Der Weg zum eigenen Geschäft 13.08.2010, 11:58 Uhr

Mit Ausdauer zum Erfolg

Nach der Pleite von Quelle wagte der Leiter des Quelle Technik Centers im thüringischen Gera, Reno Puschnerus, den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete im Mai einen eigenen Expert-Markt. Telecom Handel hat ihn zu seinen Erlebnissen interviewt.
Als das Versandhaus Quelle im Sommer 2009 nach vielen erfolglosen Rettungsversuchen schließlich doch Insolvenz anmelden musste, blickten die Shopleiter und Mitarbeiter der rund 160 deutschen Quelle Technik Center in eine ungewisse Zukunft. Am Ende wagte aber nur einer der ehemaligen Marktleiter den Gang in die Selbstständigkeit.
Reno Puschnerus hatte das Quelle Technik Center in Gera rund 15 Jahre lang geleitet und sah die Pleite von Quelle als Chance, um sich als Gesellschafter von Expert selbstständig zu machen und so seinen und auch die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter zu sichern. Telecom Handel fragte den 48-Jährigen nach seiner Motivation für diesen Schritt und nach den Hindernissen, die er auf dem Weg zum eigenen Geschäft überwinden musste.
Telecom Handel: Sie haben seit Februar 1995 das Quelle Technik Center in Gera erfolgreich geleitet. Wann war klar, dass Quelle die eigenen Läden schließen muss?
Reno Puschnerus: Wir Mitarbeiter haben offiziell im August letzten Jahres davon erfahren. Da ich aber bereits seit Jahren in den verschiedensten Arbeitskreisen bei Quelle gearbeitet habe, war das vorher schon abzusehen. Mit anderen Worten, ich habe mich schon ein halbes Jahr vor dem Insolvenzantrag darum bemüht, mich selbstständig zu machen.
Telecom Handel: Entstand dieser Gedanke erst aufgrund der drohenden Insolvenz?
Puschnerus: Nein, ich wollte im Grunde schon immer diese Form des Geschäfts selber führen. Über die ganzen Jahre hinweg ist eine Art Idealbild des Ladens in meinem Kopf entstanden, aber das konnte ich damals natürlich so nicht umsetzen.
Telecom Handel: Hatten Sie damals auch Kontakt zu den anderen Quelle Technik Centern?
Puschnerus: Ja. Was mich allerdings verwundert hat, ist, dass wir von den rund 160 Centern das einzige waren, das den Weg in die Selbstständigkeit gewagt hat.
Telecom Handel: Haben Sie in dieser schweren Zeit auch einmal mit dem Gedanken gespielt, komplett die Branche zu wechseln?
Puschnerus: Eigentlich stand das nie zur Debatte. Sicherlich hat man immer Träume, aber wenn man den Job so lange Jahre gemacht hat wie ich, dann sagt man sich: Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Telecom Handel: Wie sahen diese Träume denn konkret aus?
Puschnerus: Ich führe seit Jahren schon Reisegruppen bei Wanderungen, unter anderem in Sibirien und Kirgistan. Das eigene Hobby zum Beruf zu machen, davon träumt glaube ich jeder auf die eine oder andere Art und Weise. Aber da muss man sich nichts vormachen, das wäre sicherlich eine recht brotlose Kunst.

"Ohne die nötige Ausdauer kommt man nicht weit"

