Übernahme gescheitert
11.07.2022, 09:36 Uhr

Elon Musk lässt Twitter-Deal platzen

Das Tauziehen um den Kurznachrichtendienst Twitter hat ein Ende. Tech-Milliardär Elon Musk verkündete nun, dass er den Konzern doch nicht kaufen wird. Die Firma droht ihm jetzt mit rechtlichen Konsequenzen.
(Quelle: Shutterstock/Rokas Tenys)
Die turbulente Twitter-Übernahme durch Elon Musk hat die Chaos-Stufe erreicht: Der Tech-Milliardär tritt vom Kauf zurück, doch die Firma will den Deal vor Gericht durchboxen. Die Plattform, die die Welt veränderte, steuert damit auf Monate der Ungewissheit zu. Denn auch wenn Experten die Firma im Rechtsstreit in einer besseren Position sehen, bleibt unklar, ob man den reichsten Menschen der Welt zu einer Übernahme zwingen möchte, die er nicht will. In jedem Fall hinterlässt das zermürbende Hickhack um den Deal deutliche Spuren bei dem Kurznachrichtendienst.
Musks Anwälte begründeten den Rückzieher mit angeblich unzureichenden Informationen zur Zahl der Fake-Accounts bei dem Kurznachrichtendienst. Twitter konterte, man halte daran fest, den Verkauf zum vereinbarten Preis abzuschließen und plane, dafür vor Gericht zu gehen. Die Twitter-Aktie sackte im nachbörslichen Handel am Freitag um rund fünf Prozent ab.

Rückzug mit Ankündigung

Überraschend kommt Musks Kehrtwende nicht: Er hatte schon seit Wochen die Twitter-Zahlen öffentlich angezweifelt. Das wurde von Beobachtern bereits als Versuch interpretiert, zumindest den Preis zu drücken. Zu seinem Gebot wäre der Deal mehr als 44 Milliarden US-Dollar (rund 43 Milliarden Euro) schwer, während Twitter an der Börse zuletzt rund 28 Milliarden US-Dollar wert war. Beobachter hatten spekuliert, dass Musk angesichts der Preisdifferenz nicht mehr gewillt war, an dem ursprünglichen Angebot festzuhalten.
Musk hatte im Frühjahr von sich aus zum Kauf von Twitter angesetzt. Er betonte wiederholt, es gehe ihm dabei nicht um Geld, sondern vor allem darum, die Redefreiheit auf der Plattform zu stärken. So sagte Musk, er würde den von Twitter verbannten ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wieder zurück auf die Plattform lassen.

Streit um Fake-Accounts eskaliert

Der Verwaltungsrat des Online-Dienstes sperrte sich zunächst gegen Musks Gebot von 54,20 US-Dollar je Aktie, akzeptierte es dann aber doch. Als Nächstes sollten in den kommenden Monaten die Aktionäre über den Verkauf ihrer Anteile an Musk abstimmen. Musks Preis wäre für viele von ihnen ein guter Deal: Bereits vor seinem Rückzieher am Freitag ging das Papier bei nur 36,81 US-Dollar aus dem US-Handel.
Musk versuchte schon seit Mitte Mai, angeblich falsche Schätzungen von Twitter zur Zahl der Spam- und Fake-Accounts zum Thema zu machen. So erklärte er den Übernahmedeal deswegen bereits für ausgesetzt. Musks Anwälte behaupteten nun, Twitter habe es versäumt, Musk und seinem Beraterstab ausreichende Datenzugänge zur Überprüfung der Angaben zu Fake-Accounts bereitzustellen. Musks Seite bezeichnet das als einen Bruch der Vertragspflichten, der eine Auflösung der Kaufvereinbarung rechtfertige. Ob das Gericht im US-Bundesstaat Delaware das genauso sieht, wird von US-Beobachtern angezweifelt.
Musk müsste für einen Erfolg nachweisen, dass Twitter so gravierende Informationen unterschlagen habe, dass der Deal zu den vereinbarten Konditionen nicht mehr tragbar ist. Der Streit käme vor den Delaware Chancery Court. Das Gericht kann unter anderem den Vollzug einer Übernahme anordnen. In einem seltenen Fall, in dem es den Rückzieher eines Käufers billigte, erlaubte es dem Gesundheitskonzern Fresenius 2018, die Übernahme der Pharmafirma Akorn abzusagen. Die Richter befanden damals, dass Akorns Informationen zur Geschäftslage und den Aussichten von Medikamenten erhebliche Lücken aufwiesen.




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