Marktreport 25.03.2015, 08:25 Uhr

Was Sie über Fitness-Tracker wissen müssen

Die Nachfrage nach Activity-Trackern ist ungebrochen, die Geräte bieten zudem immer mehr Features. Telecom Handel gibt einen Überblick über die aktuellen Trends.
Talkband-Modelle von Huawei
(Quelle: Huawei)
Tchibo hat Laufklamotten im Angebot, in diversen Männer- und Frauenzeitschriften gibt es Tipps zum Fitwerden, Sportgeschäfte locken mit neuen Schuhen – und seit einiger Zeit kann auch der TK-Handel vom alljährlichen Fitness-Boom im Frühjahr profitieren.
Spätestens seit dem vergangenen Jahr haben Activity-Tracker den Durchbruch in den Massenmarkt geschafft und sind in einer mittlerweile beinahe unüberschaubaren Vielfalt erhältlich. Das Preisvergleichsportal Idealo.de konnte im November 2014 einen Anstieg bei der Nachfrage nach Fitness-Armbändern von satten 1.093 Prozent gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.
Die Einstiegspreise liegen bereits unterhalb der 50-Euro-Grenze, ein Bereich, in dem es früher nur billige China-No-Name-­Ware gab. So hatte beispielsweise Mobilcom-Debitel zum Weihnachtsgeschäft den Up von Jawbone für 49 Euro im Programm – ein Jahr zuvor lag der UVP noch über 100 Euro.
Doch immer kürzere Modellzyklen und durch die Massenproduktion günstig gewordene Hardware-Einzelkomponenten wie die verbauten Bewegungssensoren erlauben den Herstellern die Fertigung zu immer niedrigeren Preisen.
Beim Preisvergleichsportal Idealo.de lag der niedrigste Preis im November 2014 bei 12 Euro, ein Jahr zuvor war die Untergrenze bei 41 Euro zu verorten. Aber auch nach oben hin hat sich viel getan, hier kostete im Jahr 2014 das teuerste Gerät 163 Euro, im Jahr zuvor war bereits bei 139 Euro Straßenpreis Schluss.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Dass die Nachfrage nach zusätzlicher Hardware zum Schrittezählen derart steigt, ist insofern etwas verwunderlich, als es diese Funktion bereits vor Jahren auch in Mobiltelefonen gab.
Sony Ericsson beispielsweise hatte in seinem 2008 vorgestellten Flaggschiff C905 die Walkmate-Anwendung integriert, die über den verbauten Bewegungssensor die Schritte des Benutzers zählte und zu mehr Aktivität ermuntern sollte.
Dass sich nun die Konsumenten ein zusätzliches Gerät kaufen, liegt aber nicht nur am allgemeinen Technik-Hype und der guten Marketingarbeit der Hersteller, sondern auch an der Ausstattung.
Längst beherrschen auch Einsteigermodelle weit mehr als die reine Anzeige der zurückgelegten Schritte. Ein Beispiel liefert hier Garmin mit seinem Vivofit. Die Anfang 2014 vorgestellte erste Version konnte neben der Schrittzahl und der daraus errechneten Strecke lediglich noch den Puls (über einen ANT-kompatiblen Brustgurt), Datum und Uhrzeit sowie das Tagesziel anzeigen.
Schon auf der letzten IFA brachte der Navi-Experte mit dem Vivosmart einen neuen Tracker auf den Markt, der weitaus mehr Funktionsvielfalt bot. Die Steuerung erfolgte nun über einen Touchscreen, per Bluetooth LE wurden eingehende Anrufe oder Messages vom Smartphone angezeigt, zudem gab es einen Vibrationsalarm und ein beleuchtetes Display.

Viele Möglichkeiten dank leistungsstarker Sensoren

Doch damit sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft, durch die fortschreitende Miniaturisierung der Sensoren und immer leistungsfähigere Pro­zessoren nähern sich die vormals simplen Fitness-Armbänder immer mehr den hoch­gezüchteten Smartwatches an.
Die Grenze zwischen diesen beiden Kategorien verschwimmt ohnehin zusehends, am ehesten kann man sie noch daran unterscheiden, dass bei den einen eigenständige Apps laufen, während bei Activity-Trackern nur ein kleines Display mit einfachen Anzeigen zur Verfügung steht.
Fitbit bietet - wie viele andere auch - verschiedene Farben an
Ein Feature, das seit einigen Monaten stark im Kommen ist, macht den Brustgurt zur Pulsmessung überflüssig und soll so nicht nur für Gelegenheitssportler in­ter­essant sein. Auf der Unterseite des Geräts befinden sich je eine LED sowie eine fotosensitive Zelle.
Die LED leuchtet auf die Haut und die darunter verlaufenden Blutgefäße. Das Blut reflektiert je nach Pulsschlag eine gewisse Menge des Lichts, und daraus errechnet das Armband den entsprechenden Wert.
Dieser ist erstaunlich genau, wie Vergleichstests mit professionellen Laufuhren bewiesen. Dieses­ Feature hatte erstmals der Navi-Anbieter Mitec mit einer Lauf­uhr seiner Marke Mio eingeführt, dann folgte TomTom mit der Runner-Uhr, und nun kommen auch etliche Fitness-Armbänder in den Genuss dieser praktischen, aber auch sehr stromhungrigen Technologie, so etwa das Charge­ HR vom Hersteller Fitbit.
Einen anderen Weg schlägt Jawbone mit dem UP3 ein, hier wird der Puls mit Hilfe der sogenannten bioelektrischen Impedanzanalyse ermittelt.
Dazu sendet das Gerät einen nicht spürbaren elektrischen Impuls ins Hautgewebe und errechnet anhand des Widerstands den Blutfluss und unter anderem auch den Körperfettanteil – nach demselben Prinzip wie die bereits seit Jahren erhältlichen Waagen.
Jawbone verspricht sich von dieser Technologie eine geringere Belastung des Akkus als mit der LED-Variante, dennoch muss auch das UP3 nach spätestens einer Woche wieder an die Steckdose.

Die größte Schwachstelle: der Akku der Wearables

Überhaupt ist der Akku nach wie vor eines der größten Probleme bei der Benutzung, zumindest halten die aktuell erhältlichen Armbänder deutlich länger durch als Smartwatches, die oft nicht einmal einen kompletten Tag ohne Stromzufuhr auskommen.
Am energiehungrigsten sind neben Funktionen wie der Bluetooth-Synchronisierung vor allem die eben beschriebene Pulsmessung sowie die Beleuchtung des Displays und die Vibration bei eingehenden Nachrichten oder Alarmen.
Um die „smarte“ Alarmfunktion hat die Branche einen regelrechten Hype aufgebaut – jeder Besitzer eines halbwegs aktuellen Armbands hat den Marketingaussagen zufolge mittlerweile ein hochmodernes Schlaflabor am Handgelenk.
Die Wahrheit sieht allerdings etwas ernüchternder aus, die Bewegungs- und Lage­sensoren können lediglich ermitteln, wie oft man sich im Schlaf bewegt, nicht mehr und nicht weniger.
Daraus sollen dann die Tief- und die Leichtschlafphasen des Trägers ermittelt werden – und die Alarmzeit automatisch auf eine Leichtschlafphase verschoben werden.
In mehrmonatigen Tests mit ­unterschiedlichen Geräten konnten wir allerdings keine signifikante Verbesserung des Aufwachverhaltens feststellen – bei jedem einzelnen Testarmband versagte die Technik hin und wieder und riss den Träger ebenso aus dem Tiefschlaf wie ein herkömmlicher Wecker.
Ohne Smartphone sind die meisten Activity-Tracker nutzlos, da sie oft über kein Display verfügen
Hinzu kommt, dass verschiedene Studien ohnehin ­bezweifeln, dass die Bewegungsintensität während des Schlafes eindeutige Rückschlüsse auf Tief- oder Leichtschlafphase zulässt.

Nachfrage auch im stationären Fachhandel

Doch egal was die einzelnen Features letztlich tatsächlich leisten und wie genau oder ungenau die erfassten Daten sind – die Nachfrage steigt weiter, auch im stationären Handel, sofern die Vermarktungsstrategie darauf ausgerichtet ist.
Unser Mitarbeiter Manuel Kramer hat bei verschiedenen Points of Sale nachgefragt, wie gut sich die smarten Armbänder verkaufen und wie aktiv die Kundschaft nach ihnen fragt.
Bei Mobilcom-Debitel laufen die Geräte demnach äußerst gut, vor allem die seit der Vorweihnachtszeit massiv beworbene Jawbone-Up-Serie.
Die Tracker sind in den Shops im Regal, am Produkttisch und im Schaufenster platziert und ziehen so Aufmerksamkeit auf sich. Außerdem tragen alle Mitarbeiter ein solches Gerät und können so sehr einfach das Verkaufsgespräch darauf lenken.
Bei verschiedenen Telekom Shops ist die Nachfrage dagegen eher gering, auch bedingt durch fehlende Außen- oder Prospektwerbung, zudem scheint es keine Vorschrift zu geben, nach der die Mitarbeiter die Activity-Tracker selbst tragen sollen.
Auf der Großfläche wiederum sind die Produkte inzwischen beinahe Selbstläufer, in einer Münchner Saturn-Filiale werden den Angaben zufolge täglich zweistellige Stückzahlen an den Mann gebracht. Dies läge unter anderem daran, dass ein speziell geschulter Mitarbeiter sich ausschließlich um diese Produktkategorie kümmere.
Allgemein erhalten die Verkäufer von den Kunden ein positives Feedback auf die Produkte, viele kommen auch explizit nur, um sich ein Fitness-Armband zu kaufen. Das zeigt, dass der TK-Fachhandel mittlerweile auch von den Konsumenten als kompetente Anlaufstelle für solche Fitness-Hardware gesehen wird.
Und auch die Distribution hat die Zeichen der Zeit erkannt und beliefert den Handel mit diesen Produkten. Besonders die Kooperationen sind hier gut sortiert, aber auch klassische ITK-Großhändler wie beispielsweise Komsa, Eno Telecom, Action EU oder Stahlgruber führen die Geräte im Portfolio.
Neben den großen Marken wie Sony, Samsung und Co. sind aber auch die Spezialisten von Polar, Garmin und Jawbone gut vertreten.




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