Verkaufstipps 13.07.2010, 09:57 Uhr

Umsatzchancen am PoS

Mit Services können Händler im Shop zusätzliche Umsätze generieren. Dennoch zögern immer noch viele Reseller, Dienstleistungen in Rechnung zu stellen.
Dirk Rapke war es einfach leid: Immer wieder kamen Kunden mit einem defekten Handy in seinen Shop in Wedemark nahe Hannover. Eigentlich kein Problem, vor allem nicht, wenn das Handy während der Garantiezeit kaputtgeht. Doch diese Kunden hatten ihr Handy nicht bei ihm gekauft, sondern günstig bei eBay ersteigert. „Diese Kunden suchten nur einen ‚Dummen‘, der die Reparatur für sie in die Hand nimmt“, ärgert sich Rapke.
So beschloss er, ihnen für die Reparatur eine Aufwandspauschale von 15 Euro in Rechnung zu stellen. Das Ergebnis: Die große Mehrheit, rund zwei Drittel, ist gerne bereit, diesen Betrag zu bezahlen. Heute verlangt er für eine ganze Reihe von Services Bares, Akzeptanzprobleme gebe es dabei kaum. Im Gegenteil: „Unser Service spricht sich rum, vor allem bei Senioren, die noch gut wissen, dass Leistung auch ihren Preis hat“, betont der Händler.
Das Beispiel zeigt: Obwohl in Deutschland die Kunden im Telekommunikationsmarkt durch die Subventionspolitik der Netzbetreiber über die Jahre hinweg dazu erzogen wurden, dass alles „umsonst“ ist, sind viele von ihnen dennoch bereit, Dienstleistungen entsprechend zu honorieren. Und in Zeiten, in denen die Provisionen sinken, Vertragsverlängerungen und das Neugeschäft immer schwieriger werden, können diese bezahlten Services so manche Umsatzlücke im Kassenbuch – zumindest ein wenig – wettmachen.
Doch viele Händler zögern, diese Dienstleistungen in Rechnung zu stellen. „Es gibt unserer Erfahrung nach bei einigen Händlern große Ängste, den Kunden damit zu vergraulen“, erklärt dazu Frank Lüttjohann, Vorstand Vertrieb Fachhandel bei der Brodos AG, im Gespräch mit Telecom Handel. Dennoch: „Hier muss und wird ein Wandel stattfinden“, ist sich Lüttjohann sicher.

Verkaufstipps: Umsatzchancen am PoS

Dass es aber auch schon heute funktionieren kann, zeigt nicht nur der Händler Rapke, sondern auch der Service-Retailer The Phone House: Die Münsteraner hatten im vergangenen Herbst den Service „Notebook-2-Go“ eingeführt. Kunden können dabei ihr neues Notebook gleich im Shop gebrauchsfertig einrichten lassen, auch dann, wenn sie das Gerät nicht bei TPH gekauft haben. Weitere Services wie Phone-2-Go oder Blackberry-2-Go folgten – das Angebot wird beständig ausgebaut.
Und es ist erfolgreich. Laut Mika Kaijo, Leiter Services und Versicherungen bei TPH, nutzen rund 35 Prozent der Kunden beispielsweise den Notebook-Service. „Nicht die Kunden zögern, diese Services anzunehmen, sondern die Verkäufer, sie anzubieten“, so Kaijo weiter. Die Hemmschwelle liegt, da ist sich Kaijo sicher, hinter dem PoS. Ein fataler Fehler, „denn wenn der Kunde merkt, dass der Händler zögert, dann wird er für einen geleisteten Service auch nicht bereit sein zu zahlen“, warnt auch Thomas Burzler, er ist Management- und Verkaufstrainer in Friedberg bei Augsburg.
Mit diesen Services können Händler beim Kunden punkten
Doch für welche Dienstleistungen sind Kunden auch bereit zu bezahlen? Und wie viel können Händler ihren Kunden berechnen? An erster Stelle steht nach einer Umfrage von Telecom Handel die Datenübertragung von einem Handy zum anderen – beispielsweise dann, wenn ein Kunde ein neues Telefon kauft und das Adressbuch, Fotos oder Videos des alten Handys auch gleich auf dem neuen Gerät nutzen will. „Dieser Service wird von fast allen Kunden gerne akzeptiert, denn sie kennen den Aufwand, der damit verbunden ist“, erklärt Burzler.
Die Preisspanne für diesen Service liegt zwischen fünf und zehn Euro, je nach Umfang. Händler, die diesen Service ausbauen wollen, können sich mit entsprechender Hardware den Aufwand erleichtern, zum Beispiel mit dem UME-36Pro von Cellebrite, einem Stand-alone-Datentransfergerät. Allerdings reißt das Gerät mit einem Preis von 840 Euro erst einmal ein tiefes Loch in die Kasse, nach den ersten zwölf Monaten fallen zudem 175 Euro pro Jahr für Updates an. Der Vorteil: Die Datenübertragung von Handy zu Handy dauert nur wenige Minuten.

