„Zur Untätigkeit verdammt“ 28.03.2022, 15:20 Uhr

Ärger um Corona-Lockerung reißt nicht ab

Der Beschluss des Bundes, die Corona-Regeln weitgehend zu lockern, stößt vielen Landesregierungen sauer auf. Vor allem eine Regelung sorgt für Unverständnis und Ratlosigkeit.
(Quelle: r.classen/shutterstock)
Die Hotspot-Regel für schärfere Corona-Maßnahmen sorgt weiter für Diskussionen in den Bundesländern. In den Landesregierungen herrscht große Uneinigkeit in der Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen zur Feststellung von Hotspots derzeit erfüllt sind oder nicht. So hat Mecklenburg-Vorpommern bereits das ganze Land bis Ende April zum Hotspot erklärt. Hamburg hat dasselbe vor, obwohl der Stadtstaat die bundesweit niedrigste Inzidenz hat.
Andere Länder wie Baden-Württemberg und Niedersachsen hingegen sehen im Moment trotz Rekorden bei den Corona-Neuinfektionen keine rechtliche Handhabe für eine Hotspot-Regelung, obwohl sie eine Beibehaltung der Maßnahmen begrüßen würden. Wieder andere sind gegen eine Verlängerung der Schutzmaßnahmen. Das hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den 16 Bundesländern ergeben.

«Länder sind zur Untätigkeit verdammt»

«Die Länder sind im Wesentlichen zur Untätigkeit verdammt», sagte die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) der dpa in Hannover. «Vorsorge ist nicht mehr möglich. Ich halte das für falsch.» Fünf weitere Länder - Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland - forderten den Bund am Freitag auf, offene Fragen zur Umsetzung der Hotspot-Regelung schnell zu klären. Dazu wurde eine Sondersitzung der Gesundheitsministerkonferenz beantragt, die am Montag stattfinden soll. Die bisherigen Kriterien für die Ausweisung eines Corona-Hotspots seien nicht rechtssicher und unklar.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte die Länder aufgerufen, die verbliebenen Möglichkeiten zur Corona-Eindämmung zu nutzen, auch die Hotspot-Regelung. Eine dafür festzustellende Überlastung des Gesundheitswesens könne an konkreten Kriterien bemessen werden - etwa wenn planbare Operationen verschoben oder Patienten verlegt werden müssten, sagte der SPD-Politiker am Freitag. Bundesweite Regeln seien nicht mehr möglich, da nicht in ganz Deutschland eine Überlastung des Gesundheitssystems bestehe.
Schon der Beschluss der Bundesregierung, die meisten Corona-Regeln aufzuheben, war in den Ländern auf breiten Protest gestoßen. Nach einer Übergangsfrist bis zum 2. April können sie weitergehende Beschränkungen mit mehr Maskenpflichten und Zugangsregeln nur noch verhängen, wenn das Landesparlament für Hotspots eine kritische Lage feststellt. Schwellenwerte, wann dies greifen soll, gibt es nicht. Lauterbach kündigte an, bei der Gesundheitsministerkonferenz am Montag solle mit den Ländern darüber gesprochen werden, die Hotspot-Regelung gangbar zu machen.
Die stellvertretende Vorsitzendes des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Elke Bruns-Philipps, warnte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Die Pandemiebekämpfung darf nach dem 2. April nicht zu einem unüberschaubaren Flickenteppich führen.» Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, sagte dem Portal «t-online», leider sei der Instrumentenkasten im Infektionsschutzgesetz beschnitten worden. «In Anbetracht der nach wie vor ansteigenden Infektionszahlen ist die Regelung zu den Hotspots zu umständlich.» Er fordert mehr Entscheidungsfreiheit für die Landkreise.




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