Nachbericht 15.03.2023, 09:30 Uhr

Mobile World Congress: Wieder im Vorwärtsgang

Der Mobile World Congress konnte bei Besuchern und Ausstellern an die Zeiten vor der Pandemie anknüpfen. Es waren auch wieder mehr Smartphones zu sehen als im Vorjahr.
Volles Haus auf dem Mobile World Congress
(Quelle: GSMA)
Endlich war wieder fast alles wie früher: Das ist das Fazit vieler Teilnehmer des diesjährigen Mobile World Congress in Barcelona. Mit 88.500 Besuchern vor Ort konnte der Veranstalter GSMA wieder rund 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen. Vor allem in den Hallen der Netzbetreiber, Hardware-Hersteller und großen Ausrüster war das Gedränge groß.
Mit über 2.400 Ausstellern war die Auswahl ebenfalls üppig, auch wenn einige früher sehr präsente Hardware-Hersteller wie Sony nicht mehr kamen. Auch die Präsentationen auf den Ständen wirkten weniger spektakulär als vor einigen Jahren und intensiver auf Inhalte wie Nachhaltigkeit ausgerichtet. Wie zentral das Netzwerken zwischen den Teilnehmern für den MWC war, belegen die im Schnitt rund 10.000 Meetings, die über die offizielle App  durch die MWC-Teilnehmer täglich vereinbart wurden.
Hoher Besuch bei Telefónica: Der spanische König Felipe besuchte zusammen mit Telefónica-CEO José María Álvarez-Pallete (rechts) den Stand.
Quelle: O2 Telefónica
Der spanische König Felipe eröffnete die Messe. Treffen konnte man auch viele Größen der Mobilfunkbranche, von denen einige Keynotes hielten. Ein Thema, das angeregt diskutiert wurde, ist die Gerechtigkeit bei der Nutzung der Netze. Der Vorwurf, den unter anderem Telefónica-Deutschland-Chef Markus Haas erhebt: Große Streaming-Dienste wie Netflix oder YouTube würden die Netze stark belasten, ohne dass sie dafür zahlen. Das gilt laut Haas besonders für die kostenlose Version von YouTube Music, die neben Musik zusätzlich Videos ausspielt, um Werbung zu schalten, selbst wenn diese gar nicht konsumiert werden. Nicht mehr als fünf Unternehmen würden mit ihren Daten zusammen 55 Prozent des Internet-Verkehrs verursachen, sagte Christel Heydemann, Chefin des französischen Telekommunikationsanbieters Orange, in ihrer Keynote. Unterstützung gab es auch vom EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton, der eine Abgabe ins Spiel brachte, die dem Netzausbau in Europa zugute kommen soll.
Das sehen die Streaming-Betreiber natürlich anders, Netflix-Chef Greg Peters erklärte in seiner MWC-Keynote, dass gerade Angebote wie das seines Unternehmens den Netzbetreibern erst Einnahmen bescherten, die sie mit Telefonie und Nachrichten gar nicht mehr erwirtschaften könnten. Dass Endkunden immer mehr breitbandige Dienste nachfragen, liege vor allem an attraktiven Inhalten, die sie streamen können.
Die Halle der Netzbetreiber bot am meisten Spektakel wie hier einen rasanten Helikopterflug mit VR-Brillen am Stand von SK Telecom.
Quelle: Telecom Handel
Angesichts dieser lauten Diskussion traten andere Themen weiter zurück, etwa die immer noch präsente Frage nach dem Verhältnis zwischen den USA, Europa und China. Nach neuen Sanktionsankündigungen durch die USA nimmt auch der Druck auf die deutsche Regierung zu, mehr gegen Technik chinesischer Ausrüster wie Huawei und ZTE in deutschen Netzen zu unternehmen. Auf dem MWC gab es dazu keine offiziellen Reaktionen, unter der Hand hieß es aber von Netzbetreibern, dass man kaum auf Huawei verzichten könne, da deren Technologie hinsichtlich Preis und Leistung besser abschneide als ­die von Nokia und Ericsson. Auf der Messe demonstrierte Huawei mit dem bisher größten Auftritt in fast der ganzen Halle 1 noch einmal seine Stärke.

