Marktreport Roaming 04.06.2010, 10:58 Uhr

Auf Kommando günstiger

Am 1. Juli müssen die Netzbetreiber auf Geheiß der EU erneut die Preise für Gespräche im Ausland senken. Doch während Telefonate und SMS schon billiger geworden sind, kostet die Datennutzung immer noch teils hohe Summen.
Als die damalige EU-Kommissarin Viviane Reding Anfang des Jahres 2007 angekündigt hatte, die Mobilfunkgebühren für die Nutzung im europäischen Ausland streng regulieren zu wollen, begrüßten Konsumenten und Verbraucherschützer diesen Schritt. Die Netzbetreiber dagegen murrten, sahen sie doch die gewinnträchtigen Roaming-Entgelte als sichere Einnahmequelle versiegen.
Anstelle von oftmals über einem Euro pro Minute durften sie den Kunden ab dem Spätsommer 2007 nur noch maximal 49 Cent ohne Mehrwertsteuer für innerhalb der EU geführte Auslandstelefonate berechnen, ankommende Gespräche durften sogar nur noch maximal 24 Cent kosten. Eine Regulierung von Datennutzung oder SMS gab es noch nicht.
Die EU-Kommission erhoffte sich von diesem Schritt einen besseren Wettbewerb zwischen den Carriern beim Thema Roaming, und dadurch sollten auch ohne weitere Regulierung günstigere Preise für die Konsumenten möglich werden. „Bereits im Herbst sollten wir feststellen können, ob es mehr Wettbewerb auf dem Roaming-Markt gibt und ob die Verbraucher wirklich bessere Angebote erhalten“, hatte Reding damals gesagt.
Heute, mehr als drei Jahre später, kann von einem Mehr an Wettbewerb keine Rede sein, die Netzbetreiber senken die Preise immer nur dann, wenn sie von der EU dazu gezwungen werden. Für den 1. Juli steht nun eine weitere verordnete Preisrunde an. Die Gebühren für ankommende Gespräche innerhalb der EU dürfen dann maximal 15 Cent plus Mehrwertsteuer pro Minute betragen, abgehende Telefonate dürfen im Höchstfall 39 Cent kosten. Der Preis für Kurznachrichten wurde bereits zum Juli des vergangenen Jahres auf 11 Cent gesenkt, dies soll auch bis auf weiteres so bleiben.

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Günstig nach Hause telefonieren
Auch wenn die Preise in den letzten Jahren deutlich gefallen sind – richtig günstig sind sie nicht. Lediglich die SMS-Preise liegen seit der Regulierung teilweise sogar unter den Gebühren, die im Heimatnetz anfallen. Wer also auch im Ausland viel telefonieren will oder muss, den erwartet zu Hause unter Umständen eine saftige Rechnung von seinem Anbieter. Doch es gibt Abhilfe, denn für diese Kunden haben die Carrier spezielle Tarif-Optionen im Programm, die separat zum Laufzeitvertrag hinzugebucht werden können.
Bei Telefónica O2 nennt sich die Option MyEurope Top und kostet pro Monat 8 Euro, nach einem Monat endet die Option automatisch. Abgehende Telefonate sind mit 39 Cent pro Minute billiger als im EU-Regeltarif, eingehende Telefonate in einem vor der Buchung definierten Land sind bis zur 101. Minute sogar kostenlos. Danach fallen allerdings teure 39 Cent pro Minute an. Auch die Taktung ist deutlich ungünstiger als beim EU-Tarif. Anstelle von 30/1 für abgehende und 1/1 für eingehende Anrufe wird stets jede Minute voll berechnet.
E-Plus hat zwei Optionen im Programm, den Reisevorteil und den Reisevorteil Plus. Bei beiden kosten ankommende Telefonate in den sogenannten Reisevorteil-Ländern (neben den EU-Länder unter anderem auch die Schweiz und die Türkei) 29 Cent pro Minute, ebenso wie abgehende Telefonate. Hier fällt allerdings für jedes Gespräch eine einmalige Gebühr von 75 Cent an, was sich für Vieltelefonierer rechnet. Wie auch O2 rechnet E-Plus bei seinen Optionen im teuren Minutentakt ab. Der SMS-Versand kostet dafür nur 9 Cent und liegt damit sogar unter der EU-Vorschrift.
Auch Vodafone bietet mit dem ReiseVersprechen einen Tarif, bei dem pro Gespräch eine Gebühr von 75 Cent erhoben wird. Je nachdem, ob der Kunde einen Tarif mit Inklusivminuten hat oder nicht, kann er diese dann auch im Ausland abtelefonieren, ansonsten zahlt er pro Minute 29 Cent für abgehende Telefonate. Wer mit dem ReiseVersprechen im Ausland angerufen wird, bezahlt bis zur 60. Minute nur einmalig 75 Cent für das Telefonat, danach werden pro Minute zusätzlich 20 Cent berechnet. Die Liste der verfügbaren Länder umfasst neben der EU auch Staaten wie Neuseeland oder die Schweiz.

