Anti-Terror-Maßnahmenpaket 30.04.2016, 13:42 Uhr zum Forenbeitrag

Prepaid-Vermarktung: Personalausweis wird Pflicht

Die Bundesregierung plant im Rahmen eines Anti-Terror-Maßnahmenpakets die verpflichtende Vorlage eines Personalausweises beim Kauf einer Prepaid-Karte.
(Quelle: Corepics VOF / Shutterstock)
Laut Telekommunikationsgesetz ist die Lage eigentlich klar. In §111 TKG ist eindeutig geregelt, dass Mobilfunk-Diens­teanbieter – und auch deren Vertriebs­partner – vor der Freischaltung einer Handy-Karte bestimmte personenbezogene Daten erheben müssen. Gerade im Prepaid-Segment wird diese Vorschrift aber eher lax gehandhabt. Wer etwa an der Supermarkt-Kasse ein Mobilfunk-Starter-Set mitnimmt, muss zwar seine Adresse und sein Geburtsdatum via Internet oder Telefon bekannt geben – eine echte Identifizierung findet aber nicht statt.
Dies möchte die Bundesregierung nun ändern. So hat der Koalitionsausschuss am 13. April einen „Anti-Terror-Maßnahmenkatalog“ vorgestellt, gemäß dem Provider und Händler verpflichtet werden sollen, auch bei Prepaid-Nutzern von Mobilfunkgeräten „stets ein gültiges Identitätsdokument mit vollständigen Adressangaben zu verlangen“. Ein „längst überfälliger Schritt“, wie etwa die Gewerkschaft der Polizei (GdP) meint. „Für die Er­mittler der Polizei ist es enorm wichtig, die Kommunikationswege mutmaßlicher Terroristen überwachen und auswerten zu können. Häufig nutzen Täter anonyme Prepaid-Telefone, um ihre Taten vorzubereiten und sich vor der Polizei zu verstecken“, erklärt dazu der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow.
Bei den Carriern und Providern dürfte der Vorschlag auf strikte Ablehnung stoßen – auch wenn man sich nach außen recht bedeckt hält. So verweist die Telekom darauf, dass es sich derzeit nur um „Überlegungen der Bundesregierung“ handelt, die noch in einem Gesetz oder einer Rechtsverordnung verankert werden müssen. Auch Telefónica will in dem Maßnahmenkatalog nur „formulierte Ideen oder Absichten“ erkennen, so dass es nach Einschätzung der Münchner verfrüht wäre, „mögliche Konsequenzen für unser Unternehmen abzuleiten“. Vodafone wiederum gibt an, sich „innerhalb des konkreten ­Gesetzgebungsverfahrens anzuschauen, ob sich Änderungen für die Praxis ergeben und damit Mehraufwand verbunden ist“.

VATM: "Wir sind für alle Vorschläge offen"

Dass man nun bis zur nächsten Klausur­tagung der Bundesregierung, die in der zweiten Maihälfte stattfinden soll, in kollektive Sprachlosigkeit verfällt, ist jedoch nicht anzunehmen. Die Hoffnungen vieler Carrier und Provider liegen daher auf dem politischen Einfluss des Branchenverbands VATM. Denn klar ist: Auf die Telco-Branche hätte die geplante Neuregelung massive Auswirkungen, schließlich müsste der heute übliche Freischaltungsprozess komplett neu gestaltet werden – etwa durch ein Video-Identverfahren.
Entsprechend deutlich wird denn auch VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Man habe zwar großes Verständnis dafür, dass die Koalition die Sicherheitslage verbessern wolle, doch durch eine Ausweispflicht beim Prepaid-Verkauf ändere sich diese rein gar nicht. „Ein Attentäter wird seinen Ausweis doch niemals herzeigen. Dann besorgt der sich sein Prepaid-Handy eben im Ausland oder kauft irgendwo eine bereits registrierte Karte“, so Grützner gegenüber Telecom Handel. Entsprechend müsse das Thema zumindest auf europäischer Ebene diskutiert und entschieden werden. „Das geht nur über Brüssel“, so Grützner.
Komplett verweigern will sich der VATM indes nicht. „Grundsätzlich ist die Branche natürlich bereit, einen Aufwand zu betreiben, wenn es der Sicherheit der Bevölkerung dient. Wir sind für alle Vorschläge offen. Der Bund muss sich dann auch überlegen, wie er das bezahlen will“, sagt Grützner. Und wie die praktische Umsetzung aussehen soll, denn: „Soll dann in jedem Aldi-Markt ein Kopierer neben der Kasse stehen?“, fragt der VATM-Geschäftsführer. Ungelöst bliebe auch die Frage beim Erwerb durch Migranten und Asylbewerber, für die es derzeit ja eine Sonderregelung beim Erwerb von Prepaid-Karten gibt. Grützner: „Hier eine Erleichterung zu schaffen, aber das Verfahren für die anderen Verbraucher zu erschweren, das passt nicht zusammen.“
Sollte die geplante Vorgehensweise tatsächlich verpflichtend werden, stellt sich zudem die Frage nach dem Umgang mit den Daten. Denn eine Authentifizierung über Ausweisdokumente darf aus Datenschutzgründen nicht dazu führen, dass weitere Informationen – wie etwa Augenfarbe oder Größe - gespeichert werden. Für die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff zumindest gibt es skeptisch, was eine schnelle Einführung der neuen Regelung betrifft: „Basierend auf meinen Erfahrungswerten bei der Aufsicht über den TK-Sektor gehe ich davon aus, dass zur konkreten Umsetzung dieser Forderung einige praktische Hürden zu überwinden sind.




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