O2-Interview 20.01.2010, 09:36 Uhr

"Der Erfolg liegt im Zusammenspiel"

Thorsten Haeser, Vertriebschef im Privatkundenbereich bei Telefónica O2 Germany, spricht über seine Pläne im Partnershop- und Fachhandelsvertrieb für 2010 und erklärt, weshalb der Handel mit O2 o mehr Kunden als mit Vertragstarifen gewinnen kann.
Seit Mitte November 2009 ist Thorsten Haeser Vertriebschef Privatkunden bei Telefónica O2 Germany. Telecom Handel sprach mit ihm über die Zukunft des indirekten Kanals, die 40-Euro-Aktion bei O2 o und über die HanseNet-Übernahme.
Telecom Handel: Kurz vor Weihnachten hatte O2 eine Aktion gestartet, bei der der Tarif O2o mit einem Rechnungslimit von 40 Euro im Internet vermarktet wurde. Auch die O2-Reseller konnten diesen Tarif bundesweit verkaufen – nicht jedoch der stationäre Handel. Warum diese Ungleichbehandlung?
Thorsten Haeser: Das Angebot gab es auch im Handel: Bevor wir den Tarif für eine befristete Zeit online angeboten haben, haben wir ihn in drei Großstädten – in Berlin, Hamburg und Köln – auch im stationären Handel getestet. Das Ganze war ja ein Test. Wir wollten feststellen, welcher Effekt sich ergibt, wenn man den Cap, also das Kostenlimit, von 60 Euro auf 40 Euro reduziert.
Telecom Handel: Und welcher Effekt hat sich ergeben?
Haeser: Im stationären Handel in den drei Städten hat sich das Angebot sehr positiv ausgewirkt. Auch für den Test im Online-Portal sind die Ergebnisse vielversprechend.
Telecom Handel: Heißt das, dass Sie den Tarif mit dem niedrigeren Kostenlimit nun als bundesweites Dauerangebot etablieren werden?
Haeser: Nein, das ist derzeit nicht geplant. Das niedrigere Kostenlimit war zunächst nur ein Test, um herauszufinden, wie Kunden auf solche Preispunkte reagieren.
Telecom Handel: Ihr Ziel, mit O2 o bis Ende 2009 eine Million Kunden zu gewinnen, haben Sie erreicht. Doch bei der Einführung des Tarifs war ein lauter Aufschrei der Entrüstung im Fachhandel zu vernehmen …
Haeser: O2o hat eine große Zugkraft im Markt entwickelt. Für den Fachhandel ist O2 o eine Chance, das Produkt gut zu verkaufen.
Telecom Handel: Dennoch gab es Kritik am neuen Provisionssystem. Manchem Händler ist der Spatz in der Hand – also eine ordentliche Abschlussprämie – lieber als die Taube auf dem Dach, sprich die Billsize-Beteiligung …
Haeser: Hier ist vielleicht ein Umdenken nötig: O2 o ist für den Fachhändler eine Chance, langfristig an den Umsätzen des Kunden mitzuverdienen – und das ohne Vertragsverlängerung. Außerdem können die Händler mit O2 o ganz andere Stückzahlen umsetzen als vorher mit den alten Tarifen, die höhere Einstiegsbarrieren für den Kunden hatten. O2 o zu verkaufen ist viel leichter als einen Tarif mit 20 Euro Grundgebühr und 24 Monaten Vertragslaufzeit.
Telecom Handel: Sie selbst sind erst seit kurzem Vertriebschef für das Privatkundengeschäft. Welche Pläne haben Sie für 2010?
Haeser: Ein ganz großes Thema wird sicherlich Online sein, hier steckt meiner Meinung nach noch vieles in den Kinderschuhen. Wir müssen uns den neuen Medien weiter öffnen. Gerade das Zusammenspiel von physischen Vertriebskanälen mit dem Internet ist eine spannende Sache.
Telecom Handel: Wie könnte ein derartiges Zusammenspiel denn aussehen?
Haeser: Ein Beispiel: Wenn ein Kunde auf das Online-Portal von O2 geht, könnte er sich dort einen Gutschein ausdrucken, mit dem er dann zu seinem stationären Händler um die Ecke geht. Gegen Vorlage des Gutscheins erhält er dann bestimmte Vorteile. Umgekehrt kann ich mir vorstellen, dass ein Kunde, der beim Händler steht und zum Beispiel Fragen zu seinem Vertrag oder seiner Rechnung hat, gesagt bekommt: Ich kann das zwar hier machen, aber warum erledigen Sie das nicht selbst online. Das geht schneller, und der Kunde bekommt dabei bestimmte Vorteile.

O2-Interview: "Der Erfolg liegt im Zusammenspiel?