Neues Trio von Xiaomi

Smartphones waren auf dem großen Huawei-Stand allerdings nur in einer Randlage zu finden, der Konzern wird in diesem Bereich weiter von den Sanktionen unter anderem gegen 5G-fähige Chipsets ausgebremst. Für Smartphone-Premieren nutzen deshalb andere Hersteller aus China den MWC: Xiaomi feierte die internationale Premiere seiner neuen 13er-Serie, die in China schon im Dezember gezeigt wurde. Neben den beiden Flaggschiffen 13 und 13 Pro gibt es auch ein günstigeres Lite-Modell, das sich besonders an jüngere Käufer richten soll.
Die Versionen 13 und 13 Pro haben den neuen Snapdragon-8-Gen-2-Prozessor von Qualcomm, 256 GB Arbeitsspeicher, unterstützen Wi-Fi 7 und sind gemäß IP68 geschützt. In der Basisversion stehen 8 GB zur Verfügung, im Pro sind es 12 GB. Für beide Modelle verspricht Xiaomi insgesamt drei Android-Systemupdates und fünf Jahre Sicherheitspatches.
Die 13er-Serie von Xiaomi
Quelle: Xiaomi
Beide bieten eine rückwärtige Dreifach­kamera mit Linsen des Partners Leica. Im Grundmodell hat die 50-Megapixel-Hauptlinse einen Sony-IMX800-Sensor, während im Pro der stärkere IMX989 mit einem Zoll Größe arbeitet. Dazu kommen eine 75-mm-Telelinse für bis zu 3,2-fache optische Vergrößerung und ein Weitwinkel, wobei im Pro beide Zusatzlinsen mehr Auflösung haben. Die Amoled-Displays mit adaptiver 120-Hz-Bildwiederholrate sind 6,4 beziehungsweise 6,7 Zoll groß. Im Grundmodell kommt ein 4.500-mAh-Akku zum Einsatz, der mit 67 Watt per Kabel und 50 Watt drahtlos schnell geladen werden kann, das Pro hat einen 4.820-mAh-Kraftspender, der mit 120 Watt in nur knapp 20 Minuten wieder voll gefüllt werden kann. Das Xiaomi 13 gibt es in Grün, Schwarz und Weiß für 999,90 Euro. Das Pro-Modell kommt mit ­einer Rückseite aus Keramik in Schwarz und Weiß für stolze 1.299,90 Euro (zum Test geht es hier entlang).
Zu den beiden Flaggschiffen legt Xiaomi noch das in Blau, Pink und Schwarz verfügbare kompaktere 13 Lite für 499,90 Euro auf. Es bietet ein 6,6-Zoll-Amoled-Display mit 120 Hz, den Snapdragon-7-Gen-1-Prozessor, 8 GB RAM, 128 GB Datenspeicher, eine 32-Megapixel-Frontcam und einen 4.500-
mAh-Akku mit 67-Watt-Schnellladen. Die rückwärtige Kamera hat eine 50-Megapixel-Hauptlinse sowie einen Weitwinkel und ein Makro.
Die ehemalige Huawei-Tochter Honor hat wie im Vorjahr die Bühne des MWC genutzt, um ihre neuen Smartphone-Flaggschiffe für den globalen Markt vorzustellen. Während das Magic5 Pro der konventionellen Bauweise folgt, ist das Magic Vs ein hochwertiges Foldable.
Das Honor Magic5 Pro fällt durch den großen Kreis auf, in dem sich die drei Kameras auf der Rückseite des schlanken Gehäuses befinden.
Quelle: Honor
Das Magic5 Pro erscheint Mitte April in Grün und Schwarz zu einem Preis von 1.199,90 Euro. Es hat ein 6,8 Zoll großes OLED-Display mit 2.848 x 1.312 Bildpunkten, den Snapdragon-8-Gen-2-Prozessor, 12 GB RAM und 512 GB Datenspeicher. Als eines der ersten Smartphones unterstützt es den neuen Wi-Fi-7-Standard. Der Akku ist mit 5.100 mAh üppig dimensioniert und kann mit 66 W per Kabel und 50 W drahtlos schnell geladen werden.
Die rückwärtige Kamera hat drei Linsen mit jeweils 50 Megapixeln, die in einem großen Kreis angeordnet sind: Die Hauptlinse bietet einen großen Sensor für mehr Lichtempfindlichkeit, dazu kommen ein Periskop-Zoom mit 3,5-facher optischer Vergrößerung und ein 122-Grad-Weitwinkel.
Eine weitere interessante Neuheit ist das Foldable Magic Vs: Der Nachfolger des nur in China verkauften ersten Faltmodells Magic V soll für 1.599,90 Euro im Sommer auch nach Deutschland kommen – und ist ein ernst zu nehmender Konkurrent der Galaxy-Z-Fold-Serie von Samsung.
Besonders stolz ist Honor auf sein getriebeloses Scharnier, durch das das Smart­phone zusammengeklappt nur 12,9 Millimeter dick ist. Bei einem ersten Hands-on auf dem MWC konnten wir sehen, dass die beiden Hälften besser aufliegen als bei anderen Modellen. Das innere Display, das auf 7,9 Zentimeter Diagonale kommt, hat aber immer noch eine leicht spürbare Erhebung an der Faltstelle. Das externe Display auf der Oberseite bietet 6,45 Zoll.
Die weitere Ausstattung umfasst den Snapdragon-8+-Gen-1-Prozessor, 12 GB RAM und 512 GB Datenspeicher. Die rückwärtige Dreifachkamera hat eine 54-Megapixel-Hauptlinse, einen Weitwinkel und ­einen dreifachen optischen Zoom.
Ein weiteres Thema der Messe waren Satellitendienste über mobile Endgeräte, über die Komponentenlieferanten wie Qualcomm oder Netzbetreiber viele Absichtserklärungen verkündeten. Wirklich konkret wurde es bei der Bullitt Group, die im Januar ihren neuen Dienst zur Übertragung von Textnachrichten per Satellit vorgestellt hat. Auf dem MWC zeigten die Briten nun das S75 ihrer Marke Cat, das diesen Service nutzen kann. Das Smartphone soll auch nach Deutschland kommen, während das auf der CES angekündigte ­weitgehend baugleiche Motorola Defy 2 wahrscheinlich anderen Märkten wie Nordamerika vorbehalten bleibt.
Über Satellitendienste sprachen viele, das Cat S75 wird als erstes Android-Smartphone schon bald Sat-Messaging ermöglichen.
Quelle: Bullitt Group
Im Gegensatz zur Sat-Funktion des iPhone 14, die lediglich für Notrufe geeignet ist, können beim Bullitt Satellite Messenger auch normale Textnachrichten an andere Smartphones geschickt werden, auf denen eine entsprechende kostenlose App installiert wird. Der Dienst selbst ist allerdings – bis auf die Notruffunktion im ersten Jahr – kostenpflichtig. Die Pakete beginnen zu monatlichen Preisen ab 4,99 Euro für 30 Nachrichten.
Das Cat S75 selbst ist ein Smartphone mit einem sehr robusten Gehäuse, das nach den Schutzklassen IP68, IP69K und MIL-810H zertifiziert ist und unter anderem Stürze auf Stahlplatten aus bis zu 1,8 Metern Höhe überstehen soll. Das Smartphone kann mit Wasser und Seife gereinigt sowie mit alkoholhaltigen Tüchern desinfiziert werden. Zudem verfügt es über die „Hygiene+“-Technologie von Bullitt, bei der sämtliche Außenflächen des Geräts antimikrobielle Silber-Ionen enthalten.
Die solide technische Ausstattung umfasst ein 6,6-Zoll-Display mit 120 Hz, einen 5.000-mAh-Akku, 6 GB RAM, 128 GB Datenspeicher und einen 5G-fähigen MediaTek-Dimensity-930-Prozessor mit dem speziellen NTN-Chip, der die Verbindung zum Satelliten herstellen kann. Die rückwärtige Dreifachkamera hat einen 50-Megapixel-Hauptsensor sowie einen Weitwinkel und ein Makro.
Das Cat S75 wird mit Android 12 Mitte März auf den Markt kommen und soll zwei Betriebssystem-Updates sowie fünf Jahre lang Sicherheitspatches erhalten. Der Preis beträgt 599 Euro, einschließlich einer dreimonatigen kostenlosen Testversion des Essentials-Messaging-Serviceplans für bis zu 30 Nachrichten pro Monat.

