handelsumfeld kommen. Denn wir stellen dadurch ganz andere Fragen – neutraler, als wenn sie ein Händler artikulieren würde. Die Idee für die Gründung des Verbands ist aber nicht nur von uns ausgegangen, sondern es standen auch Händler als Protagonisten zur Seite. Wir haben uns aber bewusst dagegen entschieden, Händler in die Gründungsriege mit aufzunehmen, da deren Namen über das Vereinsregister öffentlich gemacht werden müssten.