Interview 19.12.2014, 16:50 Uhr

Smartphone-Markt: Wiko bläst zur Attacke

Wiko attackiert den deutschen Smartphone-Markt mit günstigen Geräten und setzt dabei auf den Fachhandel.
Der französische Smartphone-Anbieter Wiko ist seit rund einem Jahr auf dem deutschen Markt aktiv. Ole Grosstück, Marketingleiter von Wiko Deutschland, zieht eine erste Bilanz und erläutert die weiteren Pläne.

Telecom Handel: Noch nicht jeder kennt wahrscheinlich die Marke Wiko, was ist der Hintergrund?
Ole Grosstück: Wiko kommt aus Frankreich und ist dort seit 2011 im Smart­phone-Geschäft tätig. Dort sind wir auch sehr erfolgreich und im offenen Smartphone-Markt die Nummer zwei. Daher haben wir Ende 2013 begonnen, die Marke international zu positionieren.

Ist Wiko eine echt französische Marke? Die Produkte lassen Sie doch in China bauen …
Grosstück: Wiko ist eine europäische Marke mit Hauptsitz in Marseille. Natürlich lassen auch wir unsere Produkte in Asien fertigen und arbeiten hierfür eng mit einem starken Partner mit eigenen Werken zusammen. Dadurch haben wir auch immer direkten Einfluss auf die Entwicklung der Produkte und können so die lokalen Ansprüche der Verbraucher mit einfließen lassen.

Welche Rolle spielt Deutschland für Wiko?
Grosstück: Hier sind wir letztes Jahr zur IFA gestartet. Deutschland ist ein wichtiger und durch seine dezentralen Handelsstrukturen auch ein sehr besonderer Markt. Wir sind schon jetzt bei einem Marktanteil von knapp zwei Prozent, was in Anbetracht der kurzen Zeit außerordentlich gut ist. In unserem Kerngeschäft, dem Preissegment von 100 bis 200 Euro, erreichen wir bereits sechs bis sieben Prozent. Das wollen wir 2015 mit neuen Produkten deutlich ausbauen, denn es gibt noch viel Potenzial.

Was ist die Grundlage für den Erfolg?

Grosstück: Das ist die für uns günstige Marktentwicklung: Für den Endkunden ist eine zeitgemäße mobile Kommunikation wichtiger denn je, und dafür werden erschwingliche Telefone mit guter Ausstattung benötigt. Die Händler haben schnell erkannt, dass Wiko die richtigen Produkte dafür bereithält. Unser auf den Handel zugeschnittenes Vertriebskonzept gibt ihnen die notwendigen Freiheiten, die Produkte erfolgreich zu verkaufen. 

Geht weiteres Wachstum auch ohne eine starke Marke?
Grosstück: Wir haben Wiko als Marke im ersten Jahr bewusst an der Basis aufgebaut und im Handel eingeführt. Die Verbraucher sind offener geworden gegenüber neuen Marken und suchen zunehmend Alternativen zu den etablierten Marken. Wiko besitzt derzeit in Deutschland noch Newcomer-Status, wir arbeiten gezielt und intensiv daran, das Markenprofil im Jahr 2015 deutlich zu schärfen und gemeinsam mit unseren Handelspartnern die Marke ähnlich stark und erfolgreich wie in Frankreich zu positionieren.

Es gibt aber auch viele andere Newcomer …
Grosstück: Wir haben schon eindrucksvoll bewiesen, was wir können, und auch der Handel hat verstanden, dass wir mit ihm kontinuierlich etwas aufbauen wollen. Wir sind an einem soliden und lang-fristig erfolgreichen Geschäft interessiert und nicht an einer kurzfristigen Profilierung. Daher haben wir keine Angst vor Konkurrenten.

Warum ist die Modellpalette so groß?