Einfach reparieren

Einen ganz anderen Akzent setzte HMD Global, der Inhaber der Markenlizenz für die Nokia-Smartphones: Bei der Entwicklung des neuen Modells G22 standen erstmals die Reparierbarkeit und die Langlebigkeit im Mittelpunkt, dazu wurden die Experten der Reparatur-Community iFixit ins Boot geholt.
Das neue Markenlogo von Nokia erregte Aufsehen. Es wird aber vorerst nicht von den Lizenznehmern für Endgeräte wie HMD Global verwendet.
Quelle: Telecom Handel
Akku, Display, Backcover und Ladestecker sind als Ersatzteile sehr günstig verfügbar. Reparatur-Sets mit den passenden Werkzeugen für den Heimgebrauch und die Ersatzteile für das Smartphone sind bei ­iFixit.com erhältlich. Dort kostet das Display 49,95 Euro, der Akku 24,95 Euro und der Ladeanschluss 19,95 Euro. Im Internet gibt es die entsprechenden Anleitungen zur Selbstreparatur.
Das Nokia G22 ist ein günstiges Smartphone, dessen Display, Akku und Ladestecker mit einfachen Mitteln getauscht werden können.
Quelle: Nokia
Die Rückseite des Smartphones besteht zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff. Der fest verbaute 5.000-mAh-Akku soll drei Tage Laufzeit ermöglichen. Ansonsten bietet das Nokia G22 ein 6,5-Zoll-Display mit 90 Hz, ­einen Unisoc-T606-Prozessor und eine rückwärtige Dreifachkamera mit einer 50-Megapixel-Hauptlinse sowie einem Makro und einem Tiefensensor. Versprochen werden zudem zwei Jahre Android-Upgrades, drei Jahre monatliche Sicherheitsupdates sowie eine erweiterte dreijährige Garantie ohne zusätzliche Kosten.
Das Nokia G22 wird mit einer recycelten Klarsichthülle geliefert und ist noch diesen Monat verfügbar. Es ist in Grau und Blau mit 4 GB RAM und 64 GB Datenspeicher für 179 Euro erhältlich. Darüber hinaus kann es auch über das Circular-Abonnement für monatlich zehn Euro (plus einmalig 35 Euro Setup-Kosten) erworben werden.
Richtig rasant geht es dagegen bei einem weiteren neuen Smartphone zu: Das Realme GT3 soll sich mit 240 Watt in weniger als zehn Minuten voll laden lassen und wäre damit Spitzenreiter in Europa. Ob es zu Preisen ab rund 610 Euro auch nach Deutschland kommt, ist noch offen.




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