Vertragsverlängerung 17.01.2012, 11:12 Uhr

Aufschrei des Handels

Zu unserem VVL-Report haben uns zahlreiche Leserstimmen erreicht - die Kluft zwischen den Aussagen der Mobilfunkanbieter und der Meinung des Handels könnte größer kaum sein.
?Sauerei?, ?Boykott?, ?Streik? ? von wegen gute Zusammenarbeit. Eine enorme Resonanz erhielt Telecom Handel zum Thema Vertragsverlängerung (VVL). Die überwiegende Mehrheit der Leserbriefe und Online-Kommentare zeigt deutlich, wie unzufrieden der Handel mit dem Verhalten der Mobilfunkanbieter bei der VVL ist.
Auch das  spricht eine deutliche Sprache: 74 Prozent der rund 400 Teilnehmer gaben an, das Gefühl zu haben, dass die Mobilfunkanbieter bei der VVL gezielt gegen den Fachhandel arbeiten. Damit ist klar, dass es keinesfalls einzelne Nörgler sind, die ihrer Verärgerung Luft machen wollen, sondern bei der VVL offenbar grundsätzlich etwas im Argen liegt.
Zentraler Kritikpunkt der Händler ist das Vorgehen der von den Mobilfunkanbietern beauftragten Callcenter. Diese sprechen den Kunden anscheinend zum Teil wesentlich früher auf die Vertragsverlängerung an, als es der Händler tun kann. Bei Vodafone beispielsweise können Fachhändler nach Aussage mehrerer Leser erst 14 Tage vor Vertragsende eine VVL durchführen. Das Callcenter hingegen kann dies offenbar wesentlich früher.
Ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz berichtet: ?Mein Kunde wurde sechs Monate vor Vertragsende vom Callcenter angerufen und bekam ein Tarifangebot mit Handy. Nach der ersten Rechnung schlug der Kunde bei uns auf und monierte, dass so ein Tarif nicht vereinbart wurde, und möchte das von uns sofort gelöst haben.? Auch bei Problemen mit dem neuen Handy gehen die Kunden oftmals wieder zum Händler und erwarten eine kompetente Problemlösung zum Nulltarif, obwohl der Händler keine Provision für die VVL erhalten hat.
Ein weiteres Problem scheint zu sein, dass die Callcenter die Kunden mit zum Teil aggressiven Methoden überzeugen wollen, sofort am Telefon zu verlängern. Das soll in bestimmten Fällen sogar so weit gehen, dass der Fachhandel von der Hotline gezielt schlechtgemacht wird.

Vor allem Vodafone und Telekom in der Kritik

Besonders häufig von den Lesern kritisiert wurden die Deutsche Telekom und Vodafone, aber auch Telefónica Germany und E-Plus kamen nicht ganz ohne Tadel davon. Viele Händler beklagen, dass sie immer mehr Neukunden für die Mobilfunkanbieter heranschaffen sollen, bei den Folgegeschäften dann aber außen vor blieben.
Auf Nachfrage von Telecom Handel wollte sich Vodafone nicht zu den Vorwürfen äußern. Die Telekom hingegen stellte sich der Kritik der Händler, wies diese jedoch zurück. ?Die Unterstellung, dass wir dem Fachhandel VVL gezielt entzögen, weisen wir zurück. Vielmehr gilt, dass wir keinen Unterschied zwischen eigenen Kanälen und dem Fachhandel  machen. Wir haben großes Vertrauen in den Handel und setzen auf ihn beim Thema VVL?, sagte ein Sprecher des Bonner Telekommunikationskonzerns gegenüber Telecom Handel.
Im Widerspruch dazu kursiert unter einigen Händlern das Gerücht, dass die Telekom dem Fachhandel in Zukunft ganz die Möglichkeit nehmen könnte, Vertragsverlängerungen durchzuführen. Hierzu stellt die Telekom klar: ?Die Sorge der Händler beziehungsweise das Gerücht entbehrt jeder Grundlage. Es ist nicht beabsichtigt, dem Handel den für beide Seiten wichtigen Geschäftsvorfall der Vertragsverlängerung zu entziehen.?
Telemarketing-Sperre setzen
Eine Möglichkeit, das Callcenter des Mobilfunkanbieters von der VVL auszuschließen, gibt es aber: Um zu verhindern, dass der Mobilfunkanbieter Kunden auf die Vertragsverlängerung anspricht, können Händler schon bei Vertragsabschluss in Absprache mit dem Kunden eine Sperre für Werbeanrufe und -SMS setzen.

