Elektronikversicherungen
03.01.2014, 10:12 Uhr
Fluch und Segen für den Handel
Händler klagen über das restriktive Verhalten einiger Versicherungsunternehmen bei Schadensfällen. Die Versicherungen weisen die Vorwürfe zurück.
Viele Versicherer schalten Gutachter zur Prüfung von Schäden ein
(Quelle: © Schlierner - Fotolia.com)
Beim Kauf eines Smartphones oder Tablets entscheiden sich immer mehr Kunden, eine Elektronikversicherung abzuschließen. Die Geräte werden teurer und die Käufer wollen nicht riskieren, im Schadensfall die Reparaturen oder einen Ersatz bezahlen zu müssen. Für den Handel ist dies Fluch und Segen zugleich: Denn einerseits bringt der Abschluss einer Elektronikversicherung zusätzlichen Umsatz in die Kasse. Er kann aber auch zu erheblichem Mehraufwand führen. Dies gilt vor allem dann, wenn es wirklich zum Schaden kommt und die Versicherung nicht bereit ist, diesen zu begleichen.
Manfred Kremer vom Handyshop Ebelsbach in der Nähe von Bamberg etwa hat derzeit keine Freude, wenn die Sprache auf das Thema Elektronikversicherung kommt. Im Gegenteil: „Rund zehn Prozent unserer Versicherungsfälle werden abgelehnt, das kann nicht sein“, macht er seinem Ärger Luft. Darüber hinaus würden fast alle Schadensfälle grundsätzlich angezweifelt und zu einem Gutachter geschickt.
Die Kunden seien deshalb verärgert und fühlten sich über den Tisch gezogen. „Diese Kunden kaufen bei mir nie wieder ein Smartphone oder schließen einen Vertrag ab“, so Kremer. Mittelfristig würden ihm damit erhebliche Umsatzeinbußen drohen. Ein Einzelfall? Eine ganze Reihe von Lesern bestätigten auf Nachfrage von Telecom Handel, dass einige Versicherungen in den letzten Monaten deutlich restriktiver geworden seien und mehr Schadensfälle abgelehnt würden als früher.
Die Macht der Gutachter
Die Versicherungen wollten dies indes nicht bestätigen. „Im Vergleich zum Vorjahr sind im Kommunikationsbereich gut 15 Prozent mehr Smartphones geschützt worden, im Bereich der Tablets ist diese Zahl deutlich höher“, heißt es beispielsweise bei Wertgarantie. Auch die Zahl der Schäden sei in diesem Verhältnis gestiegen.
„Pro 100 Schäden wurden aber nicht mehr Fälle abgelehnt, als dies im Vorjahr der Fall war“, so Wertgarantie weiter. Ebenso betont der Wettbewerber Deutsche Familienversicherung (DFV), man habe eine stabile Schadens- beziehungsweise Ablehnungsquote; Auffälligkeiten im Vergleich zum Vorjahr gebe es nicht.
Auch beim Thema Gutachter, die in der Regel entscheiden, ob ein Schaden von der Versicherung abgedeckt ist oder abgelehnt wird, üben sich die Versicherer in Zurückhaltung. Die DFV etwa arbeitet mit verschiedensten Reparaturdienstleistern zusammen, die Schadensursache und Schadensbild auf Plausibilität abgleichen. Nur bei Bedarf wird ein öffentlich bestellter Gutachter gebeten, einen Schadensfall zu bewerten; in der Branche ein durchaus übliches Verfahren.
Das Problem dabei: Ist diese Bewertung nicht transparent, kommt bei so manchem Händler der Verdacht auf, die für die Bewertung beauftragten Werkstätten spielten in erster Linie den Versicherungen in die Hände.
Bernd Ehrenberg beispielsweise ist Geschäftsführer der MTC GmbH Hof und betreibt mehrere Handyshops, er ist auch selbst als Reparaturdienstleister tätig. Und er berichtet von Vorfällen, die in den vergangenen Wochen häufiger als sonst aufgetreten seien. So dürfe beispielsweise bei der Untersuchung eines Wasserschadens kein Garantiesiegel mehr auf der Innenseite des Geräts angebracht werden. „Das sind Vorgaben der Hersteller“, sagt er.
Nun komme es häufig vor, dass Versicherungen diesen Schaden ablehnen, weil sie wegen des fehlenden Garantiesiegels auf Fremdeingriff des Kunden schließen. Er wünscht sich deshalb, dass die Versicherer klare Regeln aufstellen, wie Reparaturen zu leisten sind. „Wir Reparaturdienstleister sitzen sonst zwischen den Stühlen“, erklärt Ehrenberg. Ein Dilemma, das vor allem den freien Werkstätten das Leben schwer macht.
Probleme bei Ersatzteilen
Von einer Lösung scheint die Branche allerdings weit entfernt, dies zeigen auch die Vorgaben beim Einsatz von Ersatzteilen. Die Hersteller wollen dabei Originalersatzteile verwendet sehen – diese sind in der Regel teurer als die Komponenten anderer Hersteller. Nicht jede Versicherung ist aber bereit, Originalersatzteile auch zu bezahlen.
Außerdem sind diese für nicht zertifizierte Werkstätten meist nur über Umwege zu beziehen, daher bleibt den Repair-Centern häufig nichts anderes übrig, als auf Alternativprodukte oder Ware aus dem Graumarkt auszuweichen, „die qualitativ nicht mit den Originalersatzteilen mithalten können“, so Ehrenberg.
Einige Hersteller haben darüber hinaus die Zahl der zertifizierten Werkstätten deutlich reduziert, Sony etwa arbeitet in Deutschland offiziell nur mehr mit zwei Servicepartnern zusammen. Erledigt eine andere Werkstatt eine anfallende Reparatur, so gilt dies als Fremdeingriff – und damit „erlischt grundsätzlich die Garantie, da wir auf diese Weise vorgenommene Manipulationen nicht nachvollziehen können“, erklärt der Hersteller.
Bei Wertgarantie hält man wiederum dagegen, dass eine strikte Durchführung aller Reparaturen in wenigen vom Hersteller zertifizierten Werkstätten nicht praktikabel sei. „Denn nicht alle Reparaturen finden im Service-Level 3 statt; wenn ein Fachhändler Reparaturen schnell, qualifiziert und preisgerecht durchführen kann, warum soll das Gerät dann erst zeitaufwendig und teuer durch die Republik gesendet werden?“
Die Beispiele zeigen: Das Thema Elektronikversicherung ist komplex, hier prallen die Ansprüche der Hersteller, der Kostendruck der Versicherer und die Wünsche der Kunden aufeinander.