Navi-Vergleichstest 12.10.2011, 17:23 Uhr

Alle Wege führen ans Ziel

Telecom Handel hat drei aktuelle Vertreter der verschiedenen Navigationssysteme getestet. Die stärksten Unterschiede zeigten sich bei der Bedienbarkeit - in puncto Routenführung gab sich hingegen kein Navi eine Blöße.
Festeinbau, Stand-alone-Navi oder doch das Smartphone? Vor dieser Frage steht jeder Kunde, der über die Neuanschaffung eines Navigationsgeräts nachdenkt. Für den Fachhandel hat sich durch den Navi-Boom der vergangenen fünf Jahre ein komplett neues Geschäftsfeld erschlossen, hauptsächlich durch die portablen Geräte. Spätestens seit vergangenem Jahr ist auch die Routenplanung via Smartphone ein Thema bei den Konsumenten, und auch die Festeinbauten sind mittlerweile für immer mehr Fahrer erschwinglich. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Hersteller wie TomTom Kooperationen mit den Fahrzeugherstellern geschlossen haben und diese somit günstige Navis „ab Werk“ anbieten können, und das schon zu Preisen ab 500 Euro.
Doch wo sind die gravierendsten Unterschiede zu finden? Telecom Handel hat sich mit einem Testfahrzeug auf Tour begeben und die drei Varianten einem direkten Vergleich unterzogen. Zum Einsatz kamen dabei ein Stand-alone-Navi von United Navigation vom Typ Becker Ready 50, die Navigon-App auf einem iPhone 4 sowie das TomTom Carminat Live in einem Renault Espace. Die Preise liegen bei 189 Euro für das Becker-Gerät, bei 89 Euro für die App und bei 499 Euro für das fest installierte System.

Festeinbau-System

Die ersten Navigationsgeräte klebten nicht an der Scheibe, sondern waren für viele Tausend Mark ins Fahrzeug eingebaut. Sie lotsten mit mehr oder weniger gut ablesbaren Pfeilen durch den Straßendschungel. Im Vergleich dazu ist das TomTom in unserem Testwagen geradezu luxuriös: Ein großes Display, das nahtlos in das Armaturenbrett integriert ist und alle wichtigen Infos auf einen Blick serviert. Das Menü zeigt sich wie auch bei den portablen Geräten von TomTom gewohnt übersichtlich und aufgeräumt, überhaupt sieht man dem Carminat die Verwandtschaft zur Live-Serie des Herstellers deutlich an.
Fast schon instinktiv will man das Navi über dessen Display bedienen, TomTom hat jedoch auf einen Touchscreen verzichtet. Die Steuerung erfolgt komplett über ein Element im Armaturenbrett. Das klappte im Test nach einer kurzen Eingewöhnungsphase relativ gut, der kleine Joystick und die daneben liegenden Tasten ließen sich auch blind bedienen. Dennoch vermisst man den Touchscreen oft schmerzlich, etwa bei der Eingabe des Zielortes.
Neben den Navi-Funktionen gibt es auch eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung, allerdings muss diese über das CD-Radio-Bedienfeld gesteuert werden. Die Sprachausgabe erfolgt bei Navigation und Telefonie über die Bordlautsprecher. Ein weiterer Vorteil gegenüber Smartphone und Stand-alone-Gerät ist die Anbindung an die Radsensoren. Damit weiß das Navi auch ohne GPS-Signale, wohin der Weg führt. Gibt es Störungen auf demselben, kann sich der Fahrer auf den Stauinfo-Service HD Traffic verlassen. Dieser ist nach wie vor das Maß aller Dinge und deckt sogar kleinere Straßen zuverlässig ab.

