Augmented Reality erobert Smartphones und das Connected Car

Das AR-Spiel Pokémon Go

Das beim Erscheinen im Sommer 2016 von großem Hype begleitete AR-Spiel Pokémon Go mit bislang 800 Millionen Downloads war nur ein Anfang. Erschienen die virtuellen Wesen zunächst nur recht flach über der Ansicht aus der Handy-Kamera, legten die Entwickler bereits nach: In einem Demovideo ist zu sehen, wie Pikachu und Co. demnächst um Bäume oder Spaziergänger herumwuseln sollen.

Neue Prozessoren und Kameras mit mehreren Linsen erlauben zunehmend anspruchsvollere Spiele und Apps. "Das Entscheidende ist, dass zunehmend die nötige Hardware gegeben ist", erklärt Christopher Meinecke von Bitkom. Apple und Google bieten neuerdings Plattformen für AR-Entwickler. Nach Ansicht von Apple-Chef Tim Cook könnte Augmented Reality so weltverändernd werden wie das Smartphone selbst.
Auch die Brillen selbst haben sich hinter den Kulissen etabliert. "AR-Brillen werden sich jetzt im Unternehmensbereich schnell und massiv durchsetzen, da sind wir jetzt schon dabei", sagt Meinecke. "Ein Monteur bei Boeing wird nicht mehr lange mit einem physischen Handbuch hantieren, wenn er ein Flugzeug repariert."
Die weiterentwickelte Version der bei Verbrauchern auch wegen Datenschutz-Ängsten gescheiterten Google Glass nutzen laut Google Konzerne wie Volkswagen und General Electric. Der Paketdienst DHL blendet - an manchen Standorten - auf Datenbrillen Arbeitsanweisungen oder Schulungsprogramme für Mitarbeiter ein. "Diese Technik hat zu durchschnittlichen Produktivitätssteigerungen von 15 Prozent geführt und gleichzeitig die Fehlerquote reduziert", erklärt eine Sprecherin. Brillen wie die Hololens von Microsoft erzeugen Hologramme, die zum Beispiel als virtuelle Schalter mit der Hand im Raum bedient werden können.
Dass das virtuell erweiterte Blickfeld auch bei Verbrauchern einen erfolgreichen zweiten Anlauf starten wird, sind sich Experten sicher. "Eyeables" - tragbare Elektronik rund ums Auge - böten sich als logisches Gegenstück zur sich rasant durchsetzenden Sprachsteuerung an, meint etwa der US-Technologie-Vordenker Stowe Boyd.

Auch Amazon, Heimat der Sprachassistentin Alexa, arbeite an einer dazugehörigen Datenbrille, berichtete vor einem Jahr die "Financial Times". Geleitet wird das Projekt demnach vom Physiker Babak Parviz, der einst Google Glass mitentwickelte. Parviz machte schon 2009 Schlagzeilen: An der Universität von Washington testete sein Team erfolgreich Kontaktlinsen mit Schaltkreisen und Leucht-Pixeln.

Die AR-Kontaktlinse

Tatsächlich ist es womöglich dann gar nicht mehr eine Brille, die digitale Anreicherung ins Auge der meisten Betrachter bringt. "Langfristig kann ich mir vorstellen, dass es sogar eher die AR-Kontaktlinse ist", meint Meinecke. Mit technologisch erweiterter Kontaktlinsen, die etwa Blutzucker messen, wird derzeit experimentiert. Berichten zufolge meldeten Samsung, Google und Sony bereits Patente auf Kontaktlinsen mit Mikrokameras an.

"Es würde mich nicht wundern, wenn wir in zehn bis fünfzehn Jahren AR-Kontaktlinsen hätten", sagt Meinecke. "Mit denen läuft dann vielleicht nicht sofort jeder Zweite herum, aber jede Technologie startet langsam, bevor sie sich in der Breite durchsetzt."



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