31.07.2013, 10:12 Uhr

Interview zum Thema "0-Euro-Handys" mit VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner

Auch wenn eine Entscheidung über die Nachversteuerung der sogenannten 0-Euro-Handys erst für nächstes Jahr erwartet wird, schlägt das Thema bereits jetzt hohe Wellen. Telecom Handel fragte beim VATM nach, wie sich Fachhändler am besten verhalten sollten und welche konkreten Risiken bestehen.
Telecom Handel: Das nun beim Bundesfinanzhof zur Prüfung liegende Urteil vom Juni 2012 besagt, dass es keine Nachversteuerung der verkauften Handys geben darf, da es sonst zu einer Doppelbesteuerung käme ?
Jürgen Grützner: Kein Vermittler sollte eine zusätzliche Umsatzsteuerbelastung tragen müssen, was im Klagefall jedoch der Fall wäre. Die vom Vermittler gegenüber dem Mobilfunkunternehmen erbrachte Vermittlungsleistung wird bisher schon in vollem Umfang besteuert. Darüber hinaus unterliegt die Lieferung der Mobilfunkgeräte vom Mobilfunkunternehmen (oder anderen Lieferanten) an den Vermittler der Umsatzbesteuerung. Und schließlich werden alle Zahlungen des Endkunden, die im Rahmen seines Vertragsverhältnisses mit dem Mobilfunkunternehmen für Telekommunikationsdienstleistungen erfolgen, der Umsatzsteuer unterworfen. Es gibt folglich keinen unversteuerten Endverbrauch. Die Erhebung einer zusätzlichen Umsatzsteuer auf ein vermeintliches Geschenk (Verkauf des Handys vom Vermittler an den Endkunden für null Euro) würde zu einer wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Mehreinnahme beim Fiskus führen. Jeder Kunde weiß, dass er ein ?subventioniertes Handy? nicht geschenkt bekommt.
Telecom Handel: Es ist derzeit nur die Rede von den 0-Euro-Handys. Sind alle Händler, die Geräte für einen Euro verkauft haben, damit auf der sicheren Seite?
Grützner: Aufgrund bisheriger Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen sollten alle entgeltlichen Verkäufe, wozu eben auch Kaufpreise zu 1 Euro zählen, ohne eine Strafsteuer auskommen. Dies würde sich allerdings ändern, wenn sich die Ansicht der Finanzverwaltung im Bereich der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Verkauf von Mobilfunkgeräten von Vermittlern an Endkunden durchsetzt. Die dort versuchte Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Wertabgabe (0 Euro), symbolischem Kaufpreis (1 Euro) und verbilligtem Entgelt wirft nicht lösbare Fragen auf, was am Ende nicht weiterführt. Die in diesem Geschäft tätigen Unternehmen können und müssen doch zu Recht Rechtssicherheit zu den Steuerfolgen ihrer Umsätze haben. Insofern ist dringend zu fordern, dass die Finanzverwaltung klarstellt, dass 1-Euro-Handys nicht betroffen sind.

Folgen für den Handel

Telecom Handel: Die Praxis der sogenannten 1-Euro-Handys gibt es bereits seit mehr als 15 Jahren. Die wenigsten Händler dürften nicht zuletzt deshalb in den vergangenen Jahren ausreichende Rücklagen gebildet haben, um die theoretisch möglichen Nachforderungen der Finanzbehörden stemmen zu können. Weshalb könnte eine Entscheidung zu Ungunsten der Mobilfunk-Händler trotzdem gerechtfertigt werden?
Grützner: Aufgrund des formalen Charakters des Umsatzsteuerrechts wäre gemäß § 10 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG eine Umsatzbesteuerung auf Basis des Einkaufspreises denkbar, sofern der Händler/Vermittler den ?Verkauf? eines Handys für 0 Euro vornimmt. Ein Verkauf zu einem Preis von 1 Euro erfolgt aber nicht unentgeltlich und darf auch nicht zu einer Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe führen. Aus diesem Grund gab es schon immer die Empfehlung im Mobilfunkmarkt, Handys zumindest zu einem Preis von 1 Euro zu verkaufen.
Telecom Handel: Welche Möglichkeiten hätte ein Händler, gegen eine eventuelle Nachforderung Einspruch zu erheben?
Grützner: Zunächst kommt es darauf an, ob der einzelne Sachverhalt vergleichbar mit dem beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren ist. Dort geht es um ?0-Euro-Handys?. In einem solchen Fall ist ein Einspruch mit Verweis auf die vom Finanzgericht Baden-Württemberg getroffene Entscheidung vom 26.09.2012 (Az. 1 K 218/11) sowie das anhängige BFH-Verfahren (Az. XI R 39/12) empfehlenswert. Sollte die Finanzverwaltung auch den Fall der ?1-Euro-Handys? aufgreifen, sind die Erfolgsaussichten eines Einspruchs und gegebenenfalls Klageverfahrens größer ? hierzu wird der BFH aber im vorliegenden Verfahren wohl nicht entscheiden.




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