Deutscher Handelskongress 22.11.2019, 09:02 Uhr

"Es fehlt oft an Know-how, um in den Omnichannel einzusteigen"

Die Trends, die den Handel in den kommenden Jahren in erster Linie beschäftigen werden, sind Datenökonomie, Plattformökonomie sowie Künstliche Intelligenz (KI). Dabei gibt der Kunde die Richtung vor, war sich die Branche auf dem Deutschen Handelskongress einig.
(Quelle: shutterstock.com/TarikVision)
Zum 27. Mal fand in Berlin der Deutsche Handelskongress statt. Rund 1.500 Teilnehmer kamen in diesem Jahr unter dem Motto "Vision, Innovation, Wohlstand. Der Handel schafft Werte" im Maritim Hotel zusammen. Zu Beginn der Veranstaltung sprachen zunächst Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland, und Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland, über den Status Quo des Handels und die Herausforderungen für die Zukunft.
Die Trends, die den Handel in den kommenden Jahren in erster Linie beschäftigen werden, sind laut Genth Datenökonomie, Plattformökonomie sowie Künstliche Intelligenz (KI). Dabei gebe der Kunde die Richtung vor. "Insbesondere KI wird die nächste Evolutionsstufe sein", so der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands. Daneben ist auch die Verknüpfung der Kanäle weiterhin ein wichtiges Thema auf der Agenda. Zwar setzen viele Kunden Omnichannel mittlerweile voraus, aber die meisten Unternehmen arbeiten immer noch an der Umsetzung.
Eine Folge der technologischen Trends ist, "dass Kunden immer mehr Macht haben. Sie werden hybrider und kritischer", erklärte Michael Müller, Präsident Europa bei der GfK. Darauf gelte es zu reagieren. Hierzu gab Müller den Retailern fünf Punkte an die Hand:

  1. Customer Centric Retailing: Individualität ist King
  2. Rethink Retail: Mit neuen Strategien zum Wachstum
  3. Phygital Retail: Verschmelzung der physischen und digitalen Welt - Omnichannel
  4. Branded Retail: Einzigartige Kauferlebnisse schaffen
  5. Empowerd Retail: Daten gezielt verarbeiten, Einsatz von KI
All diese Punkte sind für kleine Händler allerdings nicht ohne Weiteres umzusetzen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. "Die Kleinen kommen mit der Dynamik der Digitalisierung kaum mit", sagte Josef Santjohanser. Es fehle zudem oft an Know-how, um in den Omnichannel einzusteigen oder über Marktplätze zu verkaufen. Daher muss dem Mittelstand im Strukturwandel geholfen werden. Beispielsweise durch die Senkung von Steuer- und Energiekosten, "damit der Mittelstand Investitionen in neue Technologien und somit in die Zukunft investieren kann", so Sanktjohanser.

Connected Commerce

Eine Möglichkeit, wie sich der stationäre Handel auf Marktplätzen positionieren kann, bietet seit diesem Sommer Otto zusammen mit dem Shopping-Mall-Betreiber ECE. Mit ihrem Joint Venture namens Stocksquare verbinden sie den lokalen Handel mit dem Online-Marktplatz.
Konkret werden dabei lokale Sortimente von Handelsunternehmen und Markenartiklern online auf Otto.de eingebunden. "Derzeit sind 260 Shops integriert und 18 Zentren live. Bis Ende dieses Jahres sollen es aber 35 Zentren werden und rund 1.000 Shops angebunden sein", sagt Sebastian Baumann, Product Lead Digital Innovation und Analytics bei ECE.
Kunden können aktuell auf Otto.de die Verfügbarkeit eines Produktes in einem stationären Laden checken. Für die Zukunft sollen durch die Kooperation aber auch Same Day Delivery, Click and Reserve, Click and Collect sowie Ship from Store möglich sein.

KI im Handel

Neben der Verknüpfung von On- und Offline-Handel war auch das Thema Künstliche Intelligenz im Handel auf dem Deutschen Handelskongress allgegenwärtig. Frank Rehme, Geschäftsführer gmvteam, skizzierte die Anwendungsfelder, in denen KI im Handel bereits Anwendung findet:

  • Optimierung von Lager- und Auslieferungskapazitäten
  • Bessere Verzahnung der Touchpoints in der Customer Journey
  • Gefühlserkennung
  • Automatische Generierung von Produkttexten
  • Predictive Commerce
  • Dynamic Pricing
  • Roboter

Doch auch die Risiken, die Künstliche Intelligenz mit sich bringen kann, sollten Händler nicht außer Acht lassen. Darunter fallen beispielsweise der Verlust der Datensouveränität, Datensicherheit, KI als Jobkiller sowie Fehleinschätzungen. Händler haben aber keine Wahl mehr, ob sie KI einsetzen wollen oder nicht. Jeder Händler, der auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein möchte, muss sich mit dieser Technologie - sofern er es noch nicht getan hat - jetzt auseinandersetzen, so das einstimmige Fazit.



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