Interview 19.01.2012, 11:27 Uhr

Neuanfang für Nokia

Die neuen Lumia-Modelle mit Windows Phone sind die Hoffnungsträger für den finnischen Hersteller Nokia - im Interview spricht Deutschland-Chef Sebastian Ulrich über die Markteinführung und die Strategie.
Rund zwei Wochen ist Sebastian Ulrich als General Manager Deutschland bei Nokia im Amt. Im Interview stand er Telecom Handel bereits Rede und Antwort, vor allem zur neuen Smartphone-Strategie.
Telecom Handel: Der Verkaufsstart des ersten Windows-Smartphones von Nokia, des Lumia 800, ist vor rund einem Monat erfolgt. Wie wichtig ist dieses Gerät für Nokia?
Sebastian Ulrich: Es ist ganz klar ein Neuanfang. Wir wollen damit Boden im Smartphone-Markt gutmachen. Dafür haben wir in den Monaten zuvor hart gearbeitet – nicht nur was das Produkt betrifft, sondern auch seine Vermarktung.
Telecom Handel: Können Sie schon eine erste Bilanz ziehen?
Ulrich: Das erste Markt-Feedback von Nutzern und Medien ist durchaus positiv. Darüber hinaus sind gemeinsame Kampagnen mit vier Netzbetreibern angelaufen.
Telecom Handel: Auffällig ist, dass das Gerät in relativ kurzer Zeit entwickelt wurde …
Ulrich: Wir haben ja eine lange Erfahrung im Bau von Smartphones. Wir haben uns aber auch extrem auf dieses Modell konzentriert und die besten Teams darauf angesetzt. Dennoch sind wir stolz, dass wir das Lumia 800 acht Monate nach Bekanntgabe unserer Strategie auf den Markt gebracht haben.
Telecom Handel: Warum sind Sie vom Erfolg überzeugt?
Ulrich: Zunächst ist da das Design: Es ist das schönste Smartphone am Markt, hinzu kommen unter anderem die optimale Integration sozialer Dienste, die Top-Kamera mit Zeiss-Optik und die Navigation von Nokia.

"Symbian-Produkte werden weiterhin ihre Käufer finden"

Telecom Handel: Die vielen Restriktionen, die Microsoft seinen Hardware-Partnern auferlegt, sind also kein Problem für Nokia?
Ulrich: Wie man an unserem Produkt erkennt, offensichtlich nicht. Die Vorgaben von Microsoft ermöglichen es doch, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zudem ist die Entwicklung von Windows Phone ja noch nicht am Ende.
Telecom Handel: Warum war die erste Generation der Windows-Phones kein Erfolg?
Ulrich: Natürlich ist die Verbreitung des Betriebssystems leider nicht so groß, aber wir wissen aus Studien auch, dass die Zufriedenheit der Nutzer extrem hoch ist, wenn sie einmal ein Gerät getestet haben. Mit der neuen Generation des Betriebssystems, Windows Phone Mango, sind noch einmal 500 Verbesserungen dazugekommen. Deshalb haben wir vor allem dahingehend in die Zusammenarbeit mit dem Handel investiert, dass er die Geräte vor Ort live erlebbar machen kann. Das soll den Unterschied gegenüber der früheren Vermarktung machen. 
Telecom Handel: Wie werden sich angesichts der neuen Alternative Ihre Symbian-Geräte weiter in Deutschland verkaufen?
Ulrich: Symbian ist ja völlig anders als Windows aufgebaut. Deshalb werden auch diese Produkte ihre Käufer finden – Support gibt es bis mindestens 2016. Mit dem letzten Update Belle sagen viele, dass wir auf Augenhöhe mit der Konkurrenz sind.
Telecom Handel: Aber wie soll der Handel das Argument kontern, Symbian sei ein totes Betriebssystem?
Ulrich: Ich sehe das immer aus der Perspektive des Endkunden: Der erhält ein qualitativ gutes Smartphone mit der besten Navigation am Markt sowie sehr guter Kamera, vielen Apps und Musik. Gleichzeitig haben wir mit den Updates Anna und Belle gezeigt, dass wir Symbian auch weiterhin verbessern.

"Der Fachhandel spielt eine zentrale Rolle dabei, die Produkte live erlebbar zu machen."

Telecom Handel: Wer ist denn die Zielgruppe für das Lumia 800?
Ulrich: Wir haben umfangreiche Studien durchgeführt. Die Käufer liegen vorwiegend im Altersbereich zwischen 20 und 35 Jahren. Die im Markt befindlichen Geräte sind alle grau oder schwarz und recht gleichförmig. Da unterscheiden wir uns neben der einfachen Menüführung und der Integration sozialer Netzwerke auch durch markante Farben, die wir zusätzlich anbieten.
Telecom Handel: Wie sehen Sie die Rolle des Fachhandels beim Verkauf?
Ulrich: Der Fachhandel spielt eine zentrale Rolle dabei, die Produkte live erlebbar zu machen. Das kann man online nicht. Auf diese Kompetenz sollte er sich auch konzentrieren. Natürlich wird es immer reine Online-Shopper geben, die bekommen Sie auch nicht in den Fachhandel. Aber es wird immer auch jene geben, die Beratung schätzen und honorieren.
Telecom Handel: Vor einem Jahr haben Sie die Zahl der deutschen Distributoren reduziert. War das erfolgreich?
Ulrich: Wir wollten nicht zuletzt die Produktverfügbarkeit für unsere Händler durch die Partner sicherstellen. Die Distributoren sind ein Schritt auf dem Weg unserer Produkte von der Fabrik zum Endkunden. Und da hat die Optimierung funktioniert. Die Sicherstellung der Wege ist aber ein kontinuierlicher Prozess, der immer überprüft werden muss. Wir berücksichtigen da auch das Feedback aus dem Handel.
Telecom Handel: Wie wird die Marke Nokia im Fachhandel wahrgenommen?
Ulrich: Wir hatten schwierige Zeiten, doch wir sehen, dass uns Händler weiter als zuverlässigen Partner wahrnehmen, der auch gute Geräte baut und bei den Endkunden eine Rolle spielt. Auf die neuen Produkte haben sich die Partner sehr gefreut.




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