Marktreport LTE 14.02.2013, 13:20 Uhr

Darf es ein bisserl schneller sein?

Vodafone und die Deutsche Telekom dominieren beim LTE-Ausbau, Telefónica hinkt seinen eigenen Erwartungen hinterher. E-Plus spielt den "Smart Follower" und setzt zunächst auf HSPA+.
Drei Jahre nach der Versteigerung der Lizenzen steht LTE vor dem großen Durchbruch: Sowohl auf dem Land als auch in den Städten ist die Abdeckung mit dem Datenturbo mittlerweile recht hoch, so dass die bislang noch eher verhaltene Nachfrage der Kunden schon bald deutlich steigen ? und diese dem Handel zusätzliche Geschäfte bescheren ? dürfte.
Netzausbau: Stadt, Land, Datenfluss
Wie war das noch gleich damals bei UMTS? Nach einer von grenzenloser Euphorie getragenen Lizenzversteigerung mit gigantischen Einnahmen für den Staatssäckel passierte lange Zeit erst mal ? nichts. Das ist bei LTE anders: Die entsprechende Netztechnik und geeignete Endgeräte waren deutlich schneller verfügbar; außerdem rechtfertigen ? und erfordern ? auch die Bedürfnisse der heutigen Kunden einen raschen Ausbau.
Und nicht zuletzt hat der Gesetzgeber mit klaren Vorgaben bei der Lizenzvergabe (Stichwort ?Digitale Dividende?) die Entwicklung zusätzlich beschleunigt. Inzwischen sind die Ausbaupflichten in den ländlichen Gebieten so weit erfüllt, dass die Netzbetreiber nun auch mit Vollgas LTE in den Städten ausbauen dürfen. In der Praxis unterscheiden sich die Aktivitäten der Anbieter jedoch deutlich, und das sowohl in Bezug auf die Ausbaugeschwindigkeit als auch auf die technische Umsetzung.
Vorreiter in Sachen LTE ist in Deutschland Vodafone ? zumindest was den Netzstart angeht. Im Sommer 2010 begannen die Düsseldorfer den Ausbau in den ländlichen Räumen und bieten seit Dezember 2010 als erster Netzbetreiber entsprechende Tarife und Hardware an ? fünf Monate vor der Telekom und acht Monate vor Telefónica.
Der frühe Launch zeigt Wirkung: So hat der Anbieter mittlerweile 60 Prozent der Fläche Deutschlands mit LTE versorgt. Zudem kann das schnelle Breitbandnetz in 120 Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern sowie in 70 ? von insgesamt 81 ? Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern großflächig genutzt werden. Erst vor zwei Wochen wies Vodafone medienwirksam darauf hin, die Millionenstadt München zu mehr als 90 Prozent abgedeckt zu haben. Insgesamt hat Vodafone mittlerweile 4.600 Basisstationen mit LTE aufgerüstet; bis zum Frühjahr sollen es 5.500 sein.

Vodafone und Telekom geben den Ton an

Nur einen Tick langsamer als Vodafone zeigt sich die Telekom beim Netzausbau ? was jedoch unter anderem auch an der verwendeten Technologie liegt. In 100 Städten habe man einen ?guten Ausbaustand" erreicht, heißt es von den Bonnern. ?Außerdem waren Ende 2012 mehr als 2.700 ländliche Regionen breitbandig über Mobilfunk versorgt", berichtet Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik bei der Telekom Deutschland GmbH. Den direkten Vergleich mit dem Wettbewerb weichen die Bonner allerdings aus: So bezieht die Telekom bei der Versorgung der ländlichen Regionen auch das 3G-Netz mit ein, und über die Zahl der LTE-Standorte schweigt sich das Unternehmen ebenfalls aus.
Hinter den eigenen Ankündigungen zurück liegt Telefónica Deutschland. So hat der Münchner Netzbetreiber den Ausbau auf dem flachen Land mehr oder weniger komplett der Konkurrenz überlassen, aber auch in den Ballungsräumen geht es nur schleppend voran. ?Wir bieten LTE aktuell in Frankfurt/Offenbach, Köln, Nürnberg, Dresden sowie Leipzig/Halle an und versorgen damit 15 Prozent der Bevölkerung", so Heiko Hambückers, Vice President Indirect & Franchise Sales. In Planung ist bereits die Freischaltung des Netzes in den ?Highspeed-Areas" Berlin, München, Hamburg und Rhein/Ruhr ? doch ursprünglich wollte der Anbieter diese Regionen schon Ende 2012 versorgt haben. Als wahrscheinlich gilt, dass man die Investitionen aufgrund des Börsengangs hintangestellt hat.
Mit der ?Smart Follower"-Strategie will sich auch E-Plus dem Thema LTE nähern ? doch noch ist es nicht so weit. ?Wir beobachten interessiert die Reaktion der Verbraucher in Bezug auf die bisher angebotenen LTE-Produkte. Das Interesse der Kunden an LTE ist noch verhalten", stellt Marcus Epple, Geschäftsführer der E-Plus Retail GmbH, fest.
So erwarte man, dass sich der Markt erst ab 2014 wirklich entwickeln wird. ?E-Plus verpasst hier nichts", zeigt sich Epple gegenüber Telecom Handel überzeugt. ?Wir bereiten uns gezielt auf den Zeitpunkt vor, wenn LTE eine Relevanz für den Massenmarkt entwickelt." Angekündigt hat E-Plus den Beginn des LTE-Netzaufbaus für dieses Jahr; mit einem kommerziellen Angebot ist wohl vor Ende 2013 nicht zu rechnen. Fazit: Egal, ob mobil oder stationär auf dem Land ? Vodafone und die Telekom geben beim Netzausbau eindeutig den Ton an.

