So läuft der illegale Online-Handel im Darknet

Rund 20 Darknet-Märkte für Deutschland relevant

Etwa die Hälfte der Hidden Services unter .onion werde mit einem kommerziellen Hintergrund betrieben, meint der IT-Security-Experte Marc Ruef von der Schweizer Scip AG (siehe ­Interview). Es gebe zum einen kleine, exklusive Marktplätze, die sich nur mit einer Einladung betreten lassen, zum anderen mehr als ein Dutzend großer Kryptomärkte, die auf ein Massenpublikum abzielen.
In den letzten Jahren kam es zu einer Öffnung der Angebote, sagt Rolf Haas, Enterprise Technology Specialist EMEA von Intel Security: "Vor rund fünf bis zehn Jahren waren viele .onion-Dienste sehr speziell und einem kleinen, selektierten Kreis von Akteuren vorbehalten." Seit Ende 2013 ist die Szene der großen Kryptomärkte kontinuierlich gewachsen. Im Herbst des Jahres hatte die US-amerikanische Polizei den legendären Marktplatz "Silk Road" stillgelegt - quasi die Mutter aller Kryptomärkte. Infolgedessen versiegte der Darknet-Handel nicht etwa, sondern blühte erst richtig auf.
Heute beobachtet das BKA etwa 20 bis 25 solcher Märkte, die für Deutschland relevant sind. Die Plattformen konkurrieren miteinander, bemühen sich aktiv um neue Nutzer und wenden Mechanismen an, die vom klassischen E-Commerce bekannt sind. Auch im Darknet basiert das Geschäft auf einem Dreieck von Akteuren - bestehend aus Marktplatzbetreibern, Händlern und Käufern. Die Marktplätze unterscheiden sich vor allem durch die Zahl der Listings. Alphabay, zurzeit mit Abstand das größte Portal, weist etwa 100.000 Produkt-Listings unterschiedlicher Händler auf.
Die Produktpalette ist vielfältig, bei ­genauerer Betrachtung aber sehr ähnlich. Zum Portfolio gehören Drogen, verschreibungspflichtige Medikamente, Tutorials für Cyberkriminelle und anonyme Hostingdienste, Falschgeld und gefälschte Pässe, gehackte Kreditkartendaten und manchmal Waffen.

Es geht vor allem um eine Produktklasse

Eine zweijährige Studie der US-amerikanischen Carnegie Mellon University kam allerdings zum Schluss, dass es bei aller Produktvielfalt doch vor allem um eine einzige Produktklasse geht: Die gängigen Drogen Cannabis, Ecstasy, Speed und Kokain machen ihren Recherchen nach 70 Prozent des Umsatzes aus. Die Forscher schätzen den täglichen Umsatz der großen Marktplätze auf 300.000 bis 600.000 US-Dollar, dender kleineren auf wenige Tausend täglich, Tendenz klar steigend. Dass die Marktplätze der ­digitalen Unterwelt ein immer größeres Publikum erreichen, dürfte vor allem daran liegen, dass sie ­Mechanismen imitieren, die sich im normalen ­Online-Handel als erfolgreich erwiesen haben. Das sorgt für dieses seltsame Gefühl von Vertrautheit im Darknet.
Auf ihren Profilen preisen die Händler die Qualität ihrer Produkte an, den schnellen und sicheren Versand und den Support bei offenen Fragen. Das wichtigste Unterscheidungskriterium sind die Preise. Händler gewähren Mengenrabatte oder Rabatte zu speziellen Anlässen, einige Drogendealer beteiligten sich etwa mit echten oder vermeintlichen Sonderangeboten am Black Friday. "Preise, in Form von Promotions oder Rabatten, sind ein wichtiger Faktor im Wettbewerb zwischen Händlern. Seine Produkte oder Services immer auf sicheren Wegen auszuliefern, ist die Voraussetzung dafür, dass man in der Darknet Community ernst genommen wird", erzählt einer der Administratoren von Alphabay.
Um sich weiter abzuheben, können Händler auf Alphabay "Sticky Listings" buchen, sodass ihr Angebot in einzelnen Produktkategorien immer sichtbar ist. Die Preisgestaltung ähnele insgesamt der auf jedem anderen Marktplatz der Welt, so der anonyme Admin, es gebe nur einige wenige Unterschiede: Der übliche Marktpreis und die Verfügbarkeit spielen eine Rolle, aber auch die Sicherheit und die Anonymität des jeweiligen Produkts.




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