Telecom Handel: Sie kommen ja aus dem Bereich Partnervertrieb. Wird das Auswirkungen auf die zukünftige Vertriebsstruktur bei O2 haben?
Haeser: O2 hat in der letzten Zeit die Partner vielleicht nicht zu sehr in den Fokus gestellt. Wir müssen lernen, unsere Partner noch besser in unsere Geschäftsabläufe einzubinden und mit ihnen unsere operativen Herausforderungen und Ziele zu stemmen. Dafür brauchen wir alle Vertriebswege. Es wäre falsch, wenn man sich nur auf die direkten Kanäle konzentriert – genauso wie es auch falsch wäre, sich auf die indirekten Kanäle zu fokussieren. Der Erfolg liegt im Zusammenspiel.
Telecom Handel: Wie hat sich die Zahl der Partnershops 2009 entwickelt?
Haeser: Das O2-Partnershop-Konzept wird sehr gut angenommen, und wir werden es weiter ausbauen. Derzeit betreibt O2 mit seinen Partnern insgesamt rund 930 Shops, davon sind mehr als 150 eigene Filialen. Mittelfristig haben wir uns als Ziel gesetzt, die 1.000er-Marke zu erreichen. Das werden wir im Jahr 2010 auch schaffen.
Telecom Handel: Geht dieses Wachstum dann nicht zu Lasten des Mobilfunk-Fachhandels?
Haeser: Nein. Natürlich wird sich der eine oder andere Fachhändler die Frage stellen, ob er nicht Partnershop-Betreiber werden möchte. Wenn er gute Geschäfte mit uns macht, dann werden wir ihm auch dieses Angebot eröffnen. Für den Fachhändler ist das eine Chance: Er kann damit seinen Erfolg ausbauen und sich neue Möglichkeiten erschließen.
Telecom Handel: Damit gibt der Händler aber seine Unabhängigkeit zum Teil auf …
Haeser: Das muss niemand. Wer nicht zu 100 Prozent O2-Partner werden will, für den gibt es ja auch das Premiumpartner-Modell, das momentan mehr als 220 Händler nutzen. Das sind freie Unternehmer, die zu 50 oder 70 Prozent für die Marke O2 arbeiten. Es wird jeweils entschieden, welches das bessere Modell für beide Seiten ist.
Telecom Handel: Wenn Sie den Partnervertrieb stärken wollen, wäre dies ja auch beim Thema VVL denkbar. Noch gibt es beim Zugriff auf die Kundendaten eine Ungleichbehandlung zwischen Vertriebspartnern und eigenen Filialen …
Haeser: Als Unternehmen sehen wir uns in der Verpflichtung, den Datenschutz hochzuhalten. Ich persönlich finde es auch richtig, dass es Grenzen gibt, inwieweit Unternehmen Einblick in die Daten der Kunden bekommen. Andererseits ist die Frage berechtigt: Wie bekommen wir eine pragmatische Lösung hin, den Datenschutz einzuhalten und gleichzeitig unsere Vertriebspartner zu unterstützen. Wir müssen es schaffen, dass der Händler draußen im Feld dem Kunden Fragen zu seinem Vertrag beantworten kann.

O2-Interview: "Der Erfolg liegt im Zusammenspiel?

Telecom Handel: Einige Wettbewerber haben da schon Lösungen …
Haeser: Wenn die Kollegen da eine Lösung gefunden haben, wie man den Händler unterstützen kann und gleichzeitig den hohen Anforderungen des Datenschutzes entspricht, dann werden wir das gerne übernehmen. Ich habe aber das Gefühl, dass bisher noch niemand den Königsweg entdeckt hat. Es ist schwer, diese verschiedenen Anforderungen in Einklang zu bringen.
Telecom Handel: Ein anderes Thema: Zum Jahresende 2009 haben Sie das National Roaming mit T-Mobile auslaufen lassen. Haben Sie viele Beschwerden von Kunden bekommen?
Haeser: Nein, da ist nichts passiert. Vermutlich haben es die meisten Kunden gar nicht gemerkt. Das T-Mobile-Roaming wurde in den letzten Monaten nur noch von einer sehr kleinen Zahl von Kunden genutzt. Das liegt daran, dass wir es geschafft haben, ein eigenes Netz aufzubauen, das sich in puncto Datenleistung und Sprachqualität wirklich sehen lassen kann. Da sind wir jetzt auf Augenhöhe mit T-Mobile und Vodafone.
Telecom Handel: Das sehen aber noch nicht alle Kunden so – und auch nicht alle Händler …
Haeser: Möglicherweise dauert es noch etwas, bis das in den Köpfen der Menschen angekommen ist. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass immer mehr Leute von der Qualität unseres Netzes überzeugt werden. Schließlich haben wir über drei Milliarden Euro in den Netzausbau investiert – das ist eine Menge Geld. Das National Roaming hat für uns letztlich auch ökonomisch eine Belastung dargestellt. Die Telekom hat ihr Netz ja nicht zum Freundschaftspreis zur Verfügung gestellt.
Telecom Handel: Ebenfalls vor wenigen Wochen machte O2 Schlagzeilen mit der Übernahme von HanseNet. Welche Strategie steckt hinter dem Kauf?
Haeser: Mit der Übernahme bekommen wir auf einen Schlag eine signifikante Kundenbasis im DSL-Geschäft. Das ist für uns spannend. Mit HanseNet katapultieren wir uns in eine andere Liga, in der auch Vodafone und 1&1 spielen. Wir werden einer von vier großen DSL-Anbietern in Deutschland. Das war unser Ziel, und deshalb haben wir im eigenen DSL-Geschäft rechtzeitig auf profitables Wachstum umgeschaltet.
Telecom Handel: Auf profitables Wachstum umgeschaltet? Was genau meinen Sie damit?
Haeser: Als wir in das DSL-Geschäft eingestiegen sind, war unser Ziel, damit profitabel zu wachsen. Aber bei den marktüblichen Provisionen, die für die DSL-Vermittlung gezahlt wurden, war das in den letzten beiden Jahren nicht möglich ...
Telecom Handel: … woran O2 ja auch anfangs nicht ganz unbeteiligt war.
Haeser: Für 2008 haben Sie vermutlich recht. 2009 jedoch haben wir die Provisionen stark zurückgefahren und sind stattdessen profitabel gewachsen …
Telecom Handel: … was man auch an den Kundenzahlen gesehen hat.
Haeser: Richtig. Projekte wie die HanseNet-Übernahme werden ja nicht über Nacht geboren. Das ist ein Projekt von vielen Monaten. Das heißt: Als die Überlegungen zu dem Kauf von HanseNet konkreter wurden, haben wir uns im DSL-Bereich auf anorganisches Wachstum konzentriert.



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