Viel Potenzial für den Handel 03.01.2012, 09:58 Uhr

Smartphones und Tablets für Firmen managen

Die wenigsten Unternehmen verfügen über eine Strategie für das Management ihrer Smartphones und Tablet-PCs. Fachhändlern mit dem richtigen Know-how bietet sich hier ein riesiger Markt.
Ob gewollt oder nicht, mobile Endgeräte haben den Unternehmensalltag erreicht und sind bereits heute aus vielen Firmen nicht mehr wegzudenken. Gleichzeitig verfügen die wenigsten Organisationen über technische Lösungen, um diese Endgeräte zu verwalten. Die Anforderungen entsprechen über weite Strecken denen des klassischen Client Management. Neben Inventarisierung, Softwareverteilung und Policy- sowie Security Management umfassen sie jedoch auch neue Herausforderungen, die etwa das Kostenmanagement für Telekommunikationsausgaben (Telecom Expense Management) betreffen.
An Produkten und Services für diese Zwecke mangelt es nicht. Das Marktforschungsunternehmen Gartner erstellte im April dieses Jahres erstmalig einen Magic-Quadranten für Mobile Device Management Software (MDM). Gemäß dieser Analyse bieten weltweit über 60 Unternehmen entsprechende Lösungen an. Vier Anbieter identifizierte Gartner dabei als marktführende Leader des Quadranten: SAP-Sybase, Good Technology, AirWatch und MobileIron.

Angebot und Nachfrage

Fachhändlern und Integratoren stellt sich die Frage, ob es sich lohnt, eine entsprechende Lösung in ihr Portfolio aufzunehmen. Die Entscheidung hängt davon ab, ob die Nachfrage am Markt bereits in ausreichendem Maße vorhanden ist, wie groß die Investitionskosten sind, um das nötige Know-how für Vertrieb und Pflege entsprechender Produkte aufzubauen und welche Gewinne sich damit erzielen lassen.
Telecom Handel sprach mit Software-Herstellern und Integratoren, um herauszufinden, wie es um den MDM-Markt in Deutschland bestellt ist. Die Nachfrage scheint branchenübergreifend sowohl in kleineren und mittelständischen Unternehmen als auch in Konzernen und Behörden hoch zu sein. Andreas Schlechter, Geschäftsführer des Kölner Systemhauses Telonic, das bundesweit rund 80 Mitarbeiter beschäftigt, erklärt: „Es gibt definitiv einen Markt für MDM-Lösungen. Kunden aus allen Branchen interessieren sich dafür.“ Die Telonic GmbH bietet seit über zwei Jahren das Produkt „Virtual Smartphone Management Platform“ des Herstellers MobileIron für das Lifecycle Device Management von Smartphones im Unternehmenseinsatz an. Dabei verkauft Telonic nicht nur die Lizenzen, sondern übernimmt nach einer Teststellung auch die Konfiguration und Installation der Lösung beim Kunden sowie deren nachfolgende Betreuung. „Durchschnittlich kaufen unsere Kunden Lizenzen für 100 Devices“, berichtet Schlechter.
Oliver Bendig, VicePresident Product Management beim Software-Hersteller Matrix42, spricht von lukrativen Geschäften im Bereich MDM: „In den letzten zwölf Monaten haben wir einen enormen Hype und eine regelrechte Kaufwelle bei diesem Thema beobachtet.“ Matrix42 bietet seit September 2011 eine auf AirWatch basierende MDM-Lösung an, die über Reseller und Integratoren vertrieben wird. Nach Veröffentlichung des Produkts habe der Anbieter innerhalb von drei Monaten bereits über 200 Kunden gewinnen können.

Ein Geschäft für Partner

Die Partner des Software-Herstellers bieten dessen Lösung wahlweise als SaaS-(Software as a Service) oder On-Premise-Modell an. Im ersten Fall verwalten Kunden ihre Endgeräte über eine webbasierte Oberfläche, während die Software selbst auf der Infrastruktur von Matrix42 betrieben wird. Bei der On-Premise-Variante installiert ein Systemintegrator die Lösung remote oder beim Kunden vor Ort auf dessen eigenen Systemen.
Zu den rund 35 Partnern von Matrix42 zählen sowohl große Systemhäuser wie Bechtle und Computacenter als auch kleinere Dienstleister wie DSP IT Service mit rund 15 und TAP Desktop Solutions mit etwa 20 Mitarbeitern. Hinzu kommen rund 150 Reseller, die ausschließlich Lizenzen verkaufen. Die kleinste Bestellmenge liegt bei 25 Lizenzen. Laut Oliver Bendig beziehen Unternehmen häufig Lizenzen für 25 bis 100 Geräte, entweder als Pilotinstallation mit Option auf mehr oder schlicht für kleinere Nutzergruppen.
Ähnliche Zahlen nennt Ralf Stodt, Senior IT Security Consultant bei Integralis Deutschland, die sich als globaler Dienstleister auf IT-Sicherheits- und Risikomanagement spezialisiert hat. Integralis implementiert unter anderem die MDM-Lösung von Good Technology, wenn besonders sicherheitskritische Anforderungen gestellt werden.
Das lohnt sich gemäß Aussagen von Stodt unter Umständen bereits bei einem einzigen User mit einem sicherheitsbedürftigen mobilen Endgerät. Oftmals starte ein Unternehmen jedoch mit etwa 25 Lizenzen, um nach einer Testphase zum unternehmensweiten Rollout überzugehen.

Kurze Verkaufszyklen

Geld verdienen können in diesem Geschäftsfeld also sowohl große und kleine Dienstleister als auch Reseller. Die Margen bei den Lizenzverkäufen liegen laut Oliver Bendig je nach Partnerstatus zwischen zehn und 30 Prozent. Der größte Gewinn lässt sich jedoch sicher mit der eigentlichen Dienstleistung beim Kunden erzielen, die in erster Linie Konfiguration, Installation und Support umfasst. Vor allem ist hier nachhaltiger Umsatz möglich.
Geschäftsabschlüsse kommen im MDM-Bereich gemäß Angaben der befragten Spezialisten deutlich schneller zustande als in anderen IT-Segmenten. Oliver Bendig schildert: „Der Sales-Zyklus von der Demonstration bis zum Kauf ist extrem kurz. Bei klassischem Client- oder IT Service Management liegt er für uns bei drei bis sechs Monaten in Abhängigkeit von der Größe der Organisation des Kunden. Unseren schnellsten MDM-Deal haben wir innerhalb von vier Stunden abgeschlossen.“ In der Regel werde eine Kaufentscheidung jedoch innerhalb von zwei bis vier Wochen nach Demonstration getroffen.
Einig sind sich die Anbieter und Dienstleister auch bei der Bewertung des Bedarfs sowie der Marktabdeckung. Andreas Schlechter sagt: „Ich sehe hier einen riesigen Markt.“ Ralf Stodt ergänzt: „Der Bedarf ist ganz klar da und wir sind noch weit von einer Marktsättigung entfernt.“ Geradezu euphorisch beschreibt Oliver Bendig die Lage: „Es ist sehr wenig beim Kunden vorhanden. Das ist wirklich eine grüne Wiese.“ Er vergleicht den aktuellen MDM-Markt gar mit einem „Blue Ocean“, in dem man sich als Anbieter nicht großartig positionieren muss.

Hintergrundwissen erforderlich

Natürlich gibt es aber auch einen Pferdefuß bei dem Geschäft: Auf die Frage, wie viel Know-how Telonic aufbauen musste, bevor das Unternehmen eine MDM-Lösung anbieten konnte, antwortet Andreas Schlechter: „Sehr viel, denn Sie müssen tief in die Betriebssysteme von Smartphones eintauchen. Diese sind dramatisch unterschiedlich und von einem enorm kurzen Entwicklungszyklus getrieben.“
Oliver Bendig erläutert eine weitere Hürde: „Mobiles Endgerätemanagement und klassisches Desktop Management werden in einen Topf geworfen, da diese das gleiche Business-Problem betreffen. Die Technologien dahinter sind jedoch gänzlich verschieden.“ Die reine Implementierung von MDM-Lösungen sei technisch überschaubar. Selbst ein Partner, der damit überhaupt keine Erfahrung hat, könne eine solche Lösung nach etwa fünf Tagen Training implementieren. Ähnlich äußert sich Stodt, der angibt, dass ein gut ausgebildeter Mitarbeiter bereits nach drei Tagen dazu in der Lage sei, eine MDM-Lösung zu bedienen.
Die Komplexität liegt an anderer Stelle. Ein Integrator, dessen Kernkompetenzen im Infrastruktur-Management oder IT Service Management liegen, hat mitunter wenig Erfahrung mit einer E-Mail- oder einer PKI-Infrastruktur (Public Key), die für das Mobile Management von Bedeutung sind. Auch die Ansprechpartner im Unternehmen des Kunden können aus eher unbekannten Bereichen stammen. Statt des IT-Administrators mag der Impuls für eine MDM-Lösung aus der Security-Abteilung oder dem Telecom Expense Management stammen. Deren Bedürfnisse gehen über die Automatisierung hinaus. Je nach Kenntnisstand wird ein Dienstleister Wochen oder Monate investieren müssen, um das nötige Hintergrundwissen für ein vollständiges Mobile Lifecycle Device Management zu erwerben. Gratis ist der Eintritt in das neue Geschäftsfeld also leider nicht zu haben.  
Autor: Thomas Heinen




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