Verkaufstipps: Umsatzchancen am PoS

Ebenfalls gerne von Kunden akzeptiert wird, wenn Händler anbieten, das neue Handy vorab einzurichten: Dazu gehören unter anderem die Einstellungen für das Versenden von MMS, Internet oder E-Mails. Je nach Aufwand können Reseller für diesen Service zwischen fünf und 25 Euro berechnen, rät Mika Kaijo. Dieser Service bietet sich außerdem für Laptops und Notebooks an – TPH berechnet dafür knapp 25 Euro.
Wichtig bei allen Installationsservices: „Ein Händler sollte diese Dienstleistungen nicht im Beisein des Kunden ausführen“, warnt Kaijo. Besser ist es, den Kunden zu bitten, in einigen Stunden wiederzukommen und dann das fertig installierte Gerät abzuholen. Der Grund: Kommt es doch zu Problemen, beispielsweise beim Datentransfer, so kann der Reseller in aller Ruhe nach einer Lösung suchen – und der Kunde bekommt keinen negativen Eindruck von der Kompetenz des Resellers. Einzige Ausnahme: Wenn persönliche Daten benötigt werden, beispielsweise Passwörter bei E-Mail-Einstellungen, so muss dies in Anwesenheit des Kunden geschehen.
Eine weitere Chance für Zusatzumsätze ergibt sich laut Frank Lüttjohann durch die Einweisung in die Bedienung der Geräte. Clevere Händler wie Dirk Rapke haben dabei Konzepte für bestimmte Zielgruppen, beispielsweise Senioren, entwickelt – mit großem Erfolg. Bei den Golden Agern besteht ein großer Bedarf an Schulungen für einfache Dinge wie das Speichern der Adresse oder das Schreiben einer SMS.
Diese Trainings bieten sich indes auch im B2B-Bereich an, beispielsweise bei Kunden, die ihr erstes Smartphone gekauft haben und noch keine Erfahrungen im Abrufen der E-Mails haben. Abgerechnet wird entweder pauschal oder nach Stunden. Der Vorteil: Meist ergeben sich bei diesen Schulungen Möglichkeiten für Cross-Selling. Und last but not least: Diese Dienstleistungen spülen nicht nur mehr Geld in die Kasse, sie erhöhen auch die Kundenbindung und legen so den Grundstein für den langfristigen Erfolg.

Interview mit Dirk Rapke Inhaber der Firma D. Rapke und G. Jäger GbR in Wedemark in der Nähe von Hannover

Telecom Handel: Herr Rapke, Sie verlangen von Kunden, die ihr Handy bei einem Wettbewerber gekauft haben und dann Ihnen zur Reparatur bringen, eine Aufwandspauschale von 15 Euro. Auch dann, wenn die Reparatur innerhalb der Garantie anfällt. Wie reagieren Ihre Kunden darauf?
Dirk Rapke: Rund zwei Drittel der Kunden akzeptieren das, denn wir begründen das auch entsprechend.
Telecom Handel: Und wie sieht diese Begründung aus?
Rapke: Wir machen dem Kunden klar, dass es für uns einen erheblichen Aufwand bedeutet, die Handys zur Reparatur einzusenden, die Reparatur zu verfolgen und ihn dann wieder anzurufen, wenn das Gerät fertig ist. Und wir erklären dem Kunden, dass es für ihn letztlich günstiger ist, die 15 Euro zu bezahlen. Zum Vergleich: Wenn er zum Beispiel eine halbstündige Fahrt zum nächsten Handyshop oder Flächenmarkt nach Hannover kalkuliert, eventuell noch die Parkgebühr dazurechnet und auch die Zeit, die ihn diese Fahrt kostet, da kommen schnell 15 Euro zusammen.
Telecom Handel: Wie kam es zur Entscheidung, für diesen Service Geld zu verlangen?
Rapke: Wir waren es einfach leid, dass immer wieder Kunden in den Laden kamen, die bei eBay ein defektes Gerät gekauft hatten und dann einen ‚Dummen‘ suchten, der die Reparatur für sie in die Hand nimmt.
Telecom Handel: Ist dieser Reparaturservice die einzige Dienstleistung, die Sie dem Kunden in Rechnung stellen?
Rapke: Nein, wir bieten beispielsweise auch Datentransfer von einem Handy zum anderen oder die Datensicherung für zehn Euro an. Auch dies wird von den meisten Kunden gerne bezahlt, denn auch hier erklären wir den Kunden genau, wie wichtig das Speichern der Kontaktdaten ist und wie groß der Schaden letztlich ist, wenn diese Daten verloren gehen.
Telecom Handel: Viele Händler verlangen auch für diesen Service keine Gebühr …
Rapke: Ja, wir machen das teilweise auch gratis – vor allem natürlich bei guten Kunden.
Telecom Handel: Aber spricht sich das nicht herum, dass Sie von dem einen Kunden eine Gebühr verlangen und von dem anderen nicht?
Rapke: Das ist manchmal eine Gratwanderung, sicher. Dennoch können wir hier dem Kunden, der für diesen Service bezahlen muss, auch erklären, dass der andere Kunde diese Dienstleistung gratis bekommen hat – eben weil er ein Stammkunde ist.
Telecom Handel: Werden Sie diese kostenpflichtigen Services weiter ausbauen?
Rapke: Ja, unbedingt. Aktuell bieten wir Kunden – vor allem älteren – das Einrichten ihres neuen Laptops an, darüber hinaus bekommen diese von uns auch eine individuelle Schulung, direkt bei ihnen zu Hause. Unser Mitarbeiter, der diesen Service macht, gibt sich bei diesen Schulungen viel Mühe, hat Bücher besorgt, mit denen die Kunden üben können, teilweise gibt er ihnen auch Hausaufgaben auf, da entwickeln sich echte Freundschaften. Dieser Service kommt bei den Kunden extrem gut an. Und wir haben dadurch einen deutlich besseren Zugang zu den Senioren in unserem Umkreis, einer Kundengruppe mit enormem Potenzial.
Telecom Handel: Schlägt sich dieser Service auch im Gewinn nieder, oder rechnet er sich nur und deckt die entstandenen Kosten?
Rapke: Gerade eben, wir berechnen einen gemäßigten Stundensatz. Das Entscheidende ist aber: Diese Kunden kaufen dann den Drucker, die Notebooktasche – das komplette Zubehör bei uns. Das ist ein Selbstläufer, der ausgezeichnet funktioniert.




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