Grosstück: Wir wollen möglichst viele Kundengruppen bedienen, deren Anforderungen immer vielschichtiger werden. Dazu gehören zum Beispiel auch ungewöhnliche Farben wie Neongelb oder Tür-kis für jugendliche Zielgruppen. Bestseller sind aktuell Lenny, Rainbow und Getaway. Sie decken die Preislagen von 99 bis 199 Euro ab. Bei den Displays sind 5-Zoll-Geräte aktuell am meisten gefragt.

Das Segment unter 100 Euro wird im nächsten Jahr an Bedeutung zunehmen

Welche Rolle spielen technische Features?
Grosstück: Technisch ausgereizt ist die Smartphone-Welt noch lange nicht, auch wenn der Abstand zu den großen Marken klein geworden ist. Wir können eben viel Ausstattung auch schon in der Mittelklasse zu attraktiven Preisen bieten. Aber viel wird auch über die Positionierung und das Auftreten am Markt gehen, vor allem bei jüngeren Zielgruppen.

Kann man denn noch Einsteiger gewinnen?
Grosstück: Ja, noch hat ja nicht jeder Deutsche ein Smartphone und es kommen laufend neue Kunden dazu. Im Bereich von 100 bis 150 Euro sprechen wir zum Beispiel Familien an, die für ihre Kinder Geräte kaufen. Viele der Erstkäufer wollen nicht so viel Geld ausgeben, sondern ihnen reicht ein Produkt dieser Preisklasse.

Gehen die Preise noch weiter nach unten?
Grosstück: Der Durchschnittspreis wird weiter deutlich sinken und das Segment unter 100 Euro wird im nächsten Jahr an Bedeutung zunehmen. Aber unser Sor­timent soll den Handel auch in die Lage versetzen, dem Kunden auch höher ­posi­tionierte Produkte zu bieten. Daher werden wir dem Handel im nächsten Jahr ein breites, interessantes und außerordentlich wettbewerbsfähiges Portfolio präsentieren.

Kaufen die Leute auch öfter als bisher ein neues Smartphone?
Grosstück: Wir sehen, dass sich die Produktzyklen laufend verkürzen. Viele User wollen nicht nur immer das neueste Gerät haben, was Technik und Design betrifft. Für viele sind Smartphones aber auch ein Teil des täglichen Lebens und somit Teil des Lifestyle-Bewusstseins geworden.

Will Wiko seine Produktpalette auch ausweiten, zum Beispiel auf Tablets?
Grosstück: Nein, aktuell nicht. Unsere Kernkompetenz sind und bleiben Smartphones mit Android. Aber wir beobachten natürlich den Markt.

Wie wichtig ist der Handel für Sie als Vertriebsschiene?
Grosstück: Er ist extrem wichtig. Wir hatten zu Beginn nur ein kleines Vertriebs-Team, der Fachhandel und der Retail-Markt standen für uns jedoch von Anfang an im Mittelpunkt. Heute sind wir bei allen marktrelevanten Retailern gelistet und werden bis Ende Dezember 1.000 Outlets bedienen. Dazu haben wir in den letzten Monaten kontinuierlich unser Außendienst-Team für die regionale Betreuung der Händler ausgebaut.  Mit Jörg Christiansen, der seit Juni als Sales Director für den Vertrieb von Wiko Deutschland verantwortlich ist, haben wir genau den richtigen Mann für die nächsten Wachstumsschritte gefunden. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im CE-Markt konnten die notwendigen Prozesse eingeführt und die Sichtbarkeit am PoS bereits jetzt deutlich erhöht werden.

Welche Rolle spielen die Distributoren?
Grosstück: Sie sind extrem wertvoll, um auch kleinere Händler zu erreichen, die wir nicht selbst betreuen können. Wir arbeiten bereits heute mit Ingram Micro, Komsa und Brodos sehr eng zusammen. Die offene und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern ist aus unserer Sicht die Basis für nach­haltigen und langfristigen Erfolg. Die unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten bedürfen stets eines engen Austausches und maßgeschneiderter Ver­­markt­ungskonzepte.




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