Datensicherheit 04.10.2011, 12:16 Uhr

Handy weg - was nun?

Auf einem Smartphone sind viele sensible Informationen gespeichert - ein Diebstahl oder Verlust ist der Stoff, aus dem Albträume sind. Lesen Sie hier, wie Daten gesichert oder wiederhergestellt werden können.
von Lutz Herkner
Autoschlüssel, Kreditkarte, ja sogar der Ehering: alles Tinnef. Zumindest im Vergleich zum Handy – das ergab eine Studie vom Handy-Hersteller Nokia, die nach dem Verlust von Wertgegenständen und deren Wichtigkeit fragte. Kein Wunder, denn in Mobiltelefonen lagert heutzutage so manch kostbare Information, von der Telefonnummer über Erinnerungsfotos bis hin zu Passwörtern, bei Firmen-Handys sind mitunter sogar vertrauliche Dateien auf dem Gerät gespeichert.
Ist all das mit einem Schlag weg, ist der Ärger groß, weshalb fürs Smartphone die gleiche Kardinalregel gilt wie für den PC: Vorbeugen ist besser! Dieser Rat bezieht sich nicht nur auf das Sichern der Daten, um diese im Fall eines verlorenen oder gestohlenen Handys später auf ein Ersatzgerät zu spielen, sondern auch auf Maßnahmen, die Informationen vor unerlaubter Einsichtnahme schützen sollen. Telecom Handel hat beides einmal auf allen gängigen Smartphone-Betriebssystemen getestet.
iPhone
Besitzer eines iPhone haben es leicht: Da der komplette Datentransfer ohnehin über iTunes läuft, weiß Apple bis ins Detail, welche Informationen sich auf dem Telefon befinden. Sofern der Nutzer nicht die entsprechenden Optionen deaktiviert hat, werden alle Daten auch wieder auf ein neues Gerät aufgespielt, inklusive der installierten Apps. Somit stellt das neue iPhone anschließend eine 1:1-Kopie des vorherigen Geräts dar. Über Datensicherungen müssen sich Apple-Kunden also keinerlei Gedanken machen. Auch an die Verwaltung eines verlorenen Telefons hat Apple gedacht: Für alle Geräte mit Software-Version 4.2 oder höher steht die kostenlose App „Mein iPhone suchen“ zur Verfügung.
Ist diese installiert und die gleichnamige Option aktiviert, lässt sich das Gerät über die Website me.com orten. Der Besitzer kann sogar eine Nachricht samt Tonsignal auf das Telefon schicken, beispielsweise um einem ehrlichen Finder die Möglichkeit zu geben, sich zu melden. Anderenfalls lässt sich das Telefon sperren, persönliche Daten können aus der Ferne gelöscht werden.
Das alles klappt allerdings nur, solange das iPhone eingeschaltet und per WLAN oder Mobilfunk mit dem Internet verbunden ist! Zieht der Finder unterdessen die SIM-Karte heraus und deaktiviert das WLAN, bleiben sämtliche Aktionen des Eigentümers folgenlos. Der „Finder“ kann das iPhone dann seelenruhig auf die Werkseinstellungen zurücksetzen und mit seiner eigenen Karte nutzen.

Android

Besitzer eines Smartphones mit Android werden vermutlich die Funktion „Meine Einstellungen sichern“ kennen, mit deren Hilfe sich die Konfiguration des Telefons über den Google-Account sichern lassen soll. Dies klappt in der Praxis jedoch höchst unzuverlässig und teilweise auch gar nicht. Auch die Funktion „Meine Apps“ im Android Market merkt sich leider nicht alle Programme, die man sich einmal heruntergeladen hat; lediglich gekaufte Apps tauchen hier zuverlässig auf. Die restlichen Inhalte lassen sich meist mit Hilfe der PC-Software des Herstellers per USB-Kabel auf dem Rechner sichern.
Doch gilt dies erstens nicht für die Konfiguration des Telefons und zweitens verzichten immer mehr Anbieter wie Sony Ericsson oder LG auf solche Programme. In diesen Fällen muss sich der Kunde um eine Software von Drittanbietern bemühen. Oder er greift gleich zu einer Backup-App, wie es sie im Android Market dutzendweise gibt. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass solche Tools oftmals ausschließlich unter Android laufen, also nicht den Wechsel zu einem Smartphone mit Windows, Symbian, BlackBerry oder iOS unterstützen.
Wer derlei in Erwägung zieht, sollte bereits bei der Wahl des Sicherungsprogramms auf plattformübergreifende Apps achten. Auch ist zu bedenken, dass man hierdurch seine vollständigen Daten einem Dritten anvertraut – das dürfte nicht jedermanns Sache sein.
Was die Android-Optionen für den Fall des Verlusts betreffen, so ist nicht einmal die Sperre des Telefons über einen PIN-Code oder mittels einer Geste eine ausreichende Vorsichtsmaßnahme: Sämtliche Smartphones können nämlich über eine einfache Tastenkombination, die sich schnell im Internet finden lässt, im Boot-Modus gestartet und hier auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt werden. Dies überschreibt ausnahmslos sämtliche Sperrmechanismen. Das gilt zum Beispiel auch für uTrack von Samsung, das unter „Einstellungen – Standort und Sicherheit – Info über SIM-Wechsel“ aktiviert werden kann und über eine neu eingelegte SIM-Karte informieren soll. Doch mit dem Boot-Trick lässt sich auch uTrack aushebeln.

