BVOH 19.04.2021, 10:07 Uhr

Umfrage: Dreiviertel der Händler sehen in Amazon keinen Partner​

Laut eines Reports des Bundesverbands Online-Handel (BVOH) sehen Händler die Zusammenarbeit mit Amazon äußerst kritisch - gleichzeitig sind sie von der Plattform wirtschaftlich abhängig. Der BVOH fordert Amazon nun auf, die Beziehung mit den Händlern zu reformieren.
(Quelle: Shutterstock/Sundry Photography)
Die Beziehung zwischen Amazon und seinen Händlern bleibt schwierig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Report des Bundesverbands Online-Handel (BVOH), für den über 1.600 gewerbliche Händler zu der Zusammenarbeit mit Amazon sowie der Nutzung von diversen Services wie Buy Box, FBA (Fulfillment by Amazon), Prime durch Verkäufer (SFP), Amazon Pay und Händler-Support befragt worden waren. Das ernüchternde Ergebnis: Händler sind mit der Unterstützung durch Amazon äußerst unzufrieden - die große Mehrheit (78 Prozent) sieht eine schwierige bis keine Partnerschaft. Und nur maximal fünf Prozent der Befragten erhält eine zufriedenstellende Unterstützung durch den Händler-Support.

Händler sind von Amazon abhängig

Zudem zeigt der Report, dass durchschnittlich 51,2 Prozent des Unternehmensumsatzes durch Amazon erwirtschaftet wird, wodurch die Abhängigkeit der Händler vom Geschäft auf Amazon deutlich wird. Bei Händlern, die mehr als fünf Jahre auf Amazon verkaufen, steigt diese Abhängigkeit auf 55 Prozent: "Die Händler mit ihren durchschnittlich 11 Mitarbeitern haben ihre betriebliche Planung darauf ausgerichtet, dass die eingekauften Waren über Amazon verkauft werden", sagt Oliver Prothmann, Präsident des BVOH. "Wenn Amazon nun durch Artikellöschung, falscher Preisfehler-Sperrung, Vertriebsbeschränkung, Geldeinbehalt bis hin zu Kontosperrung den Verkauf unterbindet, muss es wenigstens möglich sein, von Amazon einen eindeutigen Grund zu erfahren und mit einem Mitarbeiter bei Amazon eine Lösung zu finden."
Dazu kommen die Schwierigkeiten, über Amazon erfolgreich zu verkaufen, wie zum Beispiel:
  • Um die sogenannte Buy Box zu erhalten, geben die Händler an, dass der Verkaufspreis 22,3 Prozent günstiger sein muss als das vergleichbare Angebot vom Händler Amazon.

  • 44 Prozent der Händler geben an, dass sie am Verkauf eines Markenproduktes gehindert werden, wobei 78 Prozent der Händler sagen, dass Amazon diese Verkaufsbeschränkung ausspricht.

  • 80 Prozent der Händler haben auf Amazon schon Erfahrung mit Artikellöschungen gemacht und fast immer, wenn es um den Vorwurf des Verkaufs von Testern, Proben, gebrauchten Artikeln anstatt Neuware oder sogar Fake-Produkten geht, war dieser Vorwurf unberechtigt.

Verkaufspreisgestaltung problematisch

Der BVOH sieht vor allem den Umgang seitens Amazons mit sogenannten Preisfehlern als sehr problematisch an. Mehr als zwei Drittel der Händler sagten im Zuge der Umfrage, dass Amazon nicht näher bekannte Algorithmen nutzt, um den Verkaufspreis vorzugeben.
Mit sogenannten Niedrigpreis- respektive Hochpreisfehlern drängt Amazon den Händler dazu, einen bestimmten Preis für das Angebot anzugeben. "Amazon wirkt kartellrechtswidrig auf die Freiheit der Preisgestaltung des Händlers ein", so Prothmann. "Ohne die Kenntnis zum Beispiel von Einkaufskonditionen, Kostenstruktur und Verfügbarkeit, die den Verkaufspreis beim Händler bestimmen, meint Amazon vorgeben zu können, was der Verkaufspreis sein soll. Dieser weitere Eingriff seitens Amazons in die Freiheit des Handels muss aufhören."

Kontosperrung ist die größte Bedrohung für Händler

Die größte Bedrohung für einen Händler? Die Kontosperrung. Fast ein Viertel der Händler geben an, dass in den letzten 12 Monaten ihr Konto durch Amazon gesperrt wurde. Über zwei Drittel der Händler haben erst am Tag der Sperrung davon erfahren und wurden nicht vorab von Amazon gewarnt.
Der BVOH stellt nun folgenden Forderungen an Amazon, um die Beziehung mit den Händlern zu reformieren und die geschäftliche Zusammenarbeit zu erneuern: 
Quelle: BVOH

Statement von Amazon

Amazon selbst äußerste sich zu dem Report wie folgt: „Wir hören immer auf Feedback, um unseren Service zu verbessern, und daher berücksichtigen wir auch diese Einblicke und werden uns in diesem Zusammenhang auch an den BVOH wenden“, so ein Sprecher des Unternehmens. Jedoch sei diese Umfrage nicht repräsentativ und die Ergebnisse zeichneten kein zuverlässiges und richtiges Bild, wie der Konzern betonte: „Es gibt mehr als 150.000 europäische kleine und mittlere Unternehmen, die in unsere Stores verkaufen, jährlich Einnahmen in Höhe von mehreren zehn Milliarden Euro erzielen und Hunderttausende von Arbeitsplätzen schaffen. Wir hören den Verkaufspartner:innen zu und haben verschiedene Prozesse, mit Hilfe derer sie Feedback geben können, darunter auch tägliche Umfragen. Diese Rückmeldungen widersprechen den Umfrageergebnissen des BVOH.“




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