Callcenter vs. Fachhandel

Bei der VVL selbst scheint es jedoch je nach Anbieter auch eine Stolperfalle zu geben. So berichtet ein Fachhändler aus Sachsen-Anhalt: ?Die zwei Kreuzchen, die Vodafone erlauben, den Kunden anzurufen oder SMS zu schicken, lassen sich in der ePOS-Software bei der Vertragsverlängerung nicht herausnehmen. Sie werden in der Eingabemaske gar nicht erst angezeigt.?
Deshalb sollte daran gedacht werden, die Sperre im Anschluss an die VVL separat zu setzen. Ist die Sperre eingerichtet, sollte der Händler seinerseits die Erlaubnis des Kunden einholen, ihn telefonisch oder schriftlich kontaktieren zu dürfen. Stimmt der Kunde zu, kann der Händler ihm die gewohnte Beratungsqualität bieten ? ohne Einfluss eines Callcenters.
Allerdings: Auch wenn die Möglichkeit besteht, die Callcenter der Netzbetreiber von der VVL auszuschließen, scheint dies nicht immer zu funktionieren. Das jedenfalls berichtet Oliver Runkel, Geschäftsführer der R&L Telecommunication GmbH: ?Wir lassen die Werbeerlaubnis der Netzbetreiber weg, so auch bei Vodafone. Dennoch machen wir die Erfahrung, dass ?unsere? Kunden trotzdem per Callcenter angegangen werden.? Der Düsseldorfer Mobilfunkanbieter wollte sich dazu auf Nachfrage von Telecom Handel nicht äußern. Immerhin zeigte man sich bereit, konkrete Fälle, bei denen es zu Anrufen trotz Werbesperre gekommen sein soll, zu überprüfen.

Händlerecho zum Thema VVL

?Das nenne ich Partnerschaft, zur Neuaktivierung gut genug, aber für die Bestandserhaltung ist nicht genug Vertrauen zum Fachhändler da, um die eigenen Vertragsdaten zu nutzen! Und das ist nicht nur enttäuschend für uns Fachhändler, sondern ebenso für den Kunden, der damit rechnet, dass man ihn als Händler nach Ablauf seiner Vertragslaufzeit informiert, dass er wieder Anspruch auf ein neues Mobiltelefon hat. Euer Beitrag zu diesem Thema hat mir echt aus der Seele gesprochen, und so wird es wohl den meisten Lesern gehen!?
?Katja S.? via Internet
?Bei VVL wird der Fachhandel aktiv von den Anbietern umgangen, um das Geld für die Provision einzusparen!?
?telefonzelle? via Internet
?Abgesehen von der telefonischen Akquise kommen immer mehr Kunden mit schriftlichen Angeboten in unseren Shop und erkundigen sich nach den Geräten, lassen sich gerne beraten und würden auch gerne die Vertragsverlängerung im Shop durchführen. Jedoch ist das schriftliche Angebot für den Kunden oftmals viel reizvoller. Denn der Kunde bekommt meistens einen Sonderrabatt auf die Hardware und noch eine Gutschrift auf das Kundenkonto. Ich komme mit meinen Argumenten gegen diese Angebote nie an. Wie denn auch? Es sind für den Kunden Vorteile bis zu teilweise 100 Euro.?
Osman Türkan, Geschäftsführer Trikom Communications, Garbsen
?Der Datenschutz wird immer gerne vom Telekom-Konzern vorgeschoben. Ich schreibe bewusst: vorgeschoben. Denn es wäre durchaus möglich, die betreffenden Endverbraucher im Namen der Telekom anzuschreiben und ausschließlich den Händler, der den Vertrag damals generiert hat, zu nennen. Keine Hotline der Telekom. So erfährt der Händler die Kundendaten erst wieder bei der wirklichen Verlängerung. Meldet sich der Kunde nicht beim Händler, werden auch keine Daten preisgegeben. So einfach geht das, wenn man will.?
Dieter Somorowsky, Sotel, Kitzingen
?Wenn der Kunde einen kompetenten Ansprechpartner vor Ort will, dann muss ihm auch klargemacht werden, dass er dafür seine Vertragsabschlüsse im Shop und nicht via Hotline oder Internet machen muss. Ich selbst gehe mit diesem Thema seit geraumer Zeit sehr offensiv um: So berechne ich Servicepauschalen für Erklärungen und Umbauten von Handys, wenn die Vertragsverlängerung nicht bei uns gemacht wurde. Natürlich immer mit dem Hinweis, dass diese Leistungen für ?unsere? Kunden kostenfrei sind.?
Oliver Runkel, Geschäftsführer R&L Telecommunication, Limburg