Telecom Handel: Können Sie dieses Hobby denn mit dem neuen Geschäft noch unter einen Hut bekommen?
Puschnerus: Momentan ruht es, dazu ist einfach zu viel zu tun. Zumindest mein tägliches Lauftraining halte ich immer noch eisern durch, und das seit 1.300 Tagen ohne Pause. Das ist wie im Beruf: Ohne die nötige Ausdauer kommt man nicht weit.
Telecom Handel: Sind Sie direkt zu Expert gegangen, als die Insolvenz von Quelle feststand?
Puschnerus: Nein, ich habe unter anderem auch mit Euronics gesprochen, was zweifelsohne auch eine sehr gute Kooperation ist. Bei Expert war ich mir sicher, selbstständig arbeiten zu können und dabei gleichzeitig eine starke Marke im Rücken zu haben. Das hat letztlich den Ausschlag gegeben.
Telecom Handel: Hätten Sie auch ohne die Unterstützung einer Kooperation die Selbstständigkeit gewagt?
Puschnerus: Ja, ich wäre diesen Schritt auch gegangen, aber natürlich in wesentlich kleinerem Umfang. Denn so ein Projekt wie dieses mit rund 1.500 Quadratmetern Verkaufsfläche, das kann man nur mit professioneller Unterstützung stemmen. Auch hinsichtlich der Finanzierung war es von sehr großem Vorteil, nicht allein zur Bank gehen zu müssen.
Telecom Handel: Konnten Sie alle Mitarbeiter davon überzeugen, den Wechsel zu Expert mitzumachen?
Puschnerus: Ein paar Mitarbeiter haben von sich aus entschieden, den Weg nicht mitzugehen, sei es vom Alter oder von der Qualifikation für die neuen Geschäftsfelder her. Am Ende waren es dann neun Kollegen, die heute noch dabei sind. Insgesamt sind wir jetzt 20 Arbeitskräfte.
Telecom Handel: Wie schnell ging der Wechsel von Quelle zu Expert dann vonstatten?
Puschnerus: Das ging relativ zügig, zumal ich ja schon genau wusste, was ich machen wollte. Ich wurde von Expert Anfang September 2009 eingeladen, die haben mir dann ihr Konzept noch einmal persönlich vorgestellt. Und Ende des Monats saßen wir schon mit dem Businessplan bei der Bank.

Mit langem Atem zum Erolg

Telecom Handel: Aber ganz so reibungslos hat es dann ja doch nicht geklappt …
Puschnerus: Richtig, die Schwierigkeiten fingen damit an, dass mir die Stadt Gera die Fläche für das Geschäft nicht mehr freigegeben hat. Quelle hatte damals eine Sondergenehmigung erhalten, die man mir anfangs nicht mehr geben wollte. Zusammen mit Expert, der IHK und der Sparkasse ist es uns dann aber schließlich doch gelungen, die Genehmigung zu erhalten.
Telecom Handel: Mit dem Wechsel von Quelle zu Expert hat sich ja nicht nur für Sie und Ihre Mitarbeiter etwas verändert, sondern auch für die Kundschaft …
Puschnerus: Damit haben wir uns im Vorfeld auch intensiv auseinandergesetzt, letztlich konnte man aber nicht wirklich einschätzen, inwieweit die alte Kundschaft uns erhalten bleiben würde. Nach der Eröffnung mussten wir aber erkennen, dass wir – auch wegen des veränderten Produktangebots – in der Masse neue Kunden haben, auch wenn es den einen oder anderen Stammkunden gibt, der immer noch kommt. Und das Beste: Es sind nicht nur andere Kunden, sondern insgesamt auch deutlich mehr Kunden.
Telecom Handel: Bieten Sie den Kunden auch mehr Dienstleistungen an als früher?
Puschnerus: Ja, wir liefern zum Beispiel die Geräte selbst aus, das haben früher Subunternehmen erledigt. Außerdem installieren wir Satellitenanlagen und bauen eine Werkstatt für Weiße Ware auf.
Telecom Handel: Wo sehen Sie das Geschäft in zwei Jahren?
Puschnerus: Zunächst einmal wollen wir uns stabilisieren, sowohl beim Umsatz als auch bei der Qualität der neuen Dienste und Leistungen, die wir anbieten. Danach kann man sich dann weiter nach vorne orientieren. Das ist wie beim Laufen: Man braucht einen langen Atem, dann kommt man auch zum Erfolg.




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