TomTom 15.02.2012, 10:39 Uhr

"Smartphones sind keine Konkurrenz"

Mike Schoofs, Vice President Sales und Marketing beim Navi-Hersteller TomTom, redet Klartext. Warum für ihn Smartphones keine Konkurrenz darstellen, verrät er im Interview mit Telecom Handel.
Die Jahre des Navigations-Booms sind längst vorbei, den Anbietern weht ein zunehmend rauher Wind ins Gesicht. Telecom Handel sprach mit Mike Schoofs, Vice President Sales und Marketing für die DACH-Region bei TomTom, über die Zukunft der klassischen PNDs, die Konkurrenz durch Smartphones und die Rolle des Handels im Vertrieb.
Telecom Handel: Die Verkaufszahlen von klassischen PNDs sind in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken. Inwieweit hängt das mit dem Boom bei der Smartphone-Navigation zusammen?
Mike Schoofs: Man kann nicht automatisch sagen: Jemand, der sein Smartphone zum Navigieren benutzt, kauft kein PND mehr. Unserer Erfahrung nach gibt es hier keine Kannibalisierung. Ein iPhone nutzt man eher zur Fußgänger-Navigation, aber im Auto wollen die meisten doch einen größeren Bildschirm und ein entsprechendes Menü. Das eine ergänzt also das andere. Ich ziehe bei dieser Frage aber immer gerne auch den Vergleich zur Foto-Industrie: Jedes Smartphone hat mittlerweile eine Kamera, dennoch sind die Verkäufe von echten Digicams in keiner Weise eingebrochen. 
Telecom Handel: Sie haben ja selbst eine iPhone-App am Start, den größten Markt bei Smartphones überlassen Sie aber nach wie vor den Wettbewerbern …
Schoofs: Sie sprechen von der Android-App. Wir arbeiten daran, aber wie bei all unseren Produkten werden wir sie erst dann präsentieren, wenn sie ausgereift ist.
Telecom Handel: Wie beurteilen Sie die kostenlose Navigation, mit der beispielsweise Nokia seit Jahren die Kunden zu seinen Smartphones bringen will.
Schoofs: Im Grunde sehe ich das positiv. Denn dadurch kommen viele potenzielle Kunden überhaupt erst mit Navigation in Berührung. Und nicht wenige kaufen sich nach eher durchwachsenen Erfahrungen mit Gratis-Navigation ein richtiges PND, zum Beispiel von TomTom.

Innovationen als Umsatztreiber

Telecom Handel: Eine weitere Konkurrenz erwächst momentan durch die Indash-Solutions, die in immer mehr Fahrzeugen optional erhältlich sind.
Schoofs: Wir sehen darin keine wirklich große Konkurrenz für die klassischen PNDs, außerdem bieten wir in Kooperation mit unterschiedlichen Herstellern wie Alfa Romeo, Fiat, Kia, Lancia, Mazda, Opel und Renault bereits seit einiger Zeit verschiedene Systeme, Indash (Renault Carminat, Mazda) wie auch semiintegrierte Lösungen an. Bei letztgenannten benötigt der Kunde keine Halterung, diese wird mit allen Kabeln perfekt in das Armaturenbrett integriert, und trotzdem kann die Navigationseinheit bei Bedarf herausgenommen werden. Diese Lösungen sind bereits ab unter 400 bis 500 Euro erhältlich und somit günstiger als ein traditioneller Festeinbau. Sie können auch nachträglich vom Händler relativ einfach implementiert werden.
Telecom Handel: Während die Kunden immer noch spätestens alle zwei Jahre ein neues Handy kaufen, ist der Lebenszyklus eines Navis noch relativ lang. Wie wollen Sie Kunden dazu bringen, sich ein neues Navigationssystem zu kaufen?
Schoofs: Das hängt sehr eng damit zusammen, wie schnell Innovationen in die Geräte kommen. In den Anfangsjahren konnte ein Navi nur von A nach B lotsen, dann kamen Verkehrsinfos, schließlich Navis mit Internet und Verkehrsinfos in Echtzeit. Wer sich vor drei Jahren ein neues Navi gekauft hat, war mit TMCpro zufrieden. Wenn er aber jetzt – beispielsweise bei seinem Fachhändler – erfährt, dass TomTom HD-Traffic deutlich besser ist, wird er eher früher als später ein neues Gerät mit eben diesem Feature kaufen. Die Hälfte aller Käufe wird in diesem Jahr dazu dienen, das bisherige Gerät durch ein besseres zu ersetzen. 
Telecom Handel: Bedeutet ‚besser‘ in diesem Fall auch ‚teurer‘?
Schoofs: Ja, das ist tatsächlich so. Wir sind in der komfortablen Situation, dass wir mit TomTom eine Premiummarke geschaffen haben und dass die Kunden auch bereit sind, für unsere Produkte etwas mehr auszugeben. Davon profitieren indirekt natürlich auch unsere Handelspartner.

Fokus auf die Mittel- und Oberklasse

Telecom Handel: Der durchschnittliche Verkaufspreis geht aber trotzdem seit Jahren nach unten …
Schoofs: Das trifft auf den Gesamtmarkt zu, der Preis unserer Geräte hat sich aber seit einiger Zeit auf einem bestimmten Niveau eingependelt und ist relativ stabil.
Telecom Handel: Dennoch finden sich immer wieder auch TomTom-Geräte für 99 Euro in den Regalen von Media Markt oder Saturn. Wie passt das zum Premiumanspruch der Marke TomTom?
Schoofs: Dabei handelt es sich um kurzfristige Aktionen für bestimmte Kanäle, aber wir werden nie ein Gerät mit einem UVP von 99 Euro bundesweit bringen. Damit würden wir uns selbst den Markt kaputt machen. Einstiegsgeräte muss man anbieten, aber wir fokussieren uns in erster Linie auf die Mittel- und Oberklasse. Dieses Geschäftsfeld wächst und hier sind vernünftige Margen möglich.
Telecom Handel: Welche Rolle spielt der Fachhandel bei der Vermarktung?
Schoofs: Gerade in Deutschland informieren sich immer mehr Kunden online, gekauft wird aber immer noch hauptsächlich im Handel.
Telecom Handel: Wie unterstützen Sie die Reseller beim Verkauf?
Schoofs: Neben den klassischen Dingen wie PoS-Materialien und Verkaufshandbüchern setzen wir vor allem auf unser Außendienstteam, das auch vor Ort Schulungen durchführen kann, etwa für TomTom HD Traffic oder neue Geräte. Derzeit sind zehn Kollegen dafür bundesweit unterwegs. Außerdem gibt es ja noch unser geschlossenes Webportal TomTom Partnercity. Hier finden unsere Händler alle Infos, die sie im täglichen Geschäft brauchen.
Telecom Handel: Kommt dem Handel auch zugute, dass PNDs ähnlich wie Smartphones immer erklärungsbedürftiger werden?
Schoofs: Auf jeden Fall. Die richtige und vor allem kompetente Beratung gibt es eben nicht auf irgendeiner Website, sondern nur im Shop.



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