Social Media Marketing 08.09.2010, 11:22 Uhr

Die Kunden im Web treffen

Mit Social Media Marketing können Händler im Web die Aufmerksamkeit neuer Kunden gewinnen. Wie Sie die passende Online-Plattform finden, lesen Sie hier.
Mit der Konkurrenz der Discounter im Internet kann ich nicht mithalten, deshalb mache ich meinen Online-Shop zu“, erklärt ein Händler aus Franken im Gespräch mit Telecom Handel. Mit großen Ambitionen habe er vor ein paar Jahren versucht, im Internet Fuß zu fassen, doch der Aufwand habe in keinem Vergleich zum Ergebnis gestanden. „Biete ich ein Handy zu einem günstigen Preis an, so wird dieser in nur wenigen Minuten von einem anderen unterboten – dieses Spiel kann ich mir nicht leisten“, fährt er fort. Andererseits, und das ist der Punkt, ist die Kundenfrequenz in seinem Laden rückläufig: Viele Kunden, das gilt vor allem für die jüngeren, kaufen Handys und Verträge vorwiegend online – mit zunehmender Tendenz.
„Händler müssen die Kunden dort abholen, wo sie sich aufhalten“, macht Nils Maier, Consultant bei der Werbeagentur Virtual Identity, deutlich. Und halten sich die meisten Kunden im Internet auf, so müssen sich auch die Händler im World Wide Web bewegen. Ein Online-Shop ist eine Möglichkeit dazu, aber bei weitem nicht die einzige. Der Kontakt zu potenziellen Kunden kann auch über soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Foren entstehen – die Marketiers haben dafür einen Namen geprägt: Social Media Marketing.
Bei den großen Konzernen ist SMM seit langem fest im Marketingplan verankert. Sie versuchen damit ihr Markenimage zu pflegen, die Bekanntheit des Unternehmens zu steigern oder die Frequenz der Besucherzahlen auf der eigenen Website zu erhöhen. Ein weiteres Ziel ist natürlich die Akquise von Neukunden. Social Media Marketing ist aber nicht nur für große Unternehmen und Marken mit einem entsprechend umfangreichen Budget interessant. Auch kleinere Unternehmen und vor allem der stationäre Einzelhandel können von SMM profitieren – trauen sich aber bislang kaum an das Thema heran. Das gilt vor allem für diejenigen, die sich mit einem unprofitablen Online-Shop schon einmal die Finger verbrannt haben.

Erste Schritte: So funktioniert SMM

Dabei birgt SMM für den Handel große Chancen, die nicht einmal das Marketingbudget belasten – allerdings Zeit in Anspruch nehmen. „Ein bis zwei Stunden pro Tag sind das absolute Minimum“, bereitet SMM-Experte Maier Händler auf den zu erwartenden Aufwand vor. Und: Am Anfang sollten Shopbesitzer einen Puffer einplanen, um sich in das Thema einzuarbeiten.
Erste Schritte im SMM
Welche Netzwerke und Foren gibt es, und welche User bewegen sich dort? Zu Beginn ist es wichtig, die potenziellen Plattformen für das SMM-Engagement zu recherchieren und zu identifizieren. Am bekanntesten ist sicherlich Facebook, weltweit verzeichnet diese Plattform rund 500 Millionen Nutzer, in Deutschland sind es immerhin schon knapp elf Millionen.
Weitere bekannte soziale Netzwerke sind Xing oder StudiVZ. Auch lohnt es, sich beim Micro-Blogging-Dienst Twitter umzuschauen. „Twitter-Nutzer sind in der Regel eher technikorientiert und haben daher stärkeres Interesse an Mobilfunkthemen“, erklärt Jo Wedenigg, Head of Social Media bei der Münchner Agentur Webguerillas. Und schließlich gibt es noch eine ganze Reihe lokaler Foren und Blogs, auf denen Händler gezielt nach Kontakten in der Nähe suchen können. Allerdings mit einer Einschränkung: Es ist etwas mühsam, diese Foren im Web zu finden – da helfen in erster Linie die bekannten Suchmaschinen und viel Zeit weiter. Eine weitere Möglichkeit ist, sich bei den lokalen Medien – Zeitung oder Privatfernsehen – nach einem entsprechenden Forum umzusehen.
Jede einzelne Plattform sollte schließlich geprüft werden: Ist die Zielgruppe mobilfunkaffin? Wird in diesen Foren viel über Handys oder Smartphones diskutiert? Tauchen Fragen zur Bedienung auf? „Am besten ist es, die Ergebnisse dieser Recherche auszuwerten und sich dann für einige wenige Foren oder Netzwerke zu entscheiden“, rät Maier. Denn ein häufiger Fehler ist es, sich im SMM zu verzetteln, zu viele Netzwerke und Foren bedienen zu wollen. „Das sprengt den zeitlichen Rahmen, führt nur zu Frust – aber selten zum gewünschten Erfolg“, betont Maier.

Mit Zusatzangeboten werben

Ist die Auswahl getroffen, so kann der Händler mit seinem SMM-Engagement starten: Registrieren, ein Profil anlegen und mit der eigenen Website verlinken – die ersten Schritte sind einfach. Doch dann? „Wenn ein Händler sich nicht über den Preis von anderen Angeboten differenzieren kann, so muss er Zusatzangebote, Services in den Vordergrund stellen“, gibt Webguerilla-Berater Wedenigg einen Tipp. „Der User muss begeistert werden, zum Beispiel durch schnelle Hilfe bei einem Problem mit der Konfiguration seines Smartphones.“
Das heißt aber auch: Der Händler muss viel Zeit im Web verbringen, um diese Fragen zu beantworten. Für viele Reseller ist dies ein Problem. Muss es aber nicht, meint Roland Hachmann. Er ist Senior Consultant bei Tribal DDB, die auch den SMM-Etat der Telekom betreut. Sein Tipp: „Händler sollten ihre Mitarbeiter in das Projekt Social Media Marketing einbinden.“ So kann der Verkäufer ruhige Zeiten nutzen, um das Web nach aktuellen Anfragen zu durchsuchen und diese zu beantworten. „Bei der amerikanischen Elektronikkette Best Buy leisten die Mitarbeiter Kundenservice über Twitter“, berichtet Hachmann. Ein Beispiel, das auch hierzulande Schule machen könnte.
Ebenfalls gilt: „Bei SMM muss der Werbetreibende Persönlichkeit zeigen, damit eine Beziehung zum Shop entsteht“, erklärt Wedenigg. Adäquate Mittel sind Bildergalerien, dabei macht nicht nur eine Innen- oder Außenansicht eines Shops Lust auf einen Besuch. „Möglich ist auch, zum Beispiel Fotomaterial oder Videos einzustellen, die die Lieferung von Waren zeigen“, so Wedenigg weiter.
Das Ziel dieser Aktionen: Der Shop muss authentisch und sympathisch wirken. „Nur dann wird er von der Webgemeinde auch weiterempfohlen und die Frequenz auf den Seiten erhöht“, erklärt Wedenigg. Denn eines ist unverzichtbar: Werbetreibende brauchen Multiplikatoren, die immer mehr Besucher auf die Seite locken. Und wann trifft der Händler den Kunden nicht nur im virtuellen, sondern auch im realen Leben? Dazu Wedenigg: „SMM rechnet sich nicht in kurzer Zeit, Werbetreibende brauchen dazu einen langen Atem. Aber es lohnt sich.“
Wollen Sie noch tiefer in die Materie einsteigen? Hier geht es zum großen Facebook-Special unseres Schwesterportals Internet World Business.

Interview mit Nils Maier, Consultant bei der Agentur Virtual Identity

Telecom Handel: Der stationäre Handel – vor allem im Mobilfunkbereich – leidet sehr unter der Konkurrenz aus dem Web. Professionelle Online-Werbung sprengt aber sein Budget. Was also kann der Channel tun?
Nils Maier: Er sollte dennoch versuchen, die Kunden dort abzuholen, wo sie sich aufhalten – und zwar im Internet. Am effektivsten und sicherlich auch in der günstigsten Variante kann er das, indem er Social Media Marketing betreibt.
Telecom Handel: Begriffe wie Social Media Marketing wirken indes auf viele Händler eher abschreckend, die meisten Händler können sich darunter kaum etwas vorstellen …
Maier: … dabei ist diese Art der Werbung beileibe kein Hexenwerk. Letztendlich bedeutet es, auf Netzwerken wie beispielsweise Facebook oder in Foren den Kontakt zu potenziellen Kunden zu suchen.
Telecom Handel: Welche Plattformen bieten sich dafür an?
Maier: Ich würde in einem ersten Schritt Facebook empfehlen, dies ist immer noch das mit Abstand größte soziale Netzwerk im Web, allein in Deutschland hat Facebook weit über zehn Millionen Nutzer. Zusätzlich sollte der Händler versuchen, sich an lokalen Online-Foren zu beteiligen, dort zum Beispiel die Fragen von Usern zu beantworten – beispielsweise von einem Anwender, der sein Handy nicht einrichten kann – und damit indirekt für seine Services zu werben.
Telecom Handel: Diese Art der Werbung ist allerdings in Verruf geraten, auch weil zum Beispiel die Bahn versteckte PR-Maßnahmen in Blogs versucht hatte. Sind die Forenbesucher nicht sehr misstrauisch?
Maier: Natürlich, doch dieses Misstrauen kann ein Händler schnell abbauen. Einfach, indem er von Anfang an ehrlich und transparent gestaltet, wer er ist und was er macht. Wer dieses Gebot einhält, schafft es auch, dass andere Nutzer Vertrauen zu ihm und seinen Beiträgen aufbauen.
Telecom Handel: Viele Händler fürchten außerdem, sich mit einem unprofessionellen Auftreten im Web zu blamieren.
Maier: Diese Angst ist grundlos. Wenn etwas einmal nicht so funktioniert, dann sollte der Händler den Fehler offen eingestehen, ganz einfach. Bei den meisten Unternehmen steht die Risikobetrachtung viel stärker im Vordergrund als die Chancenbetrachtung. Das ist schade, denn so werden auch viele gute Chancen – auch für Umsatzsteigerungen – verpasst.

Netzwerke im Überblick

  • Facebook ist der Platzhirsch unter den sozialen Netzwerken, allein in Deutschland hat es mittlerweile rund elf Millionen Nutzer. Allerdings sind die Streuverluste bei dieser Menge groß.
  • Xing ist ein Businessnetzwerk und zählt weltweit über neun Millionen Mitglieder, in Deutschland sind es 3,4 Millionen.
  • Linkedin richtet sich ebenfalls an professionelle Nutzer, hat weltweit mehr als 75 Millionen Nutzer, in Deutschland sind es 760.000.
  • Studivz, Meinvz und Schuelervz adressieren in erster Linie Schüler und Studenten und bringen es gemeinsam auf immerhin 16 Millionen User.
  • Twitter ist ein Micro-Blogging-Dienst, über den Mitglieder Kurznachrichten versenden. Offizielle Nutzerzahlen gibt es nicht.




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