Nokia

Bei Nokia-Geräten von S60 über Symbian 3 bis hin zur aktuellen Version Symbian Anna verhält es sich ebenso: Mittels unterschiedlicher Codes beziehungsweise Tastenkombinationen lassen sich die Handys der Finnen gleichermaßen in den Werkszustand zurückversetzen wie Android-Telefone. Auch sie verlieren dadurch jeglichen Schutz.
Ab Symbian 3 unterstützen die Telefone allerdings „USB-on-the-Go“, weshalb beispielsweise USB-Sticks mit einem kompatiblen Adapterkabel direkt an die Micro-USB-Buchse des Handys angeschlossen werden können und dort als neues Laufwerk auftauchen. Auf diese Weise lassen sich unter anderem Datensicherungen auf dem USB-Stick anlegen. Über die PC-Suite können die Daten aber auch wie gewohnt per USB-Kabel auf dem Rechner gesichert werden.
Research In Motion
Der jüngst von RIM gestartete Dienst „Protect“ dient eben jenem Zweck, die wertvollen Daten auf dem Handy zu sichern und bei Bedarf wiederherzustellen. Hierfür muss auf dem BlackBerry die gleichnamige kostenlose App installiert und mit dem BlackBerry-Account verknüpft werden. Diese läuft unter BlackBerrys ab der Betriebssystemversion 4.0.6. Anschließend werden Kontakte, Termine, Memos, Aufgaben, Bookmarks und SMS-Nachrichten gesichert; dies geschieht wahlweise täglich, wöchentlich oder monatlich. Der Vorgang kann auf WLAN-Netze beschränkt werden, um zusätzliche Datenübertragungen im Mobilfunknetz zu vermeiden. Auf der Website blackberry.com/protect können die gesicherten Informationen eingesehen und das Telefon im Fall des Verlustes lokalisiert, gesperrt oder gelöscht werden.
RIM macht das Zurücksetzen auf die Werkseinstellungen noch leichter: Bei BlackBerrys reicht es in aller Regel aus, den Akku für mindestens 30 Sekunden zu entfernen. Beim nächsten Start wird dann eine Reset-Prozedur durchlaufen, das Handy ist anschließend so jungfräulich wie frisch gekauft. Auch RIM koppelt die Sicherungsmaßnahmen von „Protect“ nicht an die Seriennummer des Handys, die IMEI, sondern an die SIM-Karte. Mit einer neuen SIM-Karte kann der „neue“ Besitzer daher getrost telefonieren und online gehen – zumindest solange kein SIM-Lock dies verhindert. 