Händlerecho zum Thema VVL (Fortsetzung)

?Die Netzbetreiber verlangen von uns immer nur Neukunden. Ob und wie viele Vertragsverlängerungen wir machen, interessiert die gar nicht. Wo sollen wir denn immer mehr Neukunden herholen bei einem Markt, der längst stagniert? Dank Smartphones können wir noch überleben.?
Name ist der Redaktion bekannt
?Wir scheinen nur noch die Service-Anlaufstelle vor Ort zu sein. Dabei interessiert es die Callcenter beziehungsweise Hotlines nicht die Bohne, ob wir hierfür vergütet werden oder auch nicht. Letztendlich sind die Netzbetreiber selbst die Drahtzieher, sonst würden sie den Fachhandel nicht umgehen.?
?AK? via Internet
?Da gibt?s nur eins: eine extra Servicepreisliste! Wie lange braucht ihr, um ein Smartphone einzurichten? Der unerfahrene Endkunde braucht viel, viel länger und bekommt es zum Teil gar nicht hin. Dafür muss der Kunde bei uns bezahlen, wenn das Smartphone woandersher ist. Wenn ein Händler das kostenlos macht, ist er dumm, denn dann wird er das nächste Mal wieder ausgenutzt! Die eigenen Kunden bekommen natürlich die volle Serviceleistung kostenfrei.?
?Handy Lounge? via Internet
?Es wäre Zeit für einen Aufstand der Fachhändler. Streik. Wie die Mobilfunkbetreiber mit den Händlern umgehen, ist eine riesige Sauerei. Der Fachhandel wird nur als notwendiges Übel betrachtet.?
?Osiris? via Internet
?Es fehlt der Telekommunikations-Branche einfach eine bodenständige, schlagkräftige Lobby. Denn eines ist sicher: Würden zum Beispiel alle Telekom-Vermarkter mal einen Tag nicht vermarkten, wäre auch die Telekom bereit, Zugeständnisse zu machen ? denn für die Vermarktung von komplexen Produkten wie beispielsweise Entertain braucht die Telekom den Fachhandel.?
Name ist der Redaktion bekannt
?Tja, es gibt halt keine wirkliche Interessenvertretung für den TK-Fachhandel!?
?Mobil Profis? via Internet
?Wie oft mussten wir miterleben, dass wir dem Kunden ein Angebot unterbreitet hatten und kurz darauf das Callcenter beziehungsweise auch die Winback-Abteilungen der Anbieter dem Kunden ein unschlagbares Angebot machten.?
?Handy Lounge? via Internet




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