Nokia 27.03.2012, 11:40 Uhr

Hoffen auf den Handel

Der finnische Handy-Hersteller Nokia hat zur Markteinführung des Lumia 800 erstmalig auf ein neues Vermarktungskonzept gesetzt. Das Ziel: eine noch stärkere Einbeziehung des Fachhandels. 
Noch fällt die Bestandsaufnahme nicht allzu rosig aus, es ist also kein Wunder, dass der Deutschland-Chef von Nokia, Sebastian Ulrich, im Pressegespräch keine konkreten Verkaufszahlen der neuen Lumia-Smartphones nennen will.
Doch er sieht sein Unternehmen nicht zuletzt dank des positiven Feedbacks aus dem Handel auf dem richtigen Weg. Vor allem die erweiterte Modellpalette mit dem Lumia 610 für Smartphone-Einsteiger und dem Flaggschiff Lumia 900 werde für höhere Stückzahlen sorgen, glaubt der Manager. Dass auch das Topmodell aufgrund der Hardware-Beschränkungen von Microsoft nur einen Singlecore-Prozessor hat, sieht er nicht als Problem: „Es kommt am Ende des Tages darauf an, wie schnell ich bestimmte Funktionen über die Oberfläche erreichen und nutzen kann – da hat Windows Phone die Nase vorn. Die Hardwarevorgaben haben schließlich auch einen Vorteil, was die Funktion von Software und die einheitliche Benutzeroberfläche auf allen Geräten betrifft.“
Eher ein Exot könnte das neue Modell 808 PureView mit 41-Megapixel-Kamera bleiben. Die realistische Einschätzung von Ulrich: „Das ist kein Massenprodukt, aber ein wichtiger Technologieträger.“ Von den neuen Möglichkeiten im Fotobereich könnten schließlich später andere Geräte des Herstellers profitieren.
Grundsätzlich konzentriert sich die öffentliche Wahrnehmung derzeit stark auf Smartphones, doch Nokia will nicht außer Acht lassen, dass diese nur etwas mehr als die Hälfte der Verkäufe auf dem deutschen Markt ausmachen. Im Segment der sogenannten Feature Phones können die Finnen auf bestimmte Modelle der Asha-Familie zurückgreifen, die auf dem Weltmarkt angeboten werden, um „die nächste Milliarde“ Menschen zu verbinden, wie einer der Slogans des Herstellers lautet. Nicht alle dieser Geräte, die in Ulm entwickelt werden, sollen aber auch hierzulande erscheinen.

"Wir müssen kontinuierlich in den Handel investieren"

Beim Verkauf setzen die Finnen stark auf den Fachhandel. Dazu Ulrich: „Das Erlebnis der Geräte am PoS kann er am besten vermitteln. Wir wollen deshalb alle Bereiche abdecken und unterstützen.“ Er betont, dass es zum Marktstart des Lumia 800 gelungen sei, die Kanäle gleichberechtigt zu beliefern. Doch das ist nur eine von mehreren Maßnahmen, die erstmalig zum Einsatz kamen: „Die Geräte in den Handel liefern und dann mal sehen, was geht, war gestern. Wir müssen kontinuierlich in den Handel investieren.“ Dazu gehöre zum Beispiel die breite Verfügbarkeit von Demogeräten.
So früh wie möglich anfangen
Auch erfolge die umfangreiche Unterstützung nun bereits vor dem eigentlichen Verkaufsstart eines neuen Produktes und nicht wie bisher parallel, so Ulrich. Die erste Stufe sei die Vorstellung im Internet, auf die eine Beratung am PoS durch das Außendienstteam des Herstellers oder auch ein Online-Gruppentraining folgen sollte. In diesen Lektionen gehe es nicht nur um das Produkt selbst und das Zubehör, sondern auch um die richtige Ansprache des Kunden und passende Tarife. Zum Start des Lumia 800 wurden von Nokia immerhin 1.500 Trainings durchgeführt.
Als letzten Schritt zur Markteinführung bringt der Hersteller dann Demogeräte an den PoS. Eigens um das Gerät dort in allen Funktionen zu demonstrieren, hat Nokia den „Retail Mode“ entwickelt: „Die Kunden sollen auf den ersten Blick sehen, dass auf diesen Bildschirmen etwas passiert, und dann alles ausprobieren“, sagt Ulrich. Vor allem bei besonders wichtigen Produkten wie dem Lumia 800 und demnächst dem Lumia 900 stellt Nokia eine möglichst hohe Zahl von Demogeräten bereit.

Nur noch fünf Distributoren

Deren Abgabe knüpfe man nicht an feste Bedingungen, aber ein gewisses Engagement beim Verkauf solle schon erkennbar sein, fordert der Nokia-Manager. Insgesamt unterhalte Nokia Beziehungen zu 2.500 Händlern – die teilweise mehrere Läden haben – mit kontinuierlichen Vereinbarungen, so Ulrich. Dabei werde „ständig beobachtet“, mit wem man zusammenarbeiten könne.
Das gelte auch für die Distributoren, betont Ulrich. Noch im Herbst 2009 hatte die Reduzierung der Zusammenarbeit auf sieben Anbieter für Aufruhr in der Branche gesorgt, jetzt wurde die Zahl noch einmal auf fünf Distributoren zurückgefahren. Diese sind Komsa, My-extra, Brightpoint, Mobilcom-Debitel und The Phone House. Chris Keim Com und Brightstar Tech Data sind dagegen nicht mehr dabei.
Diese Auswahl beruhe auch auf dem Austausch mit dem Handel, betont Ulrich: „Wir wollen als Hersteller bestimmen, wer unsere Produkte wie verkauft. Das müssen unsere Partner leisten, sonst hat eine Zusammenarbeit keine Zukunft.“




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