Marktreport Mobilfunk-Discounter 24.08.2009, 17:32 Uhr

Gewinner in der Krise

Die No-Frills-Anbieter erfreuen sich auch in Krisenzeiten großer Beliebtheit und schnappen den Netzbetreibern immer mehr Kunden weg – Weitere Preissenkungen stehen gegenwärtig nicht zur Diskussion – Internet und SB-Handel als Vertriebsweg Nummer eins.
Die Zeiten, als die Netzbetreiber jedes Quartal neue Rekordzahlen bei der Neukundengewinnung verbuchen konnten, sind lange vorbei. Im Gegenteil: Vodafone etwa musste in den beiden letzten Quartalen sogar einen Rückgang bei den Kundenzahlen hinnehmen. Während die Anbieter mit eigenem Netz also hart zu kämpfen haben, scheinen die Discounter nahezu mühelos Kunde um Kunde für sich gewinnen zu können. Fonic verkündete Ende Juli, nunmehr eine Million Kunden erreicht zu haben, Bildmobil nannte zum selben Zeitpunkt eine halbe Million. Bei Congstar will man bereits Ende April die Millionenmarke geknackt haben, allerdings sind darin sowohl DSL- als auch Mobilfunkkunden enthalten.
Die Zahl der Aldi-Talk-Kunden dürfte bereits jenseits der 3-Millionen-Grenze liegen, konkrete Angaben gibt es vom Unternehmen nicht. Überhaupt halten sich die Discounter sehr zurück, was Zahlen angeht, keiner will sich in die Karten schauen lassen. Ein Ende des Kundenzustroms ist also bislang nicht in Sicht, Simyo-Chef Rolf Hansen rechnet sogar damit, dass bis zum Jahresende mehr als zehn Millionen Kunden die Angebote der Mobilfunk-Discounter nutzen. Derzeit, so heißt es von Seiten einiger Anbieter, liege der Marktanteil der No-Frills-Produkte bei etwa 16 bis 17 Prozent.

Marktreport Mobilfunk-Discounter: Gewinner in der Krise

Die Krise als Chance
Einen Grund für das anhaltend positive Abschneiden der Billig-Anbieter nennt Congstar-Chef Alexander Lautz: „Wir gehen davon aus, dass sich der Trend zum Discount-Anbieter vor dem Hintergrund der Finanzkrise noch verstärken wird.“ Auch bei Fonic sieht man die Discounter als Gewinner in der Krise: Von der Schieflage der Wirtschaft würden „viele Anbieter profitieren“, sagt Thomas Heise, Geschäftsführer Marketing & Vertrieb bei der O2-Tochter. Tatsächlich werden sich wohl einige Kunden momentan dafür entscheiden, das bisherige Handy bei Vertragsende weiterzubenutzen und es mit einer Discounter-Karte zu betreiben.
Neben dem Hauptverkaufsargument, dem günstigen Preis, wollen sich die Billig-Anbieter vor allem durch einfache Tarife von den Netzbetreibern differenzieren. Simyo warb bis vor kurzem mit dem „Einfachheits-Gen“, und auch die übrigen Discounter haben nur wenige, leicht zu verstehende Tarife im Angebot. Die Differenzierung gegenüber den Netzbetreibern ist dadurch sichergestellt, untereinander fällt es den Discountern jedoch schwer, Alleinstellungsmerkmale zu finden. Die Gebühren pro SMS und Minute bewegen sich meist bei neun Cent. „Da die Preise für Sprachtelefonie insgesamt schon sehr niedrig liegen, sehen wir derzeit keinen Anlass für weitere relevante Preissenkungen“, sagt zum Beispiel Hartmut Herrmann, Geschäftsführer der Freenet-Töchter Klarmobil.de und Callmobile.de.
Die Unterschiede sind eher im Detail zu finden, wie etwa bei den Datenpreisen, der Taktung oder im verwendeten Netz. Der Kunde entscheidet sich also meist nach der Bekanntheit der Marke, auf Empfehlung von Freunden hin oder schlicht nach der Verfügbarkeit.
Bei der Neukundengewinnung gehen die Anbieter dementsprechend verschiedene Wege. Fonic und Congstar etwa bauen auf eine starke Präsenz in den Medien, um ihre Marke bekannter zu machen und weiter zu etablieren. Bei Blau.de vertraut man dagegen auf eine hohe Verfügbarkeit, auch im stationären Handel. „Wir setzen eher auf eine breite Distribution als auf kostspielige Marketing-Kampagnen“, erklärt Martin Ostermayer, Chef von Blau.de, im Gespräch mit Telecom Handel.

Marktreport Mobilfunk-Discounter: Gewinner in der Krise

Während die Netzbetreiber ihre Neukunden fast ausschließlich von einem der drei anderen Carrier abwerben können, gibt es bei den Discountern untereinander diesbezüglich kaum Konkurrenz. Fast alle Neukunden hatten vorher eine Prepaid-Karte oder einen Vertrag bei einem Netzbetreiber.
Bislang haben die Netzbetreiber jedoch noch kein Mittel gefunden, um die Abwanderung der Kunden zu den Billig-Anbietern zu unterbinden. Um die Kunden trotz verlockender Billig-Angebote bei der Stange zu halten, hat man bei O2 kürzlich das komplette Tarifangebot deutlich verschlankt und mit O2 o einen Tarif vorgestellt, der zumindest hinsichtlich Einfachheit und Risikolosigkeit für den Kunden locker mit den Discountern mithalten kann. Letztlich zeigt der Vorstoß der Münchner auch, wie ernst die Konkurrenz der No-Frills-Anbieter genommen wird.
Hausgemachte Konkurrenz
Zum Teil sind die Carrier aber auch selbst für den Siegeszug der Discounter verantwortlich. E-Plus hob mit Simyo den ersten großen Anbieter sogar selbst aus der Taufe und lässt etliche Discounter sein Netz nutzen. Die Kunden bleiben so zwar im Netz, der ARPU fällt jedoch immer weiter. Zudem subventionieren die Carrier Handys bei Laufzeitverträgen kaum noch, so dass der Kunde mit einer Discount-Karte und einem separat gekauften Gerät oft billiger fährt. Lediglich die hierzulande kaum vorhandene Wechselbereitschaft der Kunden und die immer noch relativ schwache Präsenz der Discount-Karten im Handel bremsen den Trend zum Billig-Anbieter noch.



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