Windows Phone

Windows Phone 7 ist eng an die Webdienste von Microsoft angebunden, dazu gehören beispielsweise Hotmail für E-Mails, Kontakte und Termine sowie SkyDrive für Dokumente und Fotos. Zudem sichert Zune automatisch sämtliche Multimedia-Dateien per USB- oder WLAN-Verbindung. Weitere Informationen wie Einstellungen oder Bookmarks können derzeit noch nicht gesichert werden, nicht einmal mit Hilfe von Drittanbieterprogrammen. Dies gilt ebenfalls für das anstehende Upgrade von Windows Phone 7 auf „Mango“. Auf der dazugehörigen Internetseite windowsphone.live.com/FindMyPhone lassen sich Windows Phones orten, sperren und löschen. Allerdings auch hier nur unter der Voraussetzung, dass das Telefon noch via Mobilfunk oder WLAN mit dem Internet verbunden ist – und niemand bereits die Konfiguration inklusive Windows-Konto gelöscht hat.
Anti-Diebstahl-Software
Vor allem für Android und Symbian gibt es zahlreiche Programme, die Daten schützen und im Fall des Telefonverlustes helfen sollen. Das geht los bei teilweise kostenlosen SIM-Checkern, die das Gerät einfach nach dem Einlegen einer neuen SIM-Karte sperren und die IMEI des Telefons sowie die Nummer der neuen Karte an eine zuvor definierte Nummer und/oder E-Mail-Adresse senden. Und es endet bei ausgewachsenen Security-Suiten für Mobiltelefone von namhaften Herstellern wie Kaspersky oder F-Secure, die zusätzlich etwa Spam- und Filterfunktionen für Anrufe und Nachrichten, einen passwortgeschützten Bereich für sensible Kontakte und/oder Notizen respektive Dateien sowie eine Komponente zum Schutz vor Malware bieten.
Teilweise besteht auch die Möglichkeit, Daten wie Kontakte, Anruflisten und SMS manuell oder automatisch zu sichern. Und selbstverständlich sollen sich die Geräte im Notfall orten, sperren und löschen lassen. Das klappt auch alles sehr ordentlich, doch können auch diese Programme durch das Zurücksetzen in den Werkszustand ausgetrickst werden. Selbst McAfee Wave Secure und das speziell zur Vermeidung einer unerlaubten Deinstallation kostenlos im Android Market verfügbare Zusatzmodul „Uninstall Protection Add-on“ (UPA) sind gegen ein solches Reset machtlos.

Fazit

Wer auf seinem Smartphone wertvolle Daten mit sich herumträgt, sollte diese regelmäßig sichern. Vertrauliche Firmenunterlagen gehören außerdem unbedingt in einen verschlüsselten Bereich. Denn über eines sollten sich alle Beteiligten im Klaren sein: Handelsübliche Mobiltelefone sind so sicher wie rohe Eier in der Achterbahn. Wer schnell reagiert, hat möglicherweise noch Glück, seine Daten aus der Ferne löschen zu können. Doch professionelle Diebe dürften in Sekunden die WLAN-Verbindung kappen, das Gerät ausschalten sowie die SIM-Karte entnehmen – und das war’s dann. Anschließend lassen sich die Telefone, unabhängig vom Betriebssystem, in den Werkszustand zurückversetzen, was sämtliche Sicherheitsmechanismen sofort überschreibt.
Nicht einmal die Koppelung der herstellerseitigen Sperr- und Löschmaßnahmen an die IMEI statt an die SIM-Karte würde einen wirklich zuverlässigen Schutz bieten: Denn solange der Finder nicht so dumm ist, zum Beispiel ein gefundenes HTC-Smartphone prompt bei HTCsense.com anzumelden, hat auch der Dienst keine Chance für irgendwelche Security-Manöver. Die Einzigen, die über die IMEI-Abfrage Erfolge erzielen könnten, wären die Netzbetreiber. Aber die halten sich aus der Problematik größtenteils heraus. Außer regelmäßiger Datensicherung können Besitzer daher nur eines tun: gut auf ihr Handy achtgeben.

Tipps gegen Datenverlust

Bei Betriebssystemen, die einen direkten Zugriff auf den Datenspeicher des Mobiltelefons gewähren, kann jeder Anwender selbst eine Datensicherung vornehmen. Stöpselt man das Telefon per USB-Kabel an einen PC, erscheint der Inhalt des Speichers im Windows Explorer – jedoch nur, wenn im Vorfeld die Option „Massenspeicher“ selektiert wurde.
Wer zudem in allen Anwendungen des Telefons, wie beispielsweise der Kamera, die SD-Karte als Speicherort wählt, sichert darauf das Gros der relevanten Dateien. Wer den internen Speicher sichern möchte, ist meist auf entsprechende PC-Software des Telefonherstellers angewiesen, die leider immer seltener wird.
Exchange-Account
Komfortabler geht’s mit einem Exchange-Account, bei dem Termine, Kontakte und E-Mails auf dem Server des Anbieters verbleiben und die jeweiligen Endgeräte wie Handy, PC oder Tablet automatisch auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Beim Verlust des Smartphones muss auf dem Ersatzgerät nur der Exchange-Account angegeben werden, und nach einer Weile sind sämtliche Daten automatisch wieder da.
Apps
Alternativ stehen für sämtliche Plattformen Apps zur Verfügung, die fast alle Inhalte des Telefons automatisch sichern – bis hin zu SMS, Gesprächsprotokollen und Bookmarks. Über entsprechende Optionen lässt sich die Sicherung auf das WLAN beschränken, was unnötige Datenübertragungskosten vermeidet.
Hersteller-Webdienste
Nicht zuletzt bieten manche Hersteller eigene, kostenlose Webdienste wie HTCsense.com oder SamsungDive.com an, die Daten automatisch ins Internet schaufeln – je nach den gewählten Einstellungen. Diese Services sehen in aller Regel auch die Fernsteuerung des Telefons samt Ortung, Sperrung und Löschung vor. Allerdings gilt auch hier: Legt der „Finder“ eine andere SIM-Karte ein, greifen diese gut gemeinten Dienste leider ins Leere! 