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Und auch die Deutsche Telekom hat mit Smart Traveler eine Tarifoption im Programm, bei der pro Gespräch 75 Cent anfallen. Abgehende Telefonate in das Aufenthaltsland und nach Deutschland kosten 29 Cent pro Minute, ankommende Gespräche sind wie bei Vodafone bis zur 60. Minute kostenfrei – abgesehen von den einmalig anfallenden 75 Cent –, danach werden 19 Cent berechnet. Die Taktung ist minutengenau und damit deutlich ungünstiger als bei dem von der EU vorgeschriebenen Tarif.
Bei manchen Anbietern ist eine der Roaming-Optionen bei Vertragsabschluss bereits voreingestellt, etwa bei der Telekom. Da diese sich aber nicht für alle Kunden gleichermaßen lohnt, kann der Kunde am Ende seines Urlaubs eine Überraschung erleben, beispielsweise beim SMS-Versand. Für den Kunden ist also auch nach Einführung des einheitlichen Roaming-Tarifs durch die EU nicht alles einfacher geworden, die diversen Zusatzoptionen erfordern einen hohen Beratungsaufwand.
Kostenfalle Mobile Data
Während die Europäische Union die Sprachübertragung im Ausland schon weitgehend reguliert hat und auch die SMS-Preise einer Obergrenze unterliegen, können die Anbieter im Bereich Mobile Data nach wie vor teils sehr hohe Preise verlangen und viel Geld verdienen. Zumindest wurde mit Wirkung zum 1. März dieses Jahres ein Kostendeckel von 50 Euro netto eingeführt. Erreichen die Gebühren für das Surfen im EU-Ausland diese Grenze, wird die Verbindung automatisch getrennt. Der Kunde kann aber auch aktiv eine andere Grenze angeben.
Ab dem 1. Juli muss der Netzbetreiber den Kunden außerdem via SMS warnen, sobald 80 Prozent des jeweils gültigen Betrages erreicht werden. Unterstützung findet der neu eingeführte Kostendeckel sogar bei René Obermann: „Es ist für die Kunden unzumutbar, für ein paar Stunden Surfen im Auslandsnetz dreistellige Beträge zu zahlen“, so der Telekom-Chef. „Wenn ein Kunde im Ausland surft, dann muss er das ohne Sorge um die Kosten tun können.“

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Dennoch kostet Kunden der Deutschen Telekom ein Megabyte im EU-Ausland immer noch die stolze Summe von 3,40 Euro. Etwas günstiger wird es mit der Option T-Mobile Weltweit: Hier fällt zwar eine Tagesnutzungsgebühr von 49 Cent an, das Megabyte kostet aber immer noch 1,90 Euro.
Wer bei Vodafone mit seinem Handy im EU-Ausland surft, zahlt standardmäßig sogar 3,80 Euro fürs Megabyte. Mit der Option ReiseVersprechen sinkt der Megabyte-Preis auf 2 Euro, zusätzlich werden pro Verbindung 50 Cent berechnet. Smartphone-Nutzer können mit dem ReisePaket Data für 5 Euro pro Kalendertag 5 Megabyte versurfen, alternativ gibt es auch 25 Megabyte für 10 Euro, das Inklusivvolumen steht dann eine Woche lang zur Verfügung.
Am schnellsten dürften Kunden von E-Plus den Kostendeckel von 50 Euro netto erreichen: Im Standardtarif fallen für jedes Megabyte ganze 11,80 Euro an. Geringfügig billiger wird es mit dem zubuchbaren Reisevorteil, hier kostet das Megabyte aber immer noch 6 Euro. Dafür hat E-Plus mit dem Reisevorteil Plus auch den günstigsten Datentarif aller Netzbetreiber im Programm, hier kostet das Megabyte nur 99 Cent.
Auch bei Telefónica O2 Germany wird der Kunde im Ausland kräftig zur Kasse gebeten, standardmäßig kostet das Megabyte 5 Euro. Mit dem zubuchbaren Internet Day Pack EU kann der Kunde für 15 Euro am Tag 50 Megabyte nutzen. Auch die folgenden Megabyte sind kostenlos, allerdings ist dann nur noch GPRS-Bandbreite verfügbar.

Links zu den Roaming-Tarifen

Deutsche Telekom: www.t-mobile.de/roaming




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