Navi-App fürs Smartphone

Auch die Smartphone-App von Navigon bietet Verkehrsinfos in Echtzeit übers Internet. Sie dürfte aber nicht zuletzt aufgrund der Größe des Displays eine andere Kundenschicht ansprechen. Im Vergleich zu den ersten Navigationsanwendungen für Handys vor einigen Jahren muss sich die Navigon-App aber nicht mehr hinter Stand-alone-Navigatoren oder günstigen Festeinbauten verstecken. Dazu trägt unter anderem das scharfe Retina-Display des iPhone bei, das in puncto Auflösung fast jedes andere Navi locker aussticht.
Die Eingabe des Fahrtziels geht dank des kapazitiven Touchscreens besser von der Hand als beim Festeinbau- und beim Stand-alone-Gerät.
Dennoch sind die 3,5 Zoll des Apple-Geräts zu klein, gerade wenn die Windschutzscheibe weiter entfernt ist. Nicht umsonst präsentiert kaum ein Navi-Hersteller noch Geräte mit Displays, die weniger als 4,3 Zoll messen. Wen das nicht stört, der kann mit der App sein Smartphone mit einem Klick zum vollwertigen Navigationsgerät machen, inklusive 3D-Darstellung, Fahrspurassistent, Freisprecheinrichtung und einer umfangreichen PoI-Datenbank.
Auch wenn immer mehr Stand-alone- und Festeinbau-Systeme über eine SIM-Karte die Verbindung ins Web herstellen können – richtig surfen lässt es sich nur mit einem Smartphone. Lediglich beim Thema Freisprechen müssen Abstriche gemacht werden. So gut der iPhone-Lautsprecher auch sein mag, ab 180 km/h kann man die Ansage der nächsten Ausfahrt nur erahnen.

Stand-alone-Navigation

Auch portable Navigatoren haben mit dem Problem des schwachen Lautsprechers zu kämpfen, der des Becker Ready 50 verrichtet seinen Dienst aber überdurchschnittlich gut. Im Vergleich zum iPhone mutet das 5-Zoll-Display fast überdimensional an, trotzdem wirkt es an der Frontscheibe nicht klobig. Von allen Systemen bietet das Becker die beste Übersicht, unter anderem deshalb, weil TomTom die 5,8 Zoll des Carminat nicht optimal ausnutzt.
Auch bei der Darstellung des Kartenmaterials punktet das Mittelklasse-Navi, die dreidimensionale Landschaft sieht einfach schön aus, ohne überladen zu wirken. Ausgewählte Sehenswürdigkeiten werden ebenso in 3D angezeigt, der Fahrer kann sich zudem über die MarcoPolo-CityGuides seine eigene Stadtführung erstellen. Berlin ist bereits vorinstalliert, weitere Städte können für wenige Euro aus dem Web geladen werden. Eine clevere Neuerung hat United Navigation mit dem sogenannten SituationScan installiert. Fährt man beispielsweise ungeplant von der Autobahn ab, schlägt das Navi automatisch Tankstellen in der Nähe vor.

Fazit: Mit allen sicher ans Ziel

Am Ende kann jede Lösung überzeugen: Sowohl was die Routenanweisungen und den Fahrspurassistent angeht als auch die Neuberechnung einer Route – alle Navis führten sicher ans Ziel. Lediglich bei den Stauinformationen konnten TomTom und Navigon den Internet-Vorteil gegenüber dem Stand-alone-Navi von Becker mit HQ-TMC ausspielen. Aber die Smartphone-App ist längst keine Notlösung mehr und der Festeinbau nicht länger Luxus-Limousinen vorbehalten.

PRO: Genaueste Positionsbestimmung durch Radsensoren, kein Kabelsalat, elegante Integration ins Fahrzeug
CONTRA: Teils unkomfortable Bedienung, nur in einem Fahrzeug einsetzbar, im Vergleich relativ hoher Preis

PRO: Sehr günstig, kein weiteres Gerät zur Navigation erforderlich, auch für Routenführung zu Fuß geeignet
CONTRA: Kleines Display, schwacher Lautsprecher, ohne zusätzliches Kfz-Ladekabel ist der Akku sehr schnell leer

PRO: Vielseitig einsetzbar, auch in verschiedenen Fahrzeugen, gutes Preis-Leistungsverhältnis
CONTRA: Keine Internet-Anbindung, Freisprechfunktion nicht standardmäßig an Bord




Das könnte Sie auch interessieren