Sperrung durch den Netzbetreiber

Abgesehen von den genannten Software-Lösungen sollte im Fall eines Verlustes der erste Anruf dem Netzbetreiber gelten, damit dieser die SIM-Karte sperrt. Außerdem können die Netzbetreiber das Mobiltelefon auch dann blockieren, wenn der „Finder“ eine andere SIM-Karte einlegt. Das funktioniert über die sogenannte IMEI-Nummer des Handys, eine weltweit einmalige Ziffernkombination, die jedes Telefon identifiziert. Daher sollte sich jeder Kunde die IMEI seines Handys vorher notieren.
Diese findet sich in aller Regel sowohl auf der Verpackung als auch auf einem Etikett unter dem Akku. Allerdings muss der eigene Netzbetreiber die IMEI-Sperre anbieten, was in Deutschland lediglich bei Vodafone der Fall ist. Liegt beispielsweise eine ausländische SIM-Karte im gestohlenen Telefon, muss auch der ausländische Netzbetreiber die IMEI-Sperre unterstützen, was selten ist. Abgesehen davon bringt auch die Sperrung das verlorene Handy nicht zurück. Der Eigentümer sollte sich daher mit der Deaktivierung seiner SIM-Karte begnügen und lieber gleich ein neues Telefon kaufen. Wer seine Daten zuvor gesichert hat, ist so binnen weniger Stunden wieder flott.
 
Notfallnummern zum Sperren der SIM-Karte:
T-Mobile: +49 (0)180 330 22 02 (Postpaid),
+49 (0)180 5 22 94 94 (Prepaid)
Vodafone: +49 (0)800 172 1212
E-Plus: +49 (0)177 1000
Telefónica O2: +49 (0)179 55 222

Lohnt sich eine Handy-Versicherung?

Netzbetreiber und Versicherungskonzerne bieten mittlerweile eine Vielzahl von Elektronik- oder spezifischen Handy-Versicherungen an. Bei T-Mobile beispielsweise kostet der sogenannte „Schutzbrief Basic“ einmalig 49,95 Euro oder 24 Monate lang 2,95 Euro monatlich. Die Deckungssumme beträgt 400 Euro. Der „Schutzbrief Premium“ kostet 79,95 Euro einmalig oder zwei Jahre lang 3,95 Euro pro Monat und gilt bis 600 Euro. Allerdings haben solche Versicherungen unzählige Klauseln. In der Regel zählen dazu Selbstbeteiligungen für den Schadensfall: Bei T-Mobile etwa sind das 40 respektive 60 Euro, nicht selten beträgt die Selbstbeteiligung sogar 25 Prozent des Preises.
Hinzu kommt, dass das Liegenlassen des Telefons etwa im Taxi oder Restaurant nicht versichert ist. Bei manchen Basis-paketen wiederum ist nicht der einfache Diebstahl, sondern lediglich der Verlust durch Raub abgesichert, also unter Androhung von Gewaltanwendung. Spätestens hier ist zudem die Aufnahme des Vorfalls durch die Polizei erforderlich. Nicht zuletzt finden sich im Kleingedruckten gern auch Ersatzausschlüsse oder eine Reduzierung des Ersatzanspruchs im Fall von grober Fahrlässigkeit. Die Beweislast, dass er nicht grob fahrlässig etwa das Handy einfach auf dem Tresen in der Kneipe hat liegen lassen, obliegt meist dem Versicherungsnehmer, und das kann im Einzelfall schwierig werden. Nicht zuletzt rechnet sich für gewöhnlich eine solche Versicherung – wenn überhaupt – meist nur dann, wenn man sein Handy ohne Subvention und Vertrag erwirbt.
Zum Vergleich: Inklusive Selbstbeteiligung kostet der Schutzbrief Premium von T-Mobile rund 140 Euro, dafür bekommt man zusammen mit einem Vertrag wie Complete Mobil M bereits viele aktuelle Geräte wie etwa das Nokia N8, HTC Desire S oder Sony Ericsson Xperia Play. Besser also, man legt dafür etwas Geld beiseite. 




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