11.07.2009, 14:47 Uhr

Gemeinsam die Krise meistern

Konjunkturflaute schürt Ängste der Mitarbeiter – Verunsicherte Angestellte sind schlechte Verkäufer – Wie Unternehmer ihre Mitarbeiter motivieren können – Letzter Ausweg Kündigung: Das ist zu beachten
Es macht keinen Spaß mehr“, berichtet ein Handy-Verkäufer aus Rosenheim. „Die Wirtschaftskrise macht mir Angst, ich fühle mich machtlos und weiß nicht, was passieren wird“, so der Bayer weiter. In letzter Zeit sei er müde, ausgelaugt und auch ein wenig mutlos. Er erzählt, dass es ihm auch zunehmend schwerer falle, Kunden von einem Angebot zu überzeugen, seine Umsätze in den vergangenen Wochen nachgelassen hätten und er nun konkret um seinen Arbeitsplatz fürchte. Auf die Frage, was er sich wünscht, antwortet er – ein wenig zögernd –: „Ich möchte Sicherheit, wissen, wie es weitergeht.“
Der Rosenheimer Händler beschreibt beispielhaft, wie es derzeit vielen Bundesbürgern geht: Die Wirtschaftskrise setzt den Menschen zu – und zwar nicht nur denjenigen, die ganz konkret an der Börse oder bei isländischen Banken Geld verloren haben. Die taumelnde Konjunktur ist auch eine extreme psychische Belastung – und zwar für alle: Menschen fürchten um ihr Geld, um ihren Job, schauen mit Ungewissheit in die Zukunft – und diese Angst führt bei vielen zu einer Art „Lähmung“, die sich auch auf die Arbeitsleistung niederschlagen kann.
„Selbst der beste Verkäufer wird nicht mehr gut verkaufen, wenn die Angst um seinen Arbeitsplatz sein verkäuferisches Handeln bestimmt“, erklärt Michael Fischer, Krisenexperte aus Markgröningen. „Wenn der Verkäufer seine Unsicherheit ins Verkaufsgespräch mit einbringt oder seine positive Grundeinstellung verliert, kann die notwendige Vertrauensbasis zwischen Kunden und Verkäufern nicht aufgebaut werden, die Voraussetzung für den Verkaufsabschluss ist“, so Fischer weiter.
Über einen längeren Zeitraum hinweg kann dies eine Delle bei der Geschäftsentwicklung bedeuten – in besonders schweren Fällen gar ein Unternehmen ins Trudeln bringen. Krisenzeiten sind deshalb in vielerlei Hinsicht eine extreme Herausforderung für Unternehmer: Sie müssen nicht nur in der wirtschaftlichen Flaute kräftig gegensteuern, dazu kommt noch die Herkulesaufgabe, verunsicherte Mitarbeiter zu beruhigen und vor allem so zu motivieren, dass sie weiterhin mit Spaß und Engagement ihren Job machen.

Gemeinsam die Krise meistern (Teil 2)

Ehrlichkeit und Transparenz
"Offene Kommunikation, nichts verheimlichen“, bringt Dieter Philippi seinen Rat an Unternehmer zur Mitarbeiter-Motivation in Krisenzeiten auf den Punkt. „Mitarbeiter merken sehr schnell am Verhalten des Unternehmers, dass etwas nicht stimmt, und reagieren verunsichert“, warnt der Herweck-Vorstand. „In den meisten Fällen ist es mit einem beruhigenden Satz alleine nicht getan, denn gerade in schwierigen Zeiten verlangt es den Mitarbeiter nach ‚mehr Führung‘“, ergänzt der Krisenexperte Michael Fischer. Er wünscht sich, dass Unternehmer gerade jetzt optimistisch und mit kämpferischem Willen im Tagesgeschäft vorangehen, denn „solch ein authentisches Führungsverhalten sagt mehr als 1.000 beruhigende Worte und aktiviert alle potenziellen Leistungsträger“.
Er räumt allerdings ein, dass dies eine der schwierigsten Aufgaben für Unternehmer und Führungskräfte sei, „stehen sie doch selbst unter hohem emotionalen Druck“. Dennoch: Auf keinen Fall darf der Unternehmer seine eigene Unsicherheit unter seine Mitarbeiter tragen. „Das ist nicht seine Aufgabe, seine Aufgabe ist es, die Mitarbeiter zu ermutigen und in Krisenzeiten öfter und vor allem weise zu kommunizieren“, betont der Unternehmensberater. Auch Markus Götz Junginger, Partner und Managing Director von Gallup Deutschland, warnt: „Menschen wissen es, wenn man sie belügt – Ehrlichkeit ist deshalb das erste Gebot.“
Mitarbeiter einbeziehen
Doch wie viel Ehrlichkeit und Transparenz ist nötig, wie viel sinnvoll? Das Gros der Berater warnt davor, allen Mitarbeitern den Zugang zu allen Zahlen des Unternehmens zu ermöglichen – es sei denn, es ist für ihren Aufgabenbereich notwendig. Über die generelle Entwicklung sollten allerdings alle Mitarbeiter Bescheid wissen: Welche Tendenz hat der Umsatz? Sind die Kosten explodiert oder waren sie im Plan? War die Marketingaktion erfolgreich?
Ist die Entwicklung negativ, so lohnt es sich auch, gemeinsam mit den Mitarbeitern Maßnahmen für den Kampf gegen eine drohende Krise zu entwickeln. „Einerseits kommen mehr Vorschläge auf den Tisch, andererseits hilft es den Mitarbeitern, mit der eigenen Unsicherheit und Arbeitsplatzangst besser umzugehen“, sagt Fischer. Und: „Nur mit der Unterstützung der Mitarbeiter werden diese Maßnahmen anschließend auch schnell umgesetzt.“ Allerdings verhalten sich Mitarbeiter sehr unterschiedlich: Die einen sind bereits Motivations- und Leistungsträger, andere haben das Potenzial dazu, und die Dritten sind und bleiben Mitläufer .

Gemeinsam die Krise meistern (Teil 3)

Ernstfall Kündigung
Oftmals kann ein Unternehmer indes nicht vermeiden, sich von einem oder mehreren Mitarbeitern zu trennen – für viele Geschäftsführer ist dies eine der unangenehmsten Aufgaben, wenn nicht gar die heikelste überhaupt. Vor allem in kleineren Unternehmen kennen viele ihre Angestellten sehr gut, betrachten sie als Freunde oder gar Familienmitglieder.
„Wenn ein Unternehmen allerdings unrentabel ist, so ist es unabdingbar, sich von Mitarbeitern zu trennen“, erklärt Junginger. „Unternehmer sollten ihre Entscheidung den betroffenen Mitarbeitern aber auch erklären, deutlich machen, dass es keinen anderen Ausweg gab“, rät der Gallup-Partner. „Nur wer früh, ehrlich und offen die Kündigung legitimiert, richtet keinen dauerhaften Schaden an“, betont er. Er empfiehlt weiter, vor allem den guten Mitarbeitern Unterstützung anzubieten – sei es in Form von Empfehlungsschreiben oder der Option, sie bei der Arbeitsplatzsuche zu unterstützen. „In diesen Zeiten wird der menschliche Faktor aufgewertet“, sagt Junginger. Wer sich jetzt roh oder gar unfair gegenüber seinen Mitarbeitern verhält, der disqualifiziert sich selbst – als Mensch wie als Führungskraft.
Sobald Kündigungen ausgesprochen werden, läuten auch bei allen anderen Mitarbeitern die Alarmglocken Sturm – die Angst um den Job bekommt neue Nahrung, „Den verbliebenen Kollegen muss deshalb klargemacht werden, warum die Entlassungen notwendig waren und vor allem, wie es mit der Aussicht auf Erfolg weitergeht“, betont Michael Fischer. Dazu sollte ein verbindlicher Fahrplan mit Maßnahmen zur Überwindung der Unternehmenskrise rechtzeitig und umfassend an alle beteiligten Mitarbeiter kommuniziert werden. Werden die Maßnahmen konsequent umgesetzt und findet ein regelmäßiger Austausch mit den Mitarbeitern statt, können auch konspirative Gespräche weitgehend gesteuert werden.
Denn der sogenannte „Flurfunk“ kann die Stimmung in einem Unternehmen deutlich trüben. Schneller, als manch Unternehmer glaubt, machen Gerüchte die Runde – vor allem negative. Mit der richtigen Informationspolitik können Unternehmer dem allerdings entgegenwirken. Auch schaffen sie damit Transparenz und Akzeptanz, so dass die verbliebenen Mitarbeiter weiterhin hinter dem Unternehmen stehen. Fischer: „Denn ohne Mitarbeiter geht es nicht.“