Netztechnik: von LTE 800 bis LTE 2600

Die Ausbaustrategie der Netzbetreiber hängt unter anderem davon ab, welche und wie viele Frequenzblöcke sich der Einzelne sichern konnte. Konkret vorgesehen ist die LTE-Nutzung in Deutschland derzeit auf den Frequenzbändern 800, 1.800 und 2.600 MHz, aber auch der UMTS-Bereich ? und hier besonders die ehemaligen Quam- und Mobilcom-Frequenzen ? um 2.000 MHz ist grundsätzlich für LTE frei.
Physikalisch unterscheiden sich die Frequenzen ähnlich wie GSM 900 (?D-Netz") und GSM 1800 (?E-Netz"): Je höher die Frequenz, desto kleiner ist der maximale Zellradius um einen Sendemasten und umso mehr Standorte sind notwendig, um ein Gebiet komplett abzudecken. Auch dringen höhere Frequenzen nicht so tief in Gebäude hinein. Hinzu kommt, dass die Breite eines Download-Frequenzbands einen Einfluss auf die maximal mögliche Geschwindigkeit hat. Hier haben die 1,8-GHz- oder 2,6-GHz-Blöcke Vorteile gegenüber denen bei 800 MHz, so dass mit bis zu 100 MBit/s theoretisch doppelt so viel Speed möglich ist.
Besonders begehrt waren bei der Versteigerung die 800-MHz-Frequenzen, da hiermit ? ähnlich wie bei GSM 900 ? problemlos eine flächendeckende LTE-Versorgung ermöglicht werden kann. Ersteigert wurden diese zu gleichen Teilen (je 20 MHz) von Vodafone, Telefónica und der Telekom. Alle drei Netzbetreiber setzen diese Frequenzen ein, die Telekom jedoch nur außerhalb der Städte. Die Bonner bauen ihre City-Netze hingegen mit LTE 1800 aus. Diese Strategie erklärt die insgesamt etwas geringere Abdeckung ? dort, wo das Netz funktioniert, sind jedoch in der Regel höhere Down- und Upload-Raten als beim Wettbewerb möglich.
Alle vier Netzbetreiber haben zudem Lizenzen im kurzwelligen 2,6-GHz-Bereich erworben, wobei Vodafone hier mit 65 MHz das breiteste Spektrum besitzt. Einige Funkzellen in Innenstadt-Lagen hat der Carrier zur Kapazitätssteigerung auch bereits entsprechend bestückt. Die Telekom dagegen setzt LTE 2600 derzeit nur ?in grenznahen Bereichen und als Sonderlösung" ein, wogegen Telefónica und E-Plus dieses Frequenzband noch gar nicht nutzen.
E-Plus bereitet sich immerhin auf das LTE-Zeitalter vor: So werden die UMTS-Standorte aktuell sukzessive mit HSPA+ ausgebaut; zudem darf E-Plus neben den 1,8-GHz-Frequenzen aufgrund einer Genehmigung der Netzagentur auch die ursprünglich nur für GSM vorgesehenen 900-MHz-Frequenzen für die Breitbandübertragung ? und damit auch für LTE ? nutzen. Für die Düsseldorfer bietet dies die Chance, langfristig doch noch auch auf dem Land flächendeckend LTE anbieten zu können ? sofern die mögliche Neuverteilung dieser Frequenzen im Jahre 2016 dem Anbieter keinen Strich durch die Rechnung macht.
Fazit: Mit dem Ausbau von LTE 1800 hat die Telekom in den Städten einen Wettbewerbsvorteil: Wenn mit der steigenden Nachfrage der Traffic auf dem 800-MHz-Band zu viel wird, hat die Telekom durch ihr engmaschigeres Netz vermutlich noch viel Kapazität frei. E-Plus spielt jedoch auch noch mit: Mit der Einführung von LTE 900 kann das Unternehmen schnell aufholen ? sofern auch die entsprechend breitbandige Anbindung der Sendestationen gelingt.

So geht es weiter

Alle Netzbetreiber gehen davon aus, dass LTE bis zum Jahr 2015 flächendeckend mit bis zu 50 MBit/s ausgerollt sein wird. ?Ziel ist es, innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre eine mit den heutigen 2G- und 3G-Netzen vergleichbare Abdeckung zu erreichen", so Telekom-Geschäftsführer Jacobfeuerborn. Die so genannten weißen Flecken, also Gebiete ohne jegliche Breitbandanbindung, sollen in den nächsten Monaten von der Landkarte verschwinden. Da LTE ein ?Shared Medium" ist, wird für den Vermarktungserfolg auch entscheidend sein, ob der Netzausbau mit der zu erwartenden steigenden Kundenzahl Schritt halten kann ? und die derzeit in der Praxis tatsächlich meist verfügbaren Datenraten von 10 bis 20 MBit/s nicht geringer werden.
?Möglichst schnell" möchten die Netzbetreiber zudem Voice over LTE einführen. ?Wir erwarten, dass die Entwicklung im laufenden Jahr große Fortschritte machen wird. Die Reife für den Massenmarkt wird voraussichtlich 2014 erreicht werden", so Jacobfeuerborn. Derzeit wird für Telefonate noch automatisch auf 3G oder 2G zurückgeschaltet. Ein Zukunftsthema ist dagegen noch ?LTE Advanced". Diese Technologie kann LTE auf theoretische Datenraten von bis zu 1 GBit/s beschleunigen und könnte in einigen Jahren zur Verfügung stehen.
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