Media-Saturn-Tochter 04.05.2017, 09:01 Uhr

Relaunch bei Redcoon: Lustlos, konzeptlos, USP-los

Nach einem fünftägigen Winterschlaf ist die Media-Saturn-Tochter mit einem neuen Online Shop am Start. Wir haben uns die Seite genauer angesehen und finden: Das war das Warten nicht wert.
(Quelle: Redcoon)
Letzte Woche war der Webshop der Media-Saturn-Tochter Redcoon plötzlich nicht mehr erreichbar. "Lieber Besucher, wir bauen für Sie um", kündigte die Seite stattdessen einen Relaunch an. Die Gerüchteküche der Branche fing sofort an zu brodeln; viele bezweifelten, dass der krisengeschüttelte Elektronik-Pureplayer seine Pforten überhaupt noch einmal öffnen würde.
Ende vergangenen Jahres war von anhaltenden Verlusten, von hohem Margendruck und von der anstehenden Schließung der Redcoon-Shops in Österreich, Spanien, Portugal und den Benelux-Ländern zu hören. Und rund um die rätselhafte Offline-Phase letzte Woche meldete zudem die Zeitung "Main-Post", dass am Redcoon-Hauptstandort in Aschaffenburg massive Stellenkürzungen ins Haus stünden. 70 bis 100 der zuletzt rund 150 Mitarbeiter müssten gehen, so der Bericht, den die Konzernmutter Media-Saturn weder bestätigt noch dementiert. Das alles schien auf das Ende des einst so erfolgreichen Online-Händlers hinzudeuten.

Zu kompliziert für "on-the-fly"

Media-Saturn dementierte die Schließungsgerüchte vehement. Man nehme lediglich massive Umbau-Arbeiten an Front- und Backend vor, die "on the fly", also im laufenden Betrieb, nicht umsetzbar gewesen wären. Und tatsächlich: Seit dem 2. Mai (am späten Nachmittag und damit gerade noch so innerhalb der selbst gesetzten Frist) ist Redcoon.de wieder erreichbar - wie versprochen.
Stellt sich die Frage: Ist der neue Online Shop die ganze Aufregung wert? Antwort: Auf den ersten Blick eher nicht. Das neue responsive Frontend präsentiert sich in schwarz und weiß aufgeräumter, klarer und deutlich langweiliger als der alte Shop, der mit seiner roten Chili im Logo und Testimonial Micaela Schäfer ("die schärfsten Angebote") zumindest polarisierte. Aber deutlich wichtiger waren ja auch die Änderungen im Backend, wie ein Media-Saturn-Sprecher betont: "redcoon.de ist nun komplett mit der der Infrastruktur und Systemlandschaft von MediaMarktSaturn verzahnt."
Diese Verzahnung macht in der aktuellen Version aber aus dem einstigen preisaggressiven Online Pureplayer eher so etwas wie das wenig geliebte Stiefkind von Media-Saturn. Redcoon bietet die gleichen Produkte wie Mediamarkt.de, vermittelt aber weniger relevante Informationen.
Die bei Media-Markt sehr gut ausgestatteten Filteroptionen (beispielsweise in der Kategorie Fernseher nach Bildschirmdiagonalen oder nach bestimmten Anschluss-Arten) fehlen bei Redcoon ganz. Und mitunter hat das Stiefkind auch noch die schlechteren Bilder. Aktuell führt Redcoon rund 25.000 Produkte, perspektivisch soll das Sortiment auf 50.000 Produkte anwachsen.
Zum Vergleich: Media-Markt listet im Online Shop 275.000 Produkte. Auch preislich kann sich die Online-Marke nicht von ihrer Multichannel-Mutter abheben; in Stichproben stießen wir bei einzelnen Produkten durchweg auf die gleichen Preise auf Redcoon sowie auf Mediamarkt.de.

Relaunch im Zeichen der Sparsamkeit

Da stellt sich schon die Frage, warum sich Media-Saturn überhaupt noch die Mühe gemacht hat, einen Relaunch für Redcoon zu initiieren. Die Gründe dürften die Einsparpotenziale sein: Seit dem Relaunch läuft Redcoon auf der gleichen Infrastruktur wie Mediamarkt.de und Saturn.de, das heißt: Die Produktdatenverwaltung wird deutlich vereinfacht, jedes Produkt muss nur noch einmal im Backend angelegt werden und kann dann in allen Online Shops des Unternehmens zum Kauf angeboten werden.
Das neue Setup bietet aber dennoch die Möglichkeit, "Produkte ausschließlich bei einer unserer Marken anzubieten, wovon wir, ausgerichtet an den Kundenwünschen, auch Gebrauch machen", so der Media-Saturn-Sprecher. Kern-Prozesse für identische Produkte müssten so nicht mehr doppelt erfolgen. Gelingt auch die Suche nach dem USP, hat Redcoon vielleicht die Chance, gegen die großen Multichannel-Geschwister zu bestehen. Aber nur dann.




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