Interview 05.12.2021, 09:25 Uhr

Mitarbeitergespräche: Einfach sauber getrennt

Telecom Handel fragte bei Coach Katharina Schindler nach, wie man als Vorgesetzter bei anstehenden Mitarbeitergesprächen – etwa angesichts einer Entlassung – am besten vorgeht.
(Quelle: Anton Gvozdikov/Shutterstock)
Als Coach und Beraterin weiß Katharina Schindler um die Hemmungen, die viele Vorgesetzte bei anstehenden Trennungsgesprächen mit Mitarbeitern haben. Im Interview gibt sie Tipps, wie man sich am besten vorbereitet und welche Phrasen man unbedingt vermeiden sollte.
Telecom Handel: Viele Vorgesetzte scheuen sich vor unangenehmen Mitarbeitergesprächen. Woran liegt das?
Katharina Schindler: Viele haben vor Jahren einen Mobilfunkshop eröffnet, waren vorher vielleicht selbst Angestellte und ­haben nun die Aufgabe, Gespräche führen zu müssen, die nicht ganz einfach sind. In dem bunten Blumenstrauß an Verantwortlichkeiten, wie das Unternehmen zu führen, Ziele zu erreichen, die Kunden zu betreuen, die Mitarbeiter zu akquirieren, sie einzuarbeiten und so weiter, da hat kaum jemand Zeit, sich mit dem Thema Mitarbeitergespräche intensiv zu befassen. Oft fehlen auch Kenntnisse über Gesprächsführung oder Führungsinstrumente.
Katharina Schindler, Schindler Mentoring
Quelle: Christian Kasper
Wie kann ich mich darauf vorbereiten?
Schindler: Zunächst sollte man sich die ­Frage stellen: Bin ich überhaupt der Richtige für dieses Gespräch? Im kleinen Shop mit ­einer Handvoll Mitarbeitern führt in der ­Regel der Geschäftsführer das Gespräch. Bei einem größeren Mitarbeiterstamm ist die Aussprache einer Veränderungsabsicht oder einer Trennung in jedem Fall Aufgabe der ­direkten Führungskraft – also beispielsweise des Teamleiters. Der kennt seinen Mitarbeiter im Idealfall auch besser als der Chef und kann besser auf ihn eingehen. Wenn sich ein Kollege zum Beispiel dagegen sträubt, neue Aufgaben zu übernehmen, dann kann der Teamleiter ihn beiseitenehmen und fragen, wie zufrieden oder unzufrieden er momentan mit seinem Job ist. Gleich mit einer Forderung einzusteigen, wäre kontraproduktiv – man möchte den Mitarbeiter ja für das neue Aufgabenfeld motivieren.
Wenn der Mitarbeiter seine Einstellung nach dem ersten und zweiten Gespräch immer noch nicht ändert, wie schnell darf ich es eskalieren lassen?
Schindler: Wenn ich, wie eben erwähnt, auf die Befindlichkeiten, Bedürfnisse oder Hindernisse des Mitarbeiters eingegangen bin und die vorherigen Gespräche keine reine One-Way-Informationsveranstaltung waren, dann kann und muss ich schließlich auch konkreter werden.
Der Mitarbeiter kann dann natürlich sagen, er möchte seinen Job einfach so weitermachen wie bisher …
Schindler: Wichtig ist, dass man sehr klar und transparent artikuliert, dass sich das Unternehmen auf neue Herausforderungen einstellen muss, wenn es am Markt bestehen will, und dass dies eben auch Veränderungen bei den Mitarbeitern bedeutet – etwa eine ­andere Arbeitsweise, weil der Shop wegen Corona nur noch an vier Tagen die Woche geöffnet hat und damit andere Tätigkeiten anfallen – oder dass ein anderer Beratungsansatz erforderlich wird. Dann muss man auch sagen: „Deinen Job, so wie er heute aussieht, den wird es zukünftig in dieser Form nicht mehr geben.“ Wichtig ist es dabei immer, die Unterstützung des Unternehmens und des Teams zu betonen: Wir lassen dich damit nicht allein. Ebenso entscheidend ist es, die neuen Anforderungen so detailliert wie möglich zu erklären, denn nur dann kann der Mitarbeiter sich das Ganze auch vorstellen und die nötige Begeisterung aufbringen.
Sie haben Corona angesprochen. Einige Händler mussten sich von langjährigen Mitarbeitern trennen, da die wirtschaftliche Lage nichts anderes zuließ. Wie gehe ich als Chef damit um?
Schindler: Man wächst über die Jahre sehr, sehr eng zusammen. Oft haben sich Freundschaften entwickelt, und jetzt als Führungskraft dieser Person sagen zu müssen, dass man sich von ihr trennen will – das ist nicht einfach. Und das darf man in dem Gespräch auch zeigen. Ja, ich habe die undankbare Aufgabe, dieses Gespräch mit dir zu führen, aber menschlich lässt mich das natürlich nicht kalt!
Viele versuchen, sich auch hinter einer übertriebenen Härte zu verstecken …
Schindler: Ja, das machen tatsächlich einige, häufig aus Unsicherheit oder aufgrund falscher Vorstellungen. Manche haben zum Beispiel das Verständnis, eine Führungskraft müsse durchsetzungsstark sein und dürfe keine Schwäche und keine Emotionen zeigen. Das ist nicht richtig. Auf der anderen Seite sollte man nicht zu sehr ins „Mitleiden“ gehen. Bleiben Sie konsequent in der Sache, aber sagen Sie auch, dass Sie es menschlich bedauern. Erklären Sie Ihre Gründe, ohne sich zu rechtfertigen – aber weinen Sie nicht zusammen mit dem Mitarbeiter. Hier ist ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl gefragt.
Welche Phrasen sollte man bei einem Trennungsgespräch vermeiden?
Schindler: Verzichten Sie auf vermeintliche Mutmacher wie: „Ach, das geht schon ­irgendwie weiter“ oder „Das ist doch alles nicht so schlimm“. Denn auch wenn Sie den Mitarbeiter lange kennen, so wissen Sie nicht, wie schlimm es tatsächlich für ihn ist. Der Kollege wird das unter Umständen auch als Zynismus auffassen, und dann wäre die persönliche Beziehung sowie eine wertschätzende Gesprächsführung endgültig zerstört.
Der Mitarbeiter könnte bei einem solchen Gespräch ja auch fragen: „Wie kannst du mir das antun, wo wir doch schon so lange zusammenarbeiten?“
Schindler: Man sollte hier ganz bewusst das Persönliche vom Beruflichen trennen und es auch so kommunizieren. Der Mitarbeiter muss am Ende genau wissen, dass es nicht die persönliche Entscheidung des Chefs/Freundes gegen ihn war, sondern dass rein berufliche Gründe den Ausschlag gegeben haben. Des Weiteren sollte man Diskussionen während eines Trennungsgesprächs ­unbedingt vermeiden – schließlich hat man sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht und sie im Vorfeld lange überdacht.
Worauf sollte ein Teamleiter oder ­Geschäftsführer bei einem Trennungsgespräch noch achten?
Schindler: Halten Sie das Gespräch kurz und kommen Sie sofort zur Sache. Kein Small Talk am Anfang oder große Bewirtung. Nach dem Gespräch ist es oft sinnvoll, den Mitarbeiter direkt nach Hause zu schicken, damit er die Nachricht verdauen kann. Bei einem Folgetermin kann man dann auch ansprechen, wie der Abschied vom Team ­gestaltet werden soll und wie die offizielle Kommunikation lautet. Zwischen der Trennungsaussprache und dem Folgegespräch sollte allerdings nicht viel Zeit sein, das tut beiden Seiten nicht gut und kann das Klima im ganzen Unternehmen vergiften. Nach Möglichkeit sollte auch kein Wochenende, Urlaub oder sogar die Weihnachtstage ­dazwischenliegen.
In Ihren Coachings arbeiten Sie auch mit Rollenspielen. Was bringt das?
Schindler: Richtig, wir bauen auch praktische Übungen in Form kleiner Rollensimulationen ein. Die Teilnehmer können sich dabei ausprobieren und dürfen sich auch in die Rolle des Mitarbeiters versetzen. Kritische Mitarbeitergespräche sollten nie als Routine abgetan werden. Vor jedem Gespräch sollte sich die Führungskraft aufs Neue auf das Gegenüber einstellen.




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