Geschäftszahlen 2019 29.01.2020, 11:07 Uhr

Marktplatzumsatz von eBay sinkt um fünf Prozent

Die Zahlen, die eBay gestern zum Geschäftsjahr 2019 vorlegte, sind ernüchternd: Der Unternehmensumsatz stagniert, und das Marktplatzvolumen sank im Jahresvergleich um fünf Prozent. Die Devise von Interims-Chef Scott Schenkel lautet: durchhalten und weitermachen.
(Quelle: ebay)
Treue eBay-Anhänger, die sich von den gestern verkündeten Jahreszahlen Anzeichen für einen Umschwung erhofft hatten, wurden enttäuscht: Der Trend, den die bisher veröffentlichten Quartalszahlen bereits andeuteten, bestätigte sich auch im vierten Quartal. eBays Umsatzzahlen stagnieren bei 2,8 Milliarden US-Dollar (10,8 Milliarden US-Dollar im gesamten Geschäftsjahr 2018). Schlimmer noch: Der Gesamthandelsumsatz (GMV) auf dem Marktplatz sank im vierten Quartal im Jahresvergleich um alarmierende fünf Prozent (währungsbereinigt: 4 Prozent) auf 23,3 Milliarden US-Dollar. Sogar der seit sechs Quartalen anhaltende Trend zu steigenden Nutzerzahlen fand ein Ende: In Q4 stagnierte die Zahl der monatlichen Nutzer bei 183 Millionen.
Schon im dritten Quartal musste eBay stagnierende Umsätze und ein sinkendes GMV bekannt geben. Kurz vor Bekanntgabe der schlechten Zahlen nahm der der langjährige CEO Devin Wenig, mit dem vor allem die Händlerschaft Aufschwung und Zukunftsfähigkeit des Konzerns verband, Ende September seinen Hut, angeblich getrieben von übereifrigen Großaktionären, die eine Zerschlagung des Konzerns anvisieren. In erster Linie den angestrebten Verkauf des Kleinanzeigengeschäfts wollte Wenig ­offenbar nicht mittragen - kaum verwunderlich, schließlich ist der "Classifieds"-Bereich das einzige Segment, das im Geschäftsabschluss des vierten Quartals ein Wachstum (+3 Prozent) vermelden konnte. 

Durchhalteparolen und ein zurückhaltender Jahresausblick

Seitdem führt als Interims-CEO das eBay-Urgestein Scott Schenkel das Unternehmen - und der gibt im Rahmen der aktuellen Zahlen vor allem die Devise "Durchhalten" aus. "Ich bin stolz auf die gute Arbeit unserer Teams im vergangenen Jahr und auf die innovativen Lösungen, die wir für unsere Käufer und Verkäufer bereitgestellt haben", so Schenkel. "2020 werden wir werden den Umsatz durch unsere Wachstumsinitiativen weiter steigern, mehr Verkäufertools bereitstellen, die Käufererfahrung verbessern, indem wir unsere strukturierte Datenbasis nutzen und gleichzeitig die Margenausweitung vorantreiben Wir glauben, dass diese Anstrengungen uns für ein nachhaltiges, profitables langfristiges Wachstum positionieren werden." 
Der 2019 eingeschlagene Kurs soll also im Wesentlichen beibehalten werden. Allzu optimistisch scheint eBay den Erfolg dieser Maßnahmen aber nicht zu sehen: Das Unternehmen stellt in einer extrem vorsichtigen Prognose ein Umsatzwachstum von gerade mal ein bis drei Prozent für 2020 in Aussicht.

Die Entwicklung zum "Managed Marketplace"

Vor allem aus der Sicht deutscher eBay-Seller mag dieser eher pessimistische Ausblick überraschen. Schließlich hat eBay hierzulande 2019 eine Menge Neuerungen umgesetzt, die das Händlerleben auf der Plattform leichter machen sollten. So weitete eBay Deutschland den Verkäuferschutz aus, führte eine neue Zahlungsabwicklung ein, erlaubte den Kauf auf Rechnung, stellte Verkäufern neue Marketing- und Recherche-Tools zur Verfügung und startete mit eBay Fulfillment einen spannenden Konkurrenten zu Fulfillment by Amazon (FBA), der vor allem für Multichannel-Versender interessante Fulfillment-Angebote schnürt. Die vielen Änderungen zielen auf eine Wandlung zum "Managed Marketplace" ab, mit der das Verkaufen auf eBay einfacher werden soll. 
Auch personell setzt eBay Deutschland auf händlerfreundliche Stabilität: Der ehemalige Deutschland-Chef Eben Sermon, der viele der erwähnten Neuerungen bereits 2018 angestoßen hat, ist zum Head of eBay Europe auf gestiegen, ihm folgte in Deutschland der rührige Oliver Klinck nach, der Chief Commercial Officer den Austausch mit den Händlern aktiv sucht und sich beispielsweise auch bei der Umsetzung der ersten in Deutschland stattfindenden hauseigenen Händler-Konferenz eBay Open als Chef zum Anfassen präsentierte. 
Das offensichtliche Bemühen um die Händler kam bei den Adressaten durchaus an. "Viele Händler sehen eBay ja skeptisch", sagt beispielsweise ­Michael Atug, Werkzeughändler und ­Admin der Händler-Facebook-Gruppe Multichannel Rockstars. "Aber unterm Strich muss man sagen: Die Geschäfte entwickeln sich nicht schlecht. Mein Umsatz ist beispielsweise gegenüber 2018 zwar um 4,15 Prozent gesunken, gleichzeitig habe ich aber nichts am Sortiment verändert und durchschnittlich weniger, dafür aber wertigere Warenkörbe bearbeitet. Das heißt unterm Strich: weniger Arbeit, ­weniger Ärger und damit pro Verkauf ­unterm Strich mehr Gewinn."
Zu einem ähnlichen Resultat für das Jahr kommt auch Andreas Müller, CEO des Elektronikhändlers Deltatecc. "In Sachen Umsatz fällt unsere Jahresbilanz auf eBay gemischt aus. Andererseits stellen wir fest, dass der Konkurrenzkampf vor allem chinesischer Mitbewerber, der auf Amazon oft mit ­unfairen Bandagen geführt wird, auf eBay noch nicht so schlimm ist. ­Zumindest bei Markenprodukten herrscht meist ein ausgewogener Wettbewerb und wir können dank unserer Produktkompetenz und Kreativität unsere Angebote differenzieren und neue Käuferschichten gewinnen." Speziell die ­Rabatt- und Bundle-Möglichkeiten auf eBay schätzt Müller sehr. 

Bessere Produktdaten, bessere Angebote

Um die Möglichkeiten für bessere Produktangebote zu schaffen, will eBay in diesem Jahr verstärkt an seinem Produktkatalog arbeiten. Das ist auch dringend nötig, meint E-Commerce-Experte Mark Steier. "Der Produktkatalog stellt auch noch nach fast einem Jahrzehnt eine ­große Herausforderung für den Marktplatz dar. Aber auch an der öffentlichen Wahrnehmung muss dringend zum Beispiel mit ­einer langfristigen Strategie gearbeitet werden. eBay hat alles, und alles ist günstig. Das müssen die Verbraucher neu lernen."
Auch die  mangelnde Geschwindigkeit und Konsequenz bei der Umsetzung vieler Neuerungen kritisiert der Wortfilter-Blogger. "Etwas schneller könnte es beispielsweise bei der Umsetzung der neuen Zahlungsabwicklung und der Ausweitung von eBay Fulfillment vorangehen. Ähnlich ist es mit der vielversprechenden Idee Catch by eBay: Hier wurde ein Portal für eine junge, Mobile-affine Zielgruppe ­geschaffen, die gerade zu Wish abwandert - aber eine App für Catch gibt es ein Jahr nach der Einführung immer noch nicht."
Oliver Klinck wiederum will mit eBay Deutschland den eingeschlagenen Weg zum "Managed Marketplace" 2020 konsequent weitergehen und die Händler-Services rund um eBay Fulfillment weiterentwickeln sowie den eBay Produktdatenkatalog weiter verbessern. "Wir möchten weitere neue Käufer für eBay gewinnen und fokussieren uns dabei auf die End-To-End-Ansprache spezifisch definierter Kernzielgruppen. Parallel werden wir darauf fokussieren, die Käufer, die wir im vergangenen Jahr neu für eBay gewinnen konnten, langfristig an uns zu binden." Das könnte eBay-Händler, die angesichts der bisher eher geringen Marketing-Bemühungen ihres Marktplatzes (vor allem verglichen mit dem allgegenwärtigen Amazon) an selbigem verzweifelt sind, aufhorchen lassen. 




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