Senioren-Schulungen 09.08.2013, 09:20 Uhr

Zwischen Neugier und Misstrauen

Die Volkshochschulen in Baden-Württemberg machen Senioren fit für den Umgang mit Smartphones und Tablets. Telecom Handel hat den Trainern einen Tag lang über die Schulter geschaut.
Der Unterrichtsraum der Volks­hoch­schule in Ditzingen bei Stuttgart strahlt nicht gerade Hightech-Flair aus: Vor den Teilnehmern stehen PCs, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben, in der Ecke wartet ein Projektor für Folien auf seinen Einsatz. Doch die acht Teilnehmer, die sich an einem Samstagmorgen dort eingefunden haben, wollen etwas über ganz moderne Technik lernen: Sie nehmen am Smartphone-­Schnupperkurs von Rainer Kauffmann teil.
Der ehemalige Mobilfunkmanager, der unter anderem für das Deutschland-Geschäft der französischen Handy-Hersteller Alcatel und Sagem zuständig war, nutzt ­seine Zeit im Ruhestand für Kurse, die ältere Zielgruppen mit der Smartphone-Bedienung vertraut machen sollen. Kleine Gruppen sollen gewährleisten, dass jeder mit seinen Bedürfnissen gehört wird und auch konkrete Hilfe bekommt.
Großes Rätsel Smartphone
Für Kauffmann ist klar: ?Die meisten Senioren wollen kein Großtasten-Handy, das nichts kann, sondern sie wollen wie andere auch ein Smartphone im Alltag verwenden." Michael Lesky, Bildungsmanager Politik, Gesellschaft und Umwelt beim Volkshochschulverband Baden-Württemberg, erklärt wiederum die Motivation für die Kurse: ?Der Umgang mit einem Smartphone gehört heute zur Allgemeinbildung. Für ältere Menschen der Generation 55 plus ist es entscheidend, die Berührungsangst zu verlieren. Das wollen wir mit den Kursen im Rahmen unseres Projekts ?Smartphone4BestAger? erreichen."

Angstthema "Datensicherheit"

Zurzeit finden solche Kurse schon an 30 verschiedenen Orten im ?Ländle" statt. Ein Ziel ist es auch, mehr Einheitlichkeit bei den Inhalten zu schaffen. Denn aktuell gibt es vor allem in größeren Städten eine vergleichsweise große Auswahl, was das Thema iOS betrifft, doch bei Android ist das Angebot dünner. Mit dem Pilotprojekt, das vom Kultusministerium gefördert wird, sollen auch Erkenntnisse gewonnen werden, wie die Volkshochschulen das Thema in ihren Programmen optimal umsetzen können.
Der Smartphone-Schnupperkurs soll dabei vor allem den ersten Kontakt mit dem Thema erleichtern und Senioren die Wahl des richtigen Geräts ermöglichen. Darauf folgt dann ein Einsteigerkurs, der etwas tiefer geht. Viele Senioren kommen dabei bereits mit einem Smartphone oder Tablet in die Schulungen, wissen aber zum Beispiel nicht, was sie damit anfangen sollen. ?Das hat mir mein Enkel gegeben" ist ein Satz, den Kauffmann öfter hört.
Im von uns besuchten Kurs in Ditzingen finden sich unter den acht Teilnehmern vier Besitzer eines Samsung Galaxy S, eine iPad-Nutzerin und drei Smartphone-Novizen. Dabei wird schnell klar, dass vor allem die Bedenken in dieser Generation recht groß sind, was Viren und die Datensicherheit allgemein betrifft. Auch vor ausufernden und schwer kontrollierbaren Kosten haben viele Angst. Doch grundsätzlich ist die Bereitschaft der ?Best Ager", sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, groß. Auch Michael Lesky ist ?erstaunt über die Aufgeschlossenheit. Wir erhalten viel positiven Rücklauf von den Teilnehmern."
Ein Mittel, das Kauffmann bei seinen Kursen immer wieder nutzt, um Begeisterung zu wecken, statt Ängste zu bestätigen, sind Apps und ihre Möglichkeiten. Schon deren Download stellt für viele ältere Menschen ein Problem dar ? sei es, weil sie ihre Kontodaten nicht einem anonymen Web-Riesen wie Google offenbaren wollen oder das ganze Interface nicht verstehen.
Hier hilft der Trainer bei der Einrichtung, warnt aber auch vor möglichen Fallen. Und dabei kommen Fragen auf, die es wohl nur in Schwaben geben kann, wie: ?Taugt eine App, die nix koscht, überhaupt was?" Und auch das Bekenntnis ?Ich bin Schwabe, ich lösche nie eine App" überrascht selbst einen erprobten Trainer wie